Nachgefragt bei… der Genussliga

Was treibt Menschen eigentlich an, ihre Freizeit in Blogs, Podcasts und ähnliches mehr zu stecken, statt sie in der Hängematte zu verbringen? Oder von der anderen Seite betrachtet, wieso machen sie ihr Hobby nicht zum Beruf? Künftig kommen hier in der Rubrik Nachgefragt bei… regelmäßig Menschen zu Wort, deren Projekte mir auf der täglichen Reise durchs Netz aufgefallen sind. Im vierten Teil spreche ich mit den passionierten Bloggerinnen Fenna Williams, Leila Emami und Tanja Jerzembeck.

Hallo liebe Fenna, Rheina und Zazie! Ihr betreibt den Blog mit dem schönen Namen Genussliga. Für alle, die dort noch nicht vorbeigesurft sind: Was sind eure Themen? Und wie habt ihr drei euch (dafür) gefunden?
Das Thema der Genussliga lässt sich mit einem Satz ausdrücken: „Alles, was das Leben schöner macht.“ Wir wollen mit unserem Blog bewusst einen Trend gegen die Negativmeldungen setzen, die uns täglich in den Medien um die Ohren gehauen werden. Wir sind der Meinung, dass das Leben so viel Schönes zu bieten hat, und dass der Blick darauf uns alle glücklicher macht. Um das Schöne auch in den kleinen Dingen wahrzunehmen, muss man manchmal einen Schritt zurücktreten oder kurz anhalten. Das ist, worum es uns geht. Die Idee zum diesem Blog hatte Fenna. Dafür suchte sie Mitstreiterinnen, und wie man diese Begegnung auch immer nennen mag, Zufall oder Fügung, wir waren zur Stelle. Schon bei unserem ersten Treffen war klar: „Yes, we can!“ Doch zunächst musste ein Name gefunden werden. Ein Gedankenblitz von Zazies fantastischstem Ehemann von allen bescherte uns den Namen „Genussliga“. Danach ging alles sehr schnell und wir legten vier Monate nach unserem ersten Treffen schon mit den Blogeinträgen los.

Drei, die sich gesucht und gefunden haben. (Foto: Sarah MacDonald)

Drei, die sich gesucht und gefunden haben. (Foto: Sarah MacDonald)

Das Liga in Genussliga steht für Leben ist Genuss des Augenblicks, in eurem Blog legt ihr einen großen Schwerpunkt auf Entschleunigung. Wieso ist euch dieses Thema so wichtig?
In einer Achterbahn ist die Schönheit einer Landschaft schwerer zu erkennen als in einem Riesenrad. Unsere Sinne brauchen etwas Zeit, um Dinge in ihren verschiedenen Facetten wahrnehmen zu können. Das ist unsere menschliche Natur. Aber die Schnelligkeit kann man ebenso genießen, sonst würden nicht so viele Leute Achterbahn fahren. Doch auch für diesen Genuss gilt, dass man sich dafür öffnet und die Eindrücke in Ruhe auf sich wirken lässt. Es geht uns also nicht darum, die modernen Errungenschaften in Frage zu stellen, die es uns ermöglichen, schneller zu agieren. Wir benutzen ja selbst das Internet, das an Schnelligkeit kaum noch zu überbieten ist. Das ist für uns Genuss pur, in Sekunden unsere Leser zu erreichen.

Woran, glaubt ihr, liegt es, dass viele Menschen sich heute immer schwerer damit tun, zu entspannen – und auch mal bewusst ruhige Momente für sich selbst einzuplanen?
Vielleicht denken viele nicht daran, dass es zum Entspannen nicht mehr braucht, als eine Bank oder einen Stuhl, wenige Minuten des Innehaltens, des Alleinseins und des Hörens auf den Rhythmus seines Herzens. Einfach mal Durchatmen ohne Tamtam und Trallala. Uns werden ja gerne großartige Events zum Entspannen angeboten, die aber manchmal finanziell oder zeitlich nicht „abzuarbeiten“ sind. Das erzeugt Druck und das schlechte Gefühl, man wäre wieder mal beim Entspannen nicht dabei gewesen. Wir wollen mit der Genussliga zeigen, dass das Entspannen auch vor der Haustür stattfinden kann.

Wie entspannt ihr selbst?
Rheina: Ich wandere. Da ich einen Hund mit außerordentlichem Bewegungsdrang habe, laufe ich täglich durch die Weinberge und setze mich zwischendurch zwei Minuten auf eine Bank und atme tief durch. Danach sind die Batterien wieder voll.
Fenna: Ich gehe spazieren, reise, leite Gruppen – und dann komme ich nach Hause und bin zufrieden und schreibe darüber. Nichts entspannt mich mehr, als schreiben. Und wenn dann noch meine Katzen als (sch)Musen dabei sind: Genuss.
Zazie: Ich koche und freue mich dabei auf das Essen mit meinem Mann oder mit Freunden und die gemeinsamen Gespräche. Gemüse schnippeln, an Kräutern schnuppern, in Saucen rühren und dabei ein bisschen vom Kochwein naschen – perfekt!

Zurück zu eurem Blog: Habt ihr einen festen Veröffentlichungsrhythmus? Wie organisiert ihr euch in eurer Arbeit und wie läuft die Suche nach Themen und Protagonisten ab?
Wir veröffentlichen normalerweise freitags und wenn wir viel in der Pipeline haben auch dienstags. Wir haben vor langer Zeit mal eine Liste mit Ideen gemacht, die jede von uns bearbeiten wollte, die aber irgendwie nie kürzer zu werden scheint, weil uns immer wieder Neues einfällt und begegnet, worüber es sich zu bloggen lohnt. Besonders schön ist dabei: Wir können alles, was wir erlebt haben, auf diese Weise noch einmal Revue passieren lassen und alles ein zweites Mal erleben. Unser Blog fühlt sich manchmal an, wie ein Tagebuch voller Ideen, die wir von der jeweils anderen aufgreifen können.

Logo Genussliga

Einige eurer Texte erscheinen als zweite Version auch in englischer Sprache. Was ist die Idee dahinter?
Wir haben sehr viele Leser außerhalb Deutschlands, einige davon können Deutsch, andere nicht. Besonders bei Gastautoren aus anderen Ländern möchten wir auch deren Freunden und Anhängern die Möglichkeit geben, den Artikel oder das Interview zu genießen. Wir haben zwei professionelle Übersetzerinnen (in England und Schottland), die mit ungeheurem Engagement für uns arbeiten und auch schon selber Artikel geschrieben haben. Das ist ein großes Glück – und eröffnet uns die Chance, öfter einmal Artikel zweisprachig einzustellen.

Eine wichtige Frage für viele Blogger ist, wie sie mit ihrer Arbeit Geld verdienen können. Inwiefern beschäftigt ihr euch mit diesem Thema?
Dieses Thema ist sehr wichtig, denn schließlich müssen auch wir unsere Rechnungen bezahlen. Unser Ziel ist, durch gute, interessante Themen und Texte eine große Leserschaft zu begeistern und somit unsere Arbeit durch Sponsoring, Werbung, usw. finanzieren zu können.

Ihr unterstützt die Organisation NATUREFUND beim Erhalt von Streuobstwiesen. Könnt ihr erklären, wie das genau funktioniert?
Auf unserer Seite ist in der rechten Sidebar ein fester Platz für Naturefund. Wir suchen immer ein spezielles Projekt heraus, das wir selbst unterstützen und von dem wir hoffen, dass es auch für unsere Leser interessant ist. Im Moment sind das die Streuobstwiesen in Südhessen, die besonders viele Bienen und Kleingetier anziehen und die dringend als grüne Lunge für die umliegenden Städte des Rhein-Main-Gebietes gebraucht werden. Um dieses Projekt zu unterstützen, kann man direkt auf den Link klicken – und spenden. Oder man vertieft sich in all die anderen, interessanten Projekte der Organisation und hilft auf andere Art, die Umwelt zu retten.

Umgekehrt wird die Genussliga von der BT Touristik unterstützt. Wie läuft diese Zusammenarbeit ab?
BT Touristik ist ein Reiseveranstalter, mit dem Fenna als Reiseleiterin seit mehr als zehn Jahren Gruppenreisen in möglichst umweltschonender Weise durchführt. Wer über den Link in unserer Sidebar auf die Seiten dieses Veranstalters zugreift und dann bucht, beschert uns eine Provision.

Für euren Blog schreiben hin und wieder auch Gastautoren. Wie wählt ihr die aus und wie motiviert ihr sie, bei euch mitzumachen?
Da muss man eigentlich niemanden motivieren, denn vielen Autoren gefällt die Genussliga so gut, dass sie aus eigenem Antrieb dabei sein wollen. Außerdem hat Fenna die Gabe, viele für unsere Sache zu begeistern.

Die Katz'; weiß, was die Welt zusammenhält. (Foto: privat)

Die Katz‘ weiß, was die Welt zusammenhält. (Foto: privat)

Was motiviert euch eigentlich selbst, neben euren Berufen so viel Zeit in ein Projekt wie die Genussliga zu stecken? Und an welchem Punkt würdet ihr den Blog einstellen?
Es ist unglaublich bereichernd, Genussliga-Artikel zu schreiben. Man bekommt mit der Zeit einen anderen Blick auf die Welt, wird selbst viel friedvoller und entspannter. Klingt vielleicht etwas kitschig, aber es ist so. Außerdem macht die Zusammenarbeit sehr, sehr viel Spaß! Wenn wir mal eine Woche nichts voneinander hören, dann werden wir schon unruhig. Den Blog würden wir vielleicht einstellen, wenn die Zusammenarbeit zwischen uns nicht mehr funktionieren würde. Aber ehrlich gesagt können wir uns nicht vorstellen, wie es dazu kommen könnte.

Apropos Berufe, erzählt doch mal, was ihr macht, wenn ihr nicht gerade bloggt oder Rezepte für eure Rubrik Speis & Trank ausprobiert.
Rheina: Ich bin Autorin und schreibe für mein Leben gerne. Krimis, Thriller, Theaterstücke, Märchen. Seit zwei Jahren habe ich mich auf das Humorgenre verlegt, was mir sehr viel Freude macht und eine Herausforderung bedeutet. Eine Comedy-Crime-Serie mit meinen Genussliga-Kolleginnen ist in Arbeit. Weiterhin arbeite ich an einer Liebeskomödie und veranstalte Krimiwanderungen im Mittelrheintal. Meine andere Leidenschaft ist es, Schreibkurse zu geben für Leute, die das Schreiben gerne zu ihrem Hobby machen wollen oder ihre Kreativität entfalten möchten. Hier erfahrt ihr alles über mich.
Fenna: Ich bin auch Autorin und schreibe alles vom Drehbuch über Roman, Krimi bis hin zur Kurzgeschichte. Ich veröffentliche unter dem Namen Fenna Williams, bin aber auch die erste Hälfte im Autorenduo Auerbach & Keller. Damit mir die Schreibtischtätigkeit nicht zu einsam wird, organisiere und führe ich Gruppenreisen. Außerdem halte ich Seminare über meine Leidenschaften: Shakespeare und Whisky. Wer mehr über mich wissen möchte findet das hier.
Zazie: Ich bin Werbetexterin, Konzeptionerin und Redakteurin – und seit einiger Zeit auch Autorin. Im Oktober erscheint meine zweite Kurzgeschichte, mit Rheina und Fenna arbeite ich an der Krimi-Serie, die Rheina schon nannte, und natürlich habe ich, wie sich das gehört, einen unvollendeten Roman in der Schublade liegen. Ich arbeite in meinem eigenen Atelier für Text, dass ihr euch hier oder bei Facebook anschauen könnt.

Zum Schluss noch eine Bitte: Beschreibt euch reihum mit je einem Satz, also Fenna Rheina, Rheina Zazie und Zazie Fenna.
Rheina ist personifizierte Lebensfreude und versteht es die ihr gegebene Zeit genau so zu nutzen, wie ich es gerne täte, (aber so langsam von ihr lerne).
Zazie entgeht kein Fehler, sie schreibt auf den Punkt und ich liebe ihren Humor und ihren eleganten Schreibstil.
Fenna ist klug, belesen und amüsant und unheimlich motivierend, sie versteht es, Begeisterung zu wecken und die Menschen mitzureißen.

Vielen Dank für eure Zeit!

Im fünften Teil von Nachgefragt bei… spreche ich mit Frank Nussbücker vom Literaturmagazin STORYATELLA. Ihr habt ein großartiges Projekt, über das ihr gerne mit mir sprechen wollt? Dann schreibt mir einfach eine Mail.

Nachgefragt bei… Max Ost

Was treibt Menschen eigentlich an, ihre Freizeit in Blogs, Podcasts und ähnliches mehr zu stecken, statt sie in der Hängematte zu verbringen? Oder von der anderen Seite betrachtet, wieso machen sie ihr Hobby nicht zum Beruf? Künftig kommen hier in der Rubrik Nachgefragt bei… regelmäßig Menschen zu Wort, deren Projekte mir auf der täglichen Reise durchs Netz aufgefallen sind. Im dritten Teil spreche ich mit dem Fußballverrückten und Digitalstrategen Max Ost aus München.

Hallo Max! Du betreibst seit der letzten Saison gemeinsam mit deinem Kollegen Frank den Fußball-Podcast Rasenfunk. Was war eure Initialzündung?
Hi Mara! Frank und ich gingen getrennt voneinander schon länger mit der Idee schwanger, den etablierten Fußballgesprächsrunden etwas Eigenes entgegenzusetzen. Grund war bei uns beiden eine Unzufriedenheit mit dem Bestehenden: der Themenauswahl, der Gesprächsführung, der inhaltlichen Gestaltung. Wenn man sagen will, dass es eine Initialzündung gab, dann fand sie wohl am Rande des #tpmuc statt, einem Münchner Stammtisch von twitternden Fußballfans. Dort beschlossen wir, zusammen einen Podcast zu starten.

„Fußball ist ein geiles Spiel.“ (Foto: privat)

„Fußball ist ein geiles Spiel.“ (Foto: privat)

Bislang habt ihr zwei regelmäßige Formate, die Schlusskonferenz am Ende jedes Spieltages und das Tribünengespräch. Was ist das jeweilige Konzept?
In der Schlusskonferenz blicken wir mit wechselnden Gesprächspartnern (meist Journalisten und Blogger) auf den zurückliegenden Spieltag der 1. Bundesliga zurück. Sie wird in der Regel Sonntagabend nach Abpfiff des letzten Spiels aufgezeichnet und erscheint noch in der Nacht auf Montag. Eine Sendung dauert meist rund 90 Minuten, ich moderiere sie. Das Tribünengespräch ist dagegen weniger an Aktualität gebunden und hier tritt auch Frank manchmal als Co-Moderator in Erscheinung. Hier widmen wir uns einem Thema sehr genau – mit einem oder mehreren Gästen und ohne zeitliche Einschränkung. In welche Richtung das geht, zeigt vielleicht unsere Sendung zum Thema Doping im Fußball am besten.

Podcasts oder private Radiosendungen rund ums Thema Fußball gibt es wie Halme auf dem Rasen, um das Bild mal thematisch anzupassen. Was unterscheidet euch vom ganzen bunten Rest?
Ich denke, wir gehen journalistischer an das Thema heran, als viele andere Podcasts – allein durch die Zusammenstellung der Gäste und eine sehr genaue Vorbereitung. Ansonsten versuchen wir das zu vermeiden, was uns an den bestehenden TV-Talkrunden stört: Populismus in Aussagen und Themenauswahl sowie das, was man als Boulevardjournalismus versteht. Wie gut uns das gelingt, und ob wir uns damit von anderen Podcasts wirklich abheben, das müssen aber wirklich andere beurteilen.

Ihr ladet Sportjournalisten, Blogger, Podcaster und Fußballfans in die Sendung ein. Worauf achtet ihr bei der Auswahl der Gäste? Und war es, gerade in der Anfangszeit, schwierig, qualifizierte Gesprächspartner anzuwerben?
Es gibt nur ein objektives Kriterium bei der Gästeauswahl: Wir versuchen, dass wir im Laufe der Saison jeden Verein mit einem Experten mindestens einmal detailliert beleuchten. Der Rest ist ehrlich gesagt komplett subjektiv: Ich frage solche Gäste an, deren Arbeit ich persönlich schätze und deren Meinung mich interessiert. Durch meine Vergangenheit im Sportjournalismus (11 Freunde und SPOX.com) ist die Liste der Journalisten, Blogger und Podcaster, die ich spannend finde, sehr lang. Und die hole ich mir nach und nach in die Sendung. Das Tolle: Bisher hat noch nie jemand aus inhaltlichen Gründen abgesagt. Mindestens wollte es keiner zugeben.

Euer vorläufiges Meisterstück habt ihr mit dem Rasenfunk-Royale abgelegt, in dem 18 Gäste über 12 Stunden auf die Saison zurückblicken. Was erwartet uns als Nächstes?
Eine Sendung zum 0:0 des 1. FC Köln gegen Hertha BSC am 29. Spieltag 14/15. 90 Gäste, pro Spielminute eine Stunde Analyse. Außerdem werden wir hoffentlich bald ein Tribünengespräch mit einem Bundesligaspieler aufnehmen und noch ein paar andere überraschende Sendungen produzieren. Von diesen Aussagen stimmt nur eine, ich will jetzt aber nicht die Spannung rausnehmen und verraten, welche.

Eure Formate nehmt ihr über Skype auf. Wie viel Technik braucht ihr drum herum, um eine Sendung zu fahren?
Das hält sich in Grenzen und ist je nach Setup (Windows oder Mac, ich wechsle da derzeit noch) mehr – Windows – oder weniger – Mac – aufwändig. Softwareseitig verwende ich Audacity, Audio Hijack (Mac) bzw. den Skype Call Recorder (Windows). Wenn es einen Livestream der Sendung gibt, schiebe ich den mit butt und einigen Audio Repeatern (Windows) auf den Server. In Sachen Audiotechnik habe ich im Laufe der Saison sehr aufgerüstet. Das Sennheiser-Headset wurde durch ein Blue Yeti Pro ersetzt, inzwischen mit Mikrofonarm, Popschutz und allem Drum und Dran. Außerdem besitzen wir zwei Headsets, die wir unseren Gästen zuschicken können, wenn wir genügend Vorlauf zur Sendung haben. All das braucht es aber nur, weil wir selbst mit der Audioqualität so unzufrieden waren (hier ist Skype auch ein echter Fels am Bein). Das Tolle am Podcasten ist, dass es auch ohne teure Soft- und Hardware funktioniert und hörbar ist.

Ihr seid sehr aktiv in den sozialen Netzwerken und habt besonders auf Twitter eine große Anhängerschaft. Hättest du gedacht, dass sich das Projekt so schnell entwickelt?
Ehrlich gesagt hatte ich mit den Followern und Facebookfans tatsächlich gerechnet. Man kennt ja seine Zielgruppe sehr gut und letztlich verdiene ich mit Social Media Strategie auch meine Semmeln. Da wäre es schlecht, wenn ich komplett überrascht wäre. Allerdings freut es mich sehr zu beobachten, wie wir langsam aus unserer Nische herauskriechen und auch Kontakt zu Hörern finden, denen wir im Rasenfunk als Personen zum ersten Mal über den Weg laufen. Das ist eine sehr schöne und spannende Entwicklung – und damit war viel weniger zu rechnen.

Fürs erfolgreiche Absolvieren der Royale-Sendung hat ein Follower euch ein Badge entworfen, eine Userin strickt Mützen mit eurem Logo. Was glaubst du, woher kommt diese enorme Sympathie für euch und euer Format?
Das wiederum hat mich überrascht und führt zu chronischem Grinsen meinerseits. Ich kann das nicht genau erklären, dafür bin ich auch der falsche Ansprechpartner, denke ich. Vielleicht stecken manche unserer Hörer so viel Herzblut in den Rasenfunk, weil wir selbst das auch tun und man das anscheinend merkt.

Was denkst du, wieso Formate wie eures immer mehr zunehmen? Sind die Fans mit der regulären Sportberichterstattung nicht mehr zufrieden? Oder geht es eher darum, sich selbst aktiv einzubringen?
Vielleicht eine Mischung aus beidem. Kombiniert mit einer Technik, die sehr einfach, schnell und kostengünstig produzieren lässt. Durch die steigende Reichweite von Podcasts generell erhöht sich dann auch der Reiz, selbst vom Konsumenten zum Produzenten zu werden.

Gerade der Dialog in den sozialen Netzwerken kostet sehr viel Zeit. Wie wuppt ihr das, immerhin habt ihr zeitaufwändige Jobs, du bist zudem alleinerziehender Papa von Zwillingen.
Tja, das frage ich mich in der Rückschau manchmal selbst. Sicherlich hilft es, einen Job zu haben, bei dem es vollkommen normal ist, dass den ganzen Tag über Dinge auf einen einprasseln. Ich erledige sehr viel nebenher am Smartphone und habe meinen Tagesablauf komplett auf die Kinder eingestellt. Ausführlich gearbeitet wird dann meistens nachts, wenn sie schlafen. Und dann macht es halt einfach Spaß. Der Rasenfunk fühlt sich beim Dialog mit den Hörern eigentlich nie nach Arbeit an.

Ist es ein Junge? Ist es ein Mädchen? Es ist eine Mütze! (Foto: privat)

Ist es ein Junge? Ist es ein Mädchen? Es ist eine Mütze! (Foto: privat)

Was ist deine persönliche Motivation, so viel Zeit in dieses Projekt zu stecken? Und wo siehst du eure Perspektiven, wird das ein Hobby bleiben, oder ist es auch denkbar, den Rasenfunk zu professionalisieren?
Die Motivation kommt von alleine und speist sich zu großen Teilen aus der Freude, die der Rasenfunk macht, und den vielen guten Rückmeldungen, die wir bekommen. Und dann ist das Thema halt gut: Fußball ist ein geiles Spiel. Punkt. In einer perfekten Welt könnte man vielleicht mal vom Rasenfunk leben, aber ich bin weit davon entfernt, damit zu rechnen. Auch so profitiere ich aber auch beruflich von der Arbeit, die ich hineinstecke. Ich kann mich als Moderator verbessern und bewege mich in einem der aktuell spannendsten Felder digitaler Inhalte. Und immer wieder meldet sich halt auch der zehnjährige Max in mir zu Wort und treibt mich ans Mikro. Denn der wollte immer beim Radio arbeiten, am liebsten natürlich als Fußballkommentator.

Im Grunde arbeitet ihr beiden mindestens sehr ähnlich wie viele Sportjournalisten. Die können davon leben, ihr investiert eure Freizeit. Ärgert dich das manchmal?
Überhaupt nicht. Eher bin ich sogar froh, nicht mehr vom Sportjournalismus abhängig zu sein. Der Druck in der Branche ist sehr hoch, die Arbeit viel weniger befriedigend als sich viele Fußballfans das sicher vorstellen. Und ich sehe auch viele Entwicklungen im Sportjournalismus sehr kritisch – da ist es ganz angenehm, nur die Fußspitze ins Becken zu halten und nicht den Köpfer vom Zehnmeterturm machen zu müssen.

Die User fragen oft, ob sie euch finanziell unterstützen können. Bislang verzichtet ihr völlig auf Crowdfunding oder ähnliches. Warum eigentlich?
Ich bin bisher in diesem Interview nicht als jemand aufgefallen, der sich kurz fasst. Mit der Frage machst du mir das fast unmöglich. Lass es mich so gut verkürzen, wie es geht. Drei Gründe. Erstens: Wegen Job und Familie kann es jederzeit passieren, dass der Rasenfunk mal für kürzer oder länger ausfällt. Ich für meinen Teil möchte dann nicht das Gefühl haben, mit einer Anspruchshaltung der Hörer zu kollidieren, die durch finanzielle Unterstützung ihrerseits untermauert ist. Zweitens: Wir machen das als Hobby und nicht, um damit Geld zu verdienen. Als die Fragen nach Unterstützung immer lauter wurden, haben wir deshalb unsere Hörer gebeten denjenigen Betrag einfach einer guten Sache zukommen zu lassen, den sie eigentlich uns spenden wollten. Eine Win-Win-Win-Situation, wenn du mich fragst. Drittens: Ich für meinen Teil kann noch gar nicht sagen, wo es mit dem Rasenfunk hingehen soll. Eventuell spielt eine Finanzierung durch die Hörer irgendwann mal eine Rolle, derzeit aber wollten wir das Ding erstmal eine Saison lang durchziehen, um zu sehen, wie es sich mit meinem Alltag verbinden lässt. Alle Kosten haben wir bisher gerne selbst getragen. Für die Zukunft probieren wir aber vielleicht einfach mal aus, was an Unterstützung überhaupt reinkommen würde. Gibt noch genügend Dinge, in die wir investieren können, um den Podcast noch besser für die Hörer zu machen. Und dafür sollte solches Geld dann ja auch verwendet werden.

Mein Eindruck ist, viele Vereine nehmen es kaum wahr, wie stark sich alternative Formate zur Fußballberichterstattung im Netz entwickeln. Ist das ein Versäumnis?
Die Antwort auf diese Frage ist wie ein Foul an der Strafraumkante: Jeder Spieler auf dem Feld hat einen anderen Blickwinkel darauf und deshalb eine eigene Meinung dazu. Ich gebe mal den neutralen Schiedsrichter und versuche es möglichst objektiv: Generell sind Bundesligavereine nicht als Early Adopter bekannt, sie müssen das aber vielleicht in vielen Dingen auch nicht sein. Ich glaube nicht, dass ein Projekt wie der Rasenfunk in deutschen Bundesligageschäftsstellen für Epiphanien sorgt. Tritt man allerdings einen Schritt zurück, ist das Bild ein anderes. Die immer noch vorherrschende Meinung, das Internet bestünde nur aus dem, was wir in den Kommentaren unter Facebookpostings lesen, ärgert mich. Denn sie wird den vielen positiven Dingen nicht gerecht, die es dort eben auch gibt. Und von diesem Standpunkt aus betrachtet wäre es sehr wichtig, dass Bundesligavereine auch Blogs, Podcasts und andere Projekte kennen. Einfach, weil es ihren etwas einseitigen Blick auf das Internet erweitern könnte.

Vielen Dank für das Gespräch!

Im vierten Teil von Nachgefragt bei… spreche ich mit Fenna, Rheina und Zazie von der Genussliga.

Nachgefragt bei… Bettina Apelt

Was treibt Menschen eigentlich an, ihre Freizeit in Blogs, Podcasts und ähnliches mehr zu stecken, statt sie in der Hängematte zu verbringen? Oder von der anderen Seite betrachtet, wieso machen sie ihr Hobby nicht zum Beruf? Künftig kommen hier in der Rubrik Nachgefragt bei… regelmäßig Menschen zu Wort, deren Projekte mir auf der täglichen Reise durchs Netz aufgefallen sind. Im zweiten Teil spreche ich mit der Kulturjournalistin Bettina Apelt aus Berlin.

Hallo Bettie! Du betreibst den Blog Das frühe Vogerl und die fabelhaften Veränderungen. Worum geht’s da genau?
Hallo liebe Mara, auf meinem Blog geht es um die Vereinbarkeit von Kultur mit Kind. Bevor ich Mutter wurde, war mir mein kulturelles Leben sehr wichtig. Mich hat interessiert, wie wichtig bleibt es und wie geht es anderen Eltern damit. Dazwischen geht es natürlich aber auch um andere Elternthemen, wie die Hebammendebatte. Die Unmöglichkeit, dass sich in Deutschland freiberufliche Hebammen ihren Beruf nicht mehr leisten können, betrifft jeden, wenn auch vielleicht auf den ersten Blick nicht unmittelbar. Das ist auch eine Form von Kultur.

Eine Österreicherin in Berlin: Bettie.

Eine Österreicherin in Berlin: Bettie.

Wie bist du ursprünglich zum Bloggen gekommen? Und was reizt dich daran?
Früher habe ich im Online-Forum eines Magazins geschrieben, dann einen Reise-Podcast gehabt und schließlich einen Video-Podcast: Es ist mir also immer schon ein Anliegen, mich mitzuteilen. Wichtig ist mir, immer nur ein Thema zu haben, deshalb habe ich auch mal eine Weile nichts gemacht. Speziell reizen tut mich das Schreiben, natürlich, und beim Bloggen das Selbstbestimmen eines Themas und der Austausch.

Ein Thema in deinem Blog ist, wie du schon sagtest, die Vereinbarkeit von Kind und Kultur. Wie sind deine eigenen Erfahrungen dabei? Und worauf möchtest du, ob mit Vogerl oder ohne, auf keinen Fall verzichten?
Seitdem sich mein Sohn fortbewegt, komme ich natürlich weniger zum Lesen, als in der Zeit als er noch ganz viel geschlafen hat. Das liegt aber auch daran, dass ich in letzter Zeit leider meist nur so mittelgute Bücher erwischt habe, und dass die Bloggerei ja auch immer mehr Zeit in Anspruch nimmt. Neben dem Lesen und Schreiben ist mir auch die Kaffeehaus-Kultur unglaublich wichtig. Und ich bin in der glücklichen Lage, dass sich meine Familie auch dafür begeistern kann, und wir in Berlin auch Kindercafés haben, in denen Treffen mit mehreren Kindern zu realisieren sind.

Du interviewst regelmäßig andere Eltern zu ihrem Kultur-, aber auch Onlineverhalten mit Kind. Was ziehst du selbst aus diesen Gesprächen?
Vor Jahren war ich auf dem Kinderspace eines Festivals. Voller Euphorie habe ich damals einen Artikel darüber geschrieben, über das Festival mit Kind. Als wir dann selbst Eltern geworden sind, waren wir der Meinung, dass sicher alle unsere Freunde das Bedürfnis haben, diesen Teil nun mit Kindern weiterzuleben. Irrtum. Es teilt sich in zwei Lager: Die, die nicht mehr auf Festivals gehen, und die, die gehen und das Kind zur Oma geben. Das hat mich sehr irritiert. Ich wollte unbedingt wissen, wie andere Eltern ihre Kinder mit einbeziehen. Und habe dabei schon tolle Antworten erhalten. Zum Beispiel von Kathi, wie sie in der Bar 25 tagsüber mit ihrer kleinen Tochter war, oder von Heike, die mit ihren Kindern eine Weltreise gemacht hat. Das finde ich inspirierend. Zum Festival: Dieses Jahr probieren wir das übrigens endlich selbst aus.

Logo Vogerl

Die Blogsphäre wirkt manchmal je nach Thema sehr auf sich bezogen, sprich: Mama-Blogger tauschen sich mit Gleichgesinnten aus, Sport-Blogger ebenso. Woran liegt das – oder ist der Eindruck falsch? Falls er richtig ist: Wird das nicht langweilig?
Du sprichst da etwas an, das leider so ein bisschen stimmt. Ich war ja ursprünglich mal eine Buch-Bloggerin, bin aber jetzt natürlich mehr mit Mama-Bloggern vernetzt, da es ja bei mir vor allem um den Alltag als Familie geht. Deshalb sind nun meine Leser meist Eltern, die jetzt nicht alle automatisch so literaturaffin sind. Bei frisch gebackenen Eltern sind natürlich meist auch andere Dinge zentral. Habe ich bei meinem Videoblog noch ausschließlich über Debütantenliteratur geschrieben, ist das bei meinem jetzigen Blog weniger Thema. Das ist aber ok, weil das bei mir ja jetzt auch nicht mehr so im Zentrum steht. Es gibt natürlich Blogs, bei denen sich alles um den Baby-Alltag dreht, und wenn es nur ums Sauberwerden, die Einschlafproblematiken oder die richtige Ernährung geht, wird mir das schnell langweilig. Es gibt aber auch jede Menge Elternblogs, die so vielfältig sind, dass das weit über den Rahmen hinausgeht. Grosseköpfe zum Beispiel, oder das Kaiserinnenreich. Und dann gibt es natürlich auch Blogs, die ich vor allem wegen dem Tipp-Charakter gerne lese, weil hier wirklich Experten am Werk sind. Das gewünschteste Wunschkind zum Beispiel hat mir sicher einige, oft dröge Fachbücher erspart. Oder bei Anja von Guten Eltern oder Jana vom Hebammenblog lese ich gerne aus dem Alltag von Hebammen.

Speziell in Berlin scheint es sehr viele Mom-Blogs zu geben. Trefft ihr euch auch mal persönlich, oder bleiben die Verbindungen virtuell?
Das ist einer der vielen Vorteile, die wir hier in Berlin haben. Findest Du jemanden gut, und die Person Dich auch, klappt es meist recht schnell sich zu treffen. Sehr viele Bloggerinnen konnte ich so schon kennenlernen, und die meisten davon auch gernhaben. Im Mai war die erste Elternkonferenz, die Blogfamilia, in Kreuzberg, da konnte ich auch einige kennenlernen, die an ganz anderen Ecken Deutschlands wohnen. JuSu vom Blog Mama Schulze zum Beispiel, eine beeindruckende Frau, die von ihrem Leben als zweifache Mutter mit einer MS-Erkrankung schreibt.

Wie viel Zeit steckst du in einer durchschnittlichen Woche in deinen Blog? Kannst du benennen, was dich dafür motiviert?
Es sind in der Tat viele Stunden. Das Schreiben von Artikeln, das Recherchieren von Interviewpartnern und dann natürlich auch noch das Lesen der Kollegen. Momentan mache ich das einfach sehr gerne, deshalb führe ich auch keine Stundenaufstellung, denn sonst könnte es mich eventuell doch erschrecken. Motivieren tun mich seit Jahren die gleichen Dinge: mir wichtige Themen, das Schreiben und der Austausch. Dass das in Berlin dann auch offline weitergehen kann, ist natürlich ein wichtiger Punkt.

Wie wichtig ist der finanzielle Aspekt? Und ist das überhaupt ein Ziel des Bloggens? Oder siehst du es eher als Hobby – und was passiert, wenn du wieder in deinen Job einsteigst?
Da ich Kulturjournalismus studiert habe, ist auch das Bloggen nie nur Hobby. Ob es Kooperationen sind oder Aufträge, die sich daraus ergeben, nur für den reinen Zeitvertreib möchte ich natürlich nicht bloggen. Momentan bin ich noch in Elternzeit, kann mich also noch ausführlich damit beschäftigen, was mir inhaltlich wichtig ist. Wenn mein Sohn in die Kita kommt, wird natürlich der Erwerb auch immer wichtiger und das Bloggen bzw. das Schreiben hat dann wieder einen anderen Stellenwert. Ich bin auf alle Fälle gespannt drauf.

Fotos & Logo: Bettina Apelt

Fotos & Logo: Bettina Apelt

Wie wichtig sind dir Zugriffszahlen? Weißt du, wer den Blog besucht? Und wie intensiv ist der Austausch mit deinen Lesern?
Natürlich sind Zugriffszahlen wichtig. Keiner der eine gewisse Anzahl an Stunden in seinen Blog investiert, kann mir erzählen, dass er das nur für sich macht. Außer er hat einen gut dotierten Job in der Wirtschaft und macht das als Ausgleich, aber selbst dann: Jeder will gelesen werden. Der Austausch mit den Lesern ist wichtig, und kann befruchtend sein, wenn dich jemand auf einen anderen Artikel hinweist, dir seine Erfahrungen erzählt oder dir sogar einen Interviewpartner empfiehlt. Aber es kann natürlich auch nervig sein. Grad wenn ein Artikel von anderen geteilt wird, hat man dann oft Leser, die ganz andere Interessen haben, und da geht es dann auch schon mal etwas wilder zu. Richtig üble Dinge habe ich hier, zum Glück, noch nicht erlebt.

Du gehst hin und wieder Kooperationen ein und bietest deinen Lesern Gewinnspiele an. Welche Aktionen betrachtest du als sinnvoll, was kommt eher nicht in Frage? Und sprichst du die Firmen an, oder kommen die (inzwischen) auf dich zu?
Zuletzt gab es auf meinem Blog eine Jungspuppe zu gewinnen. Auf die Firma bin ich zugegangen, weil ich die Puppe einfach wahnsinnig toll fand. Viele Blogger kriegen ganz oft Kooperationsanfragen, weil sie einfach viele Produkte testen, das trifft auch mich jetzt nicht so zu. Bei mir steht der Inhalt im Vordergrund, aber ich bin Kooperationen gegenüber aufgeschlossen, wenn sie passen. Der Bereich ist auf jeden Fall ausbaufähig, von beiden Seiten.

Wo ziehst du die Grenze zwischen dem, was du gerne im Blog, bei Twitter oder auf Instagram teilst und dem, was du privat halten möchtest? Und was sagt eigentlich der Papa vom frühen Vogerl zu deiner Leidenschaft?
Das Gesicht, der Name und private Dinge meines Sohnes bleiben privat. Ich verurteile niemanden, der das anders hält, aber für mich ist das nichts. Grad wenn ein böser Kommentator den Weg zu uns findet, bin ich sehr froh, dass da nirgendwo das entzückende Gesicht vom Vogerl zu sehen ist. Das fände ich einfach falsch. Bei mir entscheide ich es immer spontan. Mein Gesicht in die Kamera zu halten, damit habe ich kein Problem. Ich blogge ja auch unter meinen Namen. Einen Geburtsbericht, die Schilderung meines Sexuallebens oder allzu persönliche Details meiner Familie wird es auf dem Blog nicht geben, aber das erzähle ich ja auch einem Bekannten nicht, warum also dem Internet? Meinem Mann hat mich als Schreiberin im Internet kennen- und so hoffe ich, auch liebengelernt für den ist das ok. Er hat mir sogar schon ein Interview gegeben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Im dritten Teil von Nachgefragt bei… spreche ich mit Max Ost über den Fußballpodcast Rasenfunk.

Nachgefragt bei… Oliver Wenzlaff

Was treibt Menschen eigentlich an, ihre Freizeit in Blogs, Podcasts und ähnliches mehr zu stecken, statt sie in der Hängematte zu verbringen? Oder von der anderen Seite betrachtet, wieso machen sie ihr Hobby nicht zum Beruf? Künftig kommen hier in der Rubrik Nachgefragt bei… regelmäßig Menschen zu Wort, deren Projekte mir auf der täglichen Reise durchs Netz aufgefallen sind. Den Anfang macht Hörspielautor Oliver Wenzlaff aus Berlin.

Hallo Oliver! Du planst, gestaltest und moderierst seit knapp zwei Jahren die Sendung Ohrenkino, die einmal im Monat bei ALEX BERLIN läuft. Worum geht es da genau?
Es geht darum, Autoren abseits des Mainstream eine Plattform zu geben. Und zwar sowohl solchen, die Bücher schreiben, als auch solchen, die Hörgeschichten schreiben – Hörspiele zum Beispiel. Bei Buchautoren lesen meine Studiogäste die Texte in der Sendung vor. Bei Hörspielautoren kommt das jeweilige Werk vom Band. In beiden Fällen sind es oft nur Ausschnitte, aber das reicht ja, um Lust auf mehr zu machen.

Hörspielautor Oliver Wenzlaff. (Foto: Regine Peter)

Hörspielautor Oliver Wenzlaff. (Foto: Regine Peter)

Wie seid ihr technisch aufgestellt und wo entstehen die Aufnahmen?
Wir kommen in der Regel tatsächlich traditionell im Studio zusammen. Manchmal spiele ich auch Aufnahmen von Interviewgästen ein. Ich hatte zum Beispiel schon O-Töne von Bestsellerautor Kai Meyer (Die Seiten der Welt). Oder von tollen Sprechern wie Oliver Rohrbeck (Die Drei ???) und Sascha Rotermund (Mad Men). Auch Jennifer Aniston war schon in der Sendung. Natürlich nur in Form ihrer Synchronsprecherin Ulrike Stürzbecher. Ich schaue immer auf der Leipziger Buchmesse, dass ich ein paar Leute treffe, denen halte ich dann das Telefon unter die Nase. Aber abgesehen davon passiert alles im Studio.

Derzeit läuft eine Crowdfunding-Kampagne, sprich du bittest die Hörer, das Ohrenkino finanziell zu unterstützen. Wie viel Geld erhoffst du dir davon? Und wohin soll es fließen?
Es geht um ungefähr 2.900 Euro. Das Geld ist im Wesentlichen für das Studio gedacht, in dem ich die Sendung produziere. Damit wäre die Sendung bis Mitte 2016 gesichert. Der Sender ist ja ein nichtkommerzielles Bürgerradio, da werden die Radiomacher nicht vergütet, und ich habe keine eigene Aufnahmemöglichkeit zuhause.

Immer mehr Künstler machen sich Gedanken über alternative Erlösmodelle, viele davon beinhalten Spenden. Ist das nicht auch ein Problem, wenn Kunst und Kultur abhängig sind vom guten Willen des Publikums?
Die Frage muss jeder Künstler für sich beantworten. Will ich einem breiten Publikum gefallen? Ist es mir egal, was die Masse denkt, solange ich mit meiner Kunst zufrieden bin? Wobei es in beiden Fällen unwahrscheinlich ist, dass man vernünftig entlohnt wird. Ein erfolgreicher Maler hat mir mal gesagt: Nur zwei Prozent der Künstler können von ihrer Kunst leben. Neulich habe ich einen Beitrag in der Textart gelesen, da hat eine Autorin gefragt: Ist es so schlimm, neben der Kunst einen Brotjob zu haben? Macht einen das nicht unabhängiger? Es macht wohl unabhängiger vom guten Willen der Masse, um auf die eigentliche Frage zurückzukommen. Wer zusätzlich auf Spenden oder ein Crowdfunding setzt – Crowdfunding ist ja keine klassische Spende, weil es immer einen Gegenwert oder eine Gegenleistung gibt –, der hat auf jeden Fall mein Verständnis. Warum nicht drei Säulen: Kunst, Brotjob, Crowdfunding?

Das Ohrenkino ist nicht dein einziges Projekt, du schreibst und produzierst auch Hörspiele. Wie gehst du bei der Stoffentwicklung vor?
Meine Inspiration kommt aus verschiedenen Quellen. Oft ist es die Realität. Oft regen mich aber auch Werke anderer Künstler an, ein neues Projekt zu starten. Mal fange ich sofort an, mal lasse ich mir eine Idee lange durch den Kopf gehen. Hörspielprojekte dauern ewig. Man muss ein sehr guter Freund der eigenen Idee sein, damit sich Hörspiel und Macher über die Dauer gut „verstehen“.

Verlegst du deine Produktionen selbst? Wo entstehen die Aufnahmen? Und wie stellst du Kontakt zu den beteiligten Künstlern her?
Ich hatte bislang einen kleinen Verlag, der die Hörstücke rausgebracht hat. Der Verlag löst sich aber gerade auf: Der Inhaber möchte wieder mehr Privatleben haben, er hat neben dem Verlag nämlich auch einen Brotjob. Wie es bei mir mit den Hörspielen weitergeht, weiß ich noch nicht. Die Aufnahmen sind jedenfalls immer in Tonstudios entstanden. Ganz selten habe ich auch mal Aufnahmen remote einsprechen lassen, also zuhause bei den Sprechern, ohne dass ich dabei war. Das ist nicht einfach, weil man keinen Einfluss auf das Gefühl hat, das der Sprecher in die Worte legt. Man kann vorher noch so viel darüber reden oder Anmerkungen ins Skript schreiben, manchmal musste ich hinterher trotzdem sagen: Ich hatte das eigentlich anders gedacht. Und ich musste um eine neue Aufnahme bitten. Die meisten Sprecher kenne ich aber schon lange und weiß, dass wir das auch remote hinkriegen würden, wenn es nicht anders ginge. Hauptsächlich kommen die Leute aber ohnehin wie ich aus Berlin.

Mischen? Possible! (Foto: Ricarda Howe)

Mischen? Possible! (Foto: Ricarda Howe)

Zweimal im Jahr gibst du an der VHS Reinickendorf einen Hörspiel-Kurs. Was ist wichtig für ein gutes Hörspiel? Welche Tipps gibst du Einsteigern?
Die wichtigste Voraussetzung ist erst einmal, Hörspiele zu lieben. Wer hier Leidenschaft oder zumindest Neugier mitbringt, der wird auch in der Umsetzung mit Leidenschaft dabei sein, und das hört man am Ende. Es ist ein großer Unterschied, ob man bereit ist, auch mal die berühmte Extrameile zu laufen oder ob man sich schnell mit einem Ergebnis zufrieden gibt, das noch besser werden kann. Ansonsten muss man ein bisschen was ausprobieren, und dann kommt der Rest von alleine.

Ursprünglich hast du Stadt- und Regionalplanung studiert und über die Stadtentwicklung Berlins promoviert. Wie hast du daneben die Liebe zu Radio und Hörspiel entdeckt?
Meine größte Angst als Jugendlicher war es, mein Arbeitsleben lang in einem Büro zu sitzen und den ganzen Tag Dinge zu tun, die nicht kreativ sind. Der Anfang meines Berufslebens sah dann aber doch genau so aus. Ich wollte Geschichten erzählen, ich wollte Vielfalt und Abwechslung, habe aber nur Protokolle geschrieben und Aufträge abgearbeitet. Dann habe ich promoviert, und zum Ausgleich habe ich angefangen mit dem Hörspielmachen.

Was reizt dich daran besonders?
Beim Hörspiel gibt es so herrlich viele Ebenen, auf denen Kreativität gefragt ist. Am Anfang steht der Schreibprozess, der ist erstmal so ähnlich wie beim Roman, nur dass man die Besonderheiten von Hörstoffen da schon berücksichtigt. Dann die Aufnahmen: Ich mache die Regie, das macht richtig Spaß, ist vielleicht sogar der schönste Part. Eine Rolle kann man sehr unterschiedlich anlegen, und wir erarbeiten das oft gemeinsam mit den Sprechern. Danach Schnitt und Mischung. Das ist zwar sehr technisch, bietet aber auch Möglichkeiten der Entfaltung: Arbeite ich mit Soundeffekten? Wenn ja – welche Funktion sollen sie haben? Nehme ich mit bestimmten Sounds bewusst etwas vom Inhalt vorweg, deute ich etwas an? Ein Geräusch, das man vielleicht erst später einordnen kann? Ist es überhaupt eine Sounduntermalung oder steht der Sound vielleicht sogar im Mittelpunkt? Es gibt so viele Möglichkeiten, auch wenn ich da bislang eher konservativ war.

Du bist ein großer Fan des ersten Berliner Hörbuchladens Audiamo, der im Juni eröffnet wurde. Ist das ein Zukunftsmodell im Lokalen: Bewusst eine Nische zu besetzen und da zu punkten?
Ich bin Fan von Audiamo, weil die Leute, die dahinter stehen, wirklich tolle Menschen sind. Weil sie eine Vision und Mut haben. Und natürlich auch, weil es so ein großes Angebot an Hörbüchern gibt. Bei Hugendubel – nichts gegen die Kette, die Läden sind toll – gibt es eine kleine Ecke mit Hörbuch-CDs. Bei Audiamo gibt es nur Hörbuch-CDs, auf 50 Quadratmetern rund 5.000 Stück. Im ganzen deutschsprachigen Raum soll es insgesamt nur fünf oder sechs reine Hörbuchläden geben. Das sind dann halt auch die Spezialisten. Mit einem Sortiment, das nicht nur aktuelle Bestseller hat. Es ist immer gut, Spezialist zu sein, so klein die Nische auch sein mag.

Vielen Dank für das Gespräch!

Im zweiten Teil von Nachgefragt bei… spreche ich mit Bettina Apelt über ihren Blog Das frühe Vogerl und die fabelhaften Veränderungen.