My favorite picture of you: Für immer Dadi

Als meine Mutter mit mir hochschwanger war, fragte eine Bekannte meiner Eltern die beiden, ob sie schon eine Babysitterin hätten? Falls nicht, die Freundin ihres Sohnes lerne Erzieherin und sei noch auf der Suche nach Jobs. So einfach bist du in unsere Leben gekommen. Als Erstes warst du tatsächlich unsere Babysitterin, oder besser, wart ihr unsere Babysitter: Du und dein Freund habt, noch unverheiratet, eure Partywochenenden damit begonnen, erst auf mich, später auf mich und meine kleine Schwester aufzupassen, bis unsere Eltern von ihren Verabredungen zurückkehrten. Du warst gerade 17, als ich auf die Welt kam, Rainer 19. So lange ich denken kann, seid ihr immer da gewesen. Und wenn der Himmel unserer Kindheit sich verdunkelte, warst du der helle Stern, an dem wir uns orientieren konnten, der uns Trost spendete.

Es kam der Punkt, an dem eure Pläne fürs Wochenende sich nicht mehr damit vereinbaren ließen, auf zwei kleine Mädchen aufzupassen. Doch du wolltest uns auch nicht abgeben und schlugst so meine Eltern vor, deine Mutter könnte als Kinderfrau ein neuer Mensch in unserem Leben werden. Unsere Eltern stimmten zu und die deinen wurden ein Teil der Familie. Ich kann nicht mehr sagen, wieso du die zwei Mutti und Vati nanntest, wohl aber weiß ich, die Begriffe waren uns fremd und wir brachten sie nicht mit Eltern in Verbindung. Deswegen sagten auch Nina und ich bald Mutti und Vati zu den beiden, was für allerhand Verwirrung sorgte, wenn sie uns beispielsweise von der Schule abholten und für unsere Eltern gehalten wurden.

Liebe auf den ersten Blick.

Liebe auf den ersten Blick.

Noch lange vor der Schulzeit zogen wir Schwestern uns am Ende der Besuche bei deinen Eltern regelmäßig splitternackt aus, wenn unsere Mutter zum Abholen kam, und versteckten unsere Klamotten in Schrankfächern und Sofaritzen. Weil wir glaubten, dann nicht mit nach Hause zu müssen, sondern bei Mutti bleiben zu können. Dort aßen wir Stachelbeeren aus den Büschen und Sauerkirschen aus den Bäumen, und wir fanden Zuflucht, wenn die Situation zuhause uns wieder mal verwirrte. Wenn wir Mädchen bei deinen Eltern übernachteten, schliefen wir im ersten Stock in deinem Kinderzimmer. Nachts fürchteten wir uns manchmal in der fremden Umgebung, dann liefen wir hinunter ins Erdgeschoss. Aber dort machte uns der schwere, rote Samtvorhang vor dem Schlafzimmer noch mehr Angst als die bösen Träume und wir schlichen zurück in dein Bett, das auch Jahre nach deinem Auszug noch roch, als hättest du gerade darin gelegen.

Als in meiner wilden Teenager-Zeit die Mode der 70er mitten in den 90er Jahren anklopfte, warst du es, die mir zu kompromissloser Stilsicherheit verhalf, in dem du tütenweise alte Schlaghosen vorbeibrachtest. Und während ich meine Beine in die Hosen deines Mannes steckte, waren es deine abgelegten BHs, die mir eine erste Ahnung davon verliehen, was mich erwartete, wenn aus dem Mädchen, das ich war, eine Frau werden würde. Sie flüsterten mir die Geheimnisse zu, die ihr miteinander erlebt hattet, und bereiteten mich vor auf das, was da kommen würde.

Im Krankenhaus hat der letzte BH, den du getragen hast, achtlos in einer Tasche neben deinem Bett gelegen. Er wartete darauf, sich wieder an dich zu schmiegen, so wie die saure Limonade den Glauben nicht aufgeben wollte, noch von dir getrunken zu werden. Doch du warst in nur wenigen Tagen so schwach geworden, dass du nur noch wenig wahrgenommen hast. „Es ist Zeit“, hatte dein Mann mir am Telefon gesagt – und verständnislos hatte ich die Worte in meinem Kopf wieder und wieder nachklingen lassen. Wie war das möglich?

Be kind to one another.

Be kind to one another.

Im letzten Winter waren wir beide zeitgleich im Krankenhaus gewesen und seither hatte sich zwischen uns ein unfassbar enger Dialog entwickelt, für den ich den beiden Krankheiten ewig dankbar sein werde. Denn im Erwachsenwerden war das Band zwischen uns zwar nie gerissen, doch es hatte Phasen erlebt, in denen wir es weniger pflegten. Du hast es nie krumm genommen, wenn wir Mädchen uns eine zeitlang wenig meldeten. Im Chor der Beziehungen meiner Kindheit singen viele Stimmen, die mich lange vor der Zeit in die Rolle der Erwachsenen drängten. Bei dir aber durfte ich immer Kind sein, sogar, als ich es längst nicht mehr war. Du hast mich geschützt und behütet; dafür kann ich dir nicht genug danken. Als die Schwester im Krankenhaus uns zusammen gesehen hat, sagte sie nickend zu mir: „Sie sind die Tochter.“ Wir widersprachen nur halbherzig.

In den großen Verwirrungen meiner Jugend, als zuhause die Unwetter ausbrachen und das kleine Boot, das ich war, zu zerbrechen drohte am Brausen und Tosen, in das es geworfen wurde, wurdest du erneut mein sicherer Hafen. Ungezählt die Abende, die ich auf eurem Sofa verbrachte, einfach nur sein durfte, Luft holen und Kraft schöpfen. Die Gespräche in der Küche über kleingehäckselte Kaninchen im Spinat, Kochtipps und unaufdringliche Lebensweisheiten. Wenige Jahre später war es meine kleine Schwester, die in eurer Küche saß, der du deine Geheimnisse über Buttercreme beibrachtest und für die du der menschliche Ort wurdest, an dem sie auftanken und Luft holen konnte. Du hast uns mehr als einmal das Leben gerettet und bleibst für immer ein Teil von uns.

Die Flüssigkeiten, die aus deinem Körper laufen, haben dieselbe Farbe wie meiner Fingernägel. Deine Nägel sind frisch manikürt und wirken wie ein höhnisches Zeichen dafür, dass plötzlich alles so schnell gegangen ist. „Wie läuft deine Chemo?“ „Was machen eure Hochzeitsplanungen?“ Diese zwei Themen bestimmten unsere Gespräche der letzten Monate. Die Chemo, zuerst erfolgreich, die Hochzeit, dein wichtigstes Etappenziel: diesen Tag wolltest du mit uns verbringen. Nach dem Besuch bei dir in der Klinik in dieser Woche werde ich nachts plötzlich wach, panisch: Habe ich all die Dankesworte tatsächlich bei dir ausgesprochen, die mein Herz nach der Feier bewegt haben?

Dein Lächeln bleibt.

Dein Lächeln bleibt.

Der WhatsApp-Verlauf funkt sanfte Beruhigung. Worte voller Dankbarkeit, voller Erinnerung, voller Freude, Hoffnung und Liebe sind es, die wir im letzten Jahr miteinander gewechselt haben. Sie klingen in mir wie ein unerwarteter Schatz, für den ich unendlich dankbar bin. An deinem Krankenbett kann ich dir noch einmal all das sagen, was mein Herz bewegt. Du flüsterst leise in mein Ohr, schwach zwar, aber mit all der Liebe und Zärtlichkeit, die dich ausmacht, bis ganz zum Schluss. Den Kummer und die Angst, die dich in diesen Tagen bewegen müssen, lässt du nur in Ansätzen spüren, auch wenn du weißt, du könntest ihn bei uns abladen. Stattdessen lächelst du, gibst Handzeichen und bleibst selbst in diesen Momenten des Abschieds die Dadi, die du immer gewesen bist, würdevoll, liebend und stark.

Ich betrachte deinen fast erwachsenen Sohn und erinnere mich warm und intensiv an deine Freude darüber, Mutter zu werden. Dabei warst du das längst – doch nun würdet ihr auch ein eigenes Kind bekommen; das wurde dein größtes Glück. Ihn und deinen Mann alleine lassen zu müssen, das ist es, was dich in deinen letzten Tagen am meisten bedrückte, weil du ihnen keinen Kummer bereiten wolltest. Aber du hast die beiden mit allem ausgestattet, was sie brauchen, um in einer Welt ohne dich zu überleben. Deine Liebe brennt wie ein ewiges Licht hell und warm in den Menschen, deren Leben du berührt hast. Dich loszulassen, tut unglaublich weh. Doch verlieren werden wir dich nie.
Danke für alles, Gabi.

Zwölfvierdrei: Brief an meinen Vater

Zwölf Jahre, vier Monate und drei Tage. So lange ist das nun schon her. Oder besser: zwei Tage. Denn mag dein Totenschein auch eine 30 zeigen, es ist doch die 29, vor der sich mein Herz jedes Jahr in Wehmut verneigt. Es war kurz vor Mitternacht, als du von der Tanzfläche ins Foyer der Halle gingst, die später über viele Jahre keins von uns Kindern betreten wollte; konnte.

Ich stelle mir vor, dass du gelacht hast. Vor Vergnügen über diesen letzten Tanz des Abends, in jenem ausklingenden Januar. Hast du es gespürt, dass etwas nicht in Ordnung ist, als du einen Schritt vor den nächsten setztest? Hast du den Boden gesehen, im Fallen, so wie wir später, im Angesicht der Nachricht deines Todes?

Ich hoffe, stelle mir vor und habe mit den Jahren begonnen zu glauben, das, was du zuletzt bewusst wahrgenommen hast, waren die Bewegungen jenes Tanzes. Im Arm eine junge Frau, die dich noch aufgefordert hatte, als du schon dabei warst, zu gehen. Bevor du tatsächlich gehen musstest. Und ich glaube, auch das hast du in den Tagen zuvor leise gespürt.

Du warst ein guter und vor allem sehr intuitiver Tänzer. Als ich dir bei der Hochzeit meiner kleinen Schwester ein ums andere Mal auf die Füße getreten bist, konntest du es kaum fassen. „Mädel, das ist doch bloß ein Walzer“, hast du da gelacht. Damals habe ich mich schrecklich unbeholfen gefühlt. Auf meiner eigenen Hochzeit hätte ich mir gern von dir auf die Füße treten lassen.

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Ich hatte immer Angst davor, was deine Abwesenheit an diesem Tag mit mir machen würde, auch noch nach all der Zeit. Weil es der eine Moment war, den ich mir nach deinem Abschied nie wieder vorstellen konnte. Bis er tatsächlich da war und mich vollkommen überwältigte mit seinem Glück. Und mein Vermissen? Hat mir diesen Tag geschenkt, sorgsam verpackt und liebevoll überreicht. Ich habe dich gespürt und auch die Freude, die du mit dem Ereignis und der Art und Weise, wie wir es gefeiert haben, empfunden hättest. Es wäre ein Tag ganz nach deinem Geschmack gewesen; dieses Wissen hat warm jeden Anflug von Kummer aus meinen Herzkammern gespült.

Trotzdem habe ich seitdem besonders oft an dich gedacht. Natürlich bist du immer da, und doch ist die Intensität dieses Gefühls im Fluss. Ich denke an dich in Momenten, in denen ich gerne mit dir reden würde über Dinge, die mein Herz beschäftigen. Manches davon erzähle ich heute anderen Menschen, andere Gedanken bleiben ungeteilt: Weil ich sie nur dir anvertraut hätte, nur deinen Rat angenommen, deinen Trost gewollt.

Du fehlst, wenn ich aufbrause und mich später dabei ertappe, übers Ziel hinausgeschossen zu sein. Eine Disziplin, die ich eindeutig von dir habe – und nur bei dir könnte ich so schimpfen: ohne mich auch nur ein klitzekleines bisschen zurückzunehmen. Rohrspatzverwandter.

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Ich erinnere dich so voller Zärtlichkeit. In den ersten Jahren durfte kein böses Wort über dich gesprochen werden in meiner Gegenwart und ich konnte mich zu keinem Konflikt bekennen, den wir miteinander ausgetragen haben. Irgendwann machte die Heldenverehrung Platz für einen Rückblick ohne Weichzeichner, in dem Liebe und Streitigkeiten, Nähe und Abstoßung, Glück und Wut gleichermaßen ihren Platz haben. Unsere Beziehung war nie perfekt, weil du und ich nicht perfekt sind, und das ist völlig okay. Wenn wir uns stritten, flogen nicht nur die Fetzen, sondern Funken, ganz besonders, als ich ein wütendes Pubertier war, mit Gedanken, die zu bedeutend waren für meinen Kopf, und Gefühlen, die keinen Platz fanden in meinem aufgewühlten Herzen. Du hast nie zurückgezogen, mich nie geschont. Ich bin gewachsen an dir. Und immer wusste ich, dass wir nicht im Streit miteinander schlafen gehen würden. Das Ende jeden Tages brachte eine Versöhnung oder mindestens einen Waffenstillstand.

Der Streit geht, aber die Liebe bleibt. Diese Lektion bringt mein Herz manchmal noch heute nur stotternd hervor, weil sie bei uns zuhause zwischen den Erwachsenen nicht gelebt ward. Aber ich wusste immer, deine Liebe bleibt, und das brachte mich sicher durch eine unruhige Kindheit und Jugend. Als ich an diese Wahrheit, die wie ein Fluss ist, ruhig und klar, zum ersten Mal seit deinem Tod wieder von Herzen glauben konnte, vermochte es mein Herz, JA, für immer zu sagen zu dem Mann, mit dem ich sie gelernt habe und mit dem ich mein Leben teilen möchte. Seitdem fühlt sich alles so anders an… Sogar deine Abwesenheit.

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Früher war ich mir sicher, dürfte ich noch einmal eine Stunde mit dir verbringen, ich würde sie mit niemandem teilen mögen. Natürlich würde ich es wollen, dass du meinen Zauberneffen und meine Zaubernichte kennenlernst, aber in meiner Vorstellung bekämen wir vier Geschwister jeder eine Stunde zuerkannt – und sicher möchte ihre Mama dir die Kinder selbst vorstellen. Oder vielleicht wollte ich meine kostbaren Minuten mit dir auch einfach für mich alleine haben. Heute würde ich die Stunde mit dir und meinem Mann verbringen, weil mein Herz eine große Falte des Bedauerns daran wirft, dass ihr beide einander verpasst habt.

Es geht mir gut, Paps. Du hast meine Hand erst losgelassen, als meine Füße den Weg bereits finden konnten. Du hast mich, hast uns tatsächlich gerüstet für dieses wilde, heftige, schöne, traurige und wunderbare Leben. Wir würden es immer noch so gerne mit dir teilen. Aber wir finden uns alleine zurecht. Das ist dein größtes Geschenk.

Alles neu, macht der Mai: The name is Pfeiffer

Als Fußballfan zuckt man bei der Kombination von „Mai“ und „Wonnemonat“ ja eher zusammen, zumindest in unserem Haushalt (Mainz 05– und HSV-Liebe). In diesem Jahr aber war es trotz der verschärften Tabellensituation definitiv ein wonniger Mai, vor allem der 12. des Monats: An diesem Tag nämlich haben mein bis-dahin-Freund und ich uns – noch vor dem jeweiligen Klassenerhalt – das Ja-Wort gegeben. In Wiesbaden und Mainz konnte man das auch schwer verpassen, da sensor-Headmaster Dirk Fellinghauer uns einen überaus freundlichen Artikel gewidmet, der Wiesbadener Kurier uns gleich zum „Brautpaar der Woche“ erhoben hat und wir bei der Allgemeinen Zeitung im Mainzer Mix strahlen. Warum also für ein so privates Thema noch mehr Öffentlichkeit schaffen?

Brautpaar des Jahrhunderts. Mindestens. (Foto: Theresa Valtin)

Brautpaar des Jahrhunderts. Mindestens. (Foto: Theresa Valtin)

Weil sich, zumindest bei mir, nicht nur der Herzschlag froh beschleunigt und der offiziell geführte Beziehungsstatus geändert hat, sondern ich seither einen neuen Namen trage: Mara Pfeiffer. Und damit mich alle, die das möchten, auch weiterhin wiederfinden, sei darauf (auch) hier noch mal verwiesen. Meine Homepage wird über kurz oder lang auf die neue Domain umgestellt, am Blog ändert sich aber nichts. Die neue Job-Mailadresse lautet wortpiratin@marapfeiffer.de, Irrläufer an die alte erreichen mich natürlich auch noch ein Weilchen.

Wieso, bin ich im Vorfeld oft gefragt worden, macht man das? Gerade in dieser Branche, in der doch der Name auch ein Stück weit Marke ist, oder so ähnlich. Die Antwort ist denkbar einfach: Weil ich mir nichts Schöneres vorstellen kann, als denselben Namen zu tragen wie der Mann, den ich liebe. Meinen Vornamen übrigens, Anekdoten-Zeit, hat der erste Mann ausgewählt, der mich einst liebte: mein Paps. Und im Job bleibe ich ohnehin: die Wortpiratin.

Ich finde, das ist eine perfekte Kombination.

All the best,
Mara Pfeiffer,
Wortpiratin

Ich danke der Acadamy

Die beiden Bloggerinnen von Stadt, Land, Mama haben kürzlich zur fabelhaften Blogparade #arschcooleSuperfrauen aufgerufen. Blogparaden lachen mich meistens eine Weile an, weil ich dabei viele schöne Ideen entdecke, dann setzen sie mich kurz unter Druck, weil ich nicht dazu komme, mir Zeit dafür zu nehmen – im dritten Schritt vergesse ich sie wieder. Die hier hat mich aber nicht losgelassen, weil ich finde, es ist eine wunderschöne Idee: Frauen lassen andere Frauen in ihrem Leben wissen, warum sie so großartig sind und was sie der anderen bedeuten. Das tun wir zwar hoffentlich auch im echten Leben hin und wieder, und doch: Es ist schön, sich dafür bewusst Zeit zu nehmen, es auszuformulieren. Ich möchte gerne 3×3 #arschcooleSuperfrauen würdigen.

Aufruf zur Blogparade (Screenshot)

Aufruf zur Blogparade (Screenshot)

3x Familie
Würde ich einen tragen, ich zöge jeden Tag den Hut vor meiner kleinen Schwester. Wir beide haben uns eine komplizierte Kindheit lang miteinander vertraut gemacht, als Teenager stets ein sorgsames Auge aufeinander gehabt und sind uns später, als erwachsene Frauen, richtig nahe geworden. Das alleine ist schon ein großes Glück. Und zu erleben, wie die kleine Große alle Baustellen ihres Lebens, alle schönen und stressigen Aufgaben, alle Lieben, all jene, die an ihren Nerven zerren, alles Trösten, Erklären, Behüten und Unterstützen wuppt, lässt mein Herz leuchten in tiefer Liebe zu dieser wunderbaren Frau. Ihr Mut, immer etwas Neues auszuprobieren, ihr Wille, sich im Job zu verändern, ihre Kraft, die Familie zu tragen, machen mich stolz und froh; noch mehr, weil ich weiß, welche Kämpfe sie schon ausfechten musste. Ich bin dem Leben unfassbar dankbar, dass es sie zu meiner Schwester gemacht hat.

Als meine große Schwester Kind war, gab es noch keinen Gedanken an mich und als ich Kind war, hatte sie als wütende Teenagerin, die sich um ihren Vater betrogen fühlte, wenig Interesse an dessen neuer Familie. Erst als ich älter wurde und sie erwachsen war schafften wir es, uns das zu erobern: einander Schwestern zu sein. Ich lernte eine Frau kennen, die zwei meiner Herzmenschen in vielem ähnelte: meinem Vater und meiner kleinen Schwester. Eine Mutter, die ihren Kindern auf eine unaufgeregte, versichernde Art und Weise Wurzeln und Flügel gab, die mich alleine beim Zusehen glücklich machte. Einen Menschen, der nach Jahren als Familienmittelpunkt mutig und entschlossen in einen Job zurückkehrte, der sich verändert hatte und sie vor neue Aufgaben stellte. Vor allem aber eine Schwester, die ich um nichts in der Welt missen wollen würde.

Wäre das Herz meiner künftigen Schwiegermama ein Ort, so würde ich mich dort öfter und gerne aufhalten. Zu wissen, dass ich einen Platz darin habe, ist ein schönes, warmes Gefühl. Sie in meinem Leben zu haben und zu meiner Familie zählen zu dürfen, das ist einer der beiden wunderbarsten Nebeneffekte meiner Liebe zu ihrem Sohn (der zweite ist eine #sehrcooleTeenagerin, aus der mal eine #arschcooleSuperfrau werden wird). Je älter ich werde, umso zögerlicher lasse ich mich ein auf Menschen, umso länger dauert es, zu vertrauen. Es sei denn, man bekommt es so verdammt einfach gemacht. Ihre Art, ganz selbstverständlich und ohne große Worte für die Menschen da zu sein, die sie liebt, ist ein Geschenk und in ihrem Einsatz für ihre Familie ist sie ein echtes Vorbild.

Familie: We belong together. (Foto: WP)

Familie: We belong together. (Foto: WP)

3xFreundschaft
Auch wenn ich dir wünschen würde, du müsstest das nicht immer wieder tun, gehört es zu deinen schönsten Eigenschaften, wie du an dir zweifelst. Weil darin der ehrliche Wunsch liegt, eine noch sorgsamere Mutter, eine noch liebendere Frau und eine noch bessere Journalistin zu sein. Das wäre alles gar nicht nötig, denn du bist so schon verdammt perfekt. Trotzdem kann ich nicht anders, als deinen Herzenswunsch, immer ein Stück über dich hinauszuwachsen, zu bewundern. Diesen unbändigen Willen, der dir auch in Situationen bleibt, in denen die Kraft eigentlich schon ausgegangen ist. Als deine Freundin möchte ich dich in den Momenten gern daran erinnern, nach dir zu schauen, mit deinen Kräften zu haushalten, etwas davon für dich selbst aufzusparen. Auch das lernst du, zum Glück, dir Zeit für dich zu nehmen, sorgsam mit dir zu sein und für dich da. Und ich hoffe, du weißt: Ich bin das ganz sicher – immer und für den Rest unserer Leben, Herzzwerg.

Für dich wurde der Hashtag #arschcooleSuperfrau erfunden. Als wir uns im Studium getroffen haben, hätte ich nie geahnt, wohin die gemeinsame Reise uns führen würde. Seither haben wir so viel erlebt – Schönes genossen, Fuckmist überwunden, uns geliebt, gestritten, genervt, versöhnt, zusammen gelacht und einander in die Ärmel geweint –, dass es zu den wenigen Gewissheiten meines Herzens gehört: Wir werden uns nie verlieren. Du hast eine Wirkung, die dir selbst nicht bewusst ist, erfüllst einen Raum, sobald du ihn betrittst. Du lebst eine totale Bedingungslosigkeit, sei es im Einsatz für den Job oder dem Umgang mit deiner Wurzelfamilie, hast dich in der Rolle als Mutter gestreckt und gefunden. Du kennst mich in und auswendig und bis immer noch hier, hörst zu, unterstützt, kritisierst offen und verbiegst dich nicht. Du einzigartige Prinzessin.

Du hast dich einst aufgemacht in ein fremdes Land, obwohl das bedeutete, Entfernung zu packen zwischen dich und alles, was dir bis dahin vertraut war. Du bist diesen Schritt damals gegangen, obwohl du wusstest, deine Arbeit hat viel mit Sprache zu tun und nun würde es eine fremde sein, in der du ihr nachgehst. Du bist deinem Herzen gefolgt, ohne deinen Verstand auszuschalten, warst neugierig, furchtlos und zielstrebig, das bist du immer. Du hast dir ein Leben aufgebaut, eine Familie, einen Job, und würde ich dich im Bezug zu den Dingen deines Lebens zeichnen, wärst du immer ihr Mittelpunkt. Der ruhige Pol, von dem alles ausgeht, mit dem alles verknüpft ist, der Leben gibt und Liebe schenkt, mit zärtlicher Ernsthaftigkeit. Danke für deine Freundschaft, Tessy.

Dare to be inspired. (Foto: Marieke Stern)

Dare to be inspired. (Foto: Marieke Stern)

3xInspiration
Manche Menschen kennt man intensiver über den Job als über das Privatleben, man weiß von ihnen Dinge aus berufenen Mündern oder der Berichterstattung, man liest ihre Worte, wenn sie in Blogs, Artikeln oder Redemanuskripten niedergeschrieben sind. Es wäre sicher vermessen, zu behaupten, man kenne sie, vielmehr ist es so, dass man sich ein Bild macht von ihnen, das nur einen Teilaspekt zeigt. Trotzdem können sie Vorbilder sein, Ansporn und Inspiration. Ich danke meiner wundervollen Kollegin Alex Eisen für Feedback, Ratschläge, Austausch und Zusammenarbeit. Ich verneige mich frohen Herzens vor der nimmermüden Nina George, deren Engagement und Arbeit für alle Menschen der schreibenden Zunft mir Respekt und Dankbarkeit abverlangt. Und ich grüße herzlich die zauberhafte Bettina Apelt, mit der mich mehr als ein Jahrzehnt Onlinefreundschaft verbindet, die wir eines schönen Tages definitiv auch ins Offlineleben verlagern werden.

Und ich herze abschließend all diese sowie die vielen weiteren #arschcoolen Superfrauen in meinem Leben: Ihr seid die besten.

Always Team Toni: DKMS-Spender werden

Vor 21 Jahren packte ich meine Koffer, um die elfte Klasse an einer US-Highschool zu absolvieren. Im Sommer 1995 startete mein Abenteuer in Mississippi und es wurde ein buntes, ein oftmals auch anstrengendes, ein interessantes, spannendes, vollgepacktes Jahr in dieser fremden Welt, diesem fremden Leben. In das man damals noch ganz anders eintauchte, weil die Verbindung in die alte Heimat lediglich aus Briefen und einem Telefonat alle zwei Wochen bestand, statt wie heute aus einer Dauerleitung über das eigene Smartphone.

Umgekehrt war es nach der Rückkehr schwieriger, den Kontakt zu den Freunden und Bekannten aus dieser Zeit zu halten. Daran hat sich in den letzten Jahren dank Facebook einiges geändert: Plötzlich trifft man sich online wieder, bekommt etwas mit vom Leben der anderen, der Kontakt intensiviert sich. Was nicht zuletzt daran liegt, dass in Amerika die Nutzung des Netzwerkes oft eine viel intensivere, unbeschwertere ist und ich so das Gefühl habe, von meinem amerikanischen Freunden dort viel mehr mitzukriegen als von den deutschen.

Team Toni

Die meisten der Mädels von damals sind heute Mütter, auch Lacy, mit ihrem Mann Kevin und den Kindern Kam und Toni. Bei Toni wurde im Oktober 2013 erstmals Leukämie diagnostiziert. Eine erste Chemotherapie konnte alle Krebszellen vernichten und bis zum folgenen August lebte die Familie in der guten Hoffnung, die Krankheit besiegt zu haben. Dann kam der Krebs zurück. Toni erhielt diesmal eine Knochenmarkstransplantation, ihr Bruder Kam war der Spender für seine große Schwester. Wieder schien der Krebs danach besiegt, wieder war die Hoffnung trügerisch: Bereits im April 2015 kam die Krankheit wieder. Tonis Mom Lacy hat die Reise ihrer Familie auf diesem Weg voller Hoffnung, Rückschläge, Kummer und Liebe auf einer Facebookseite namens Team Toni Macaroni begleitet. Tausende Menschen sind ihn dort mit den Marinos gegangen. Ich war eine von ihnen.

Our sweet little girl Toni went to be with her Lord and Savior this morning. Please continue to pray for our family as we grieve and make plans. Arrangements to follow.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag ist Toni nach einer harten Woche in der Klinik gestorben. Ihre Eltern haben eine große Bitte zum Abschied ihrer Tochter: „We ask if you are able, please donate blood and/or platelets at your local blood bank, and join the bone marrow match registry.“ Genau dieser Wunsch passt zu dem Mut, Kampfgeist und Wir-Gefühl, mit dem sie in den letzten Jahren diese schwere Last getragen und dabei nie den Blick für andere verloren haben.

Die Marinos haben mich selbst mit einem Meer zwischen uns unfassbar beeindruckt und tun es noch. Ihre Bitte ist eine, die jeder, der noch nicht als Spender registriert ist, leicht erfüllen kann – und damit vielen anderen Menschen die Hoffnung auf Hilfe geben. Es ist ein absoluter Klacks, sich bei der DKMS zu registrieren: „Stäbchen rein, Spender sein.“ Auch mit seiner Firma kann man das tun, ebenso sind Geldspenden notwendig und wichtig, weil nicht jeder, der sich registrieren lässt, diese Kosten tragen kann. Wer ganz unkompliziert den Spendenbeutel weiter anwachsen lassen möchte, kann es tun, indem er seine Onlineeinkäufe auf dieser Seiter der DKMS startet, wodurch die Organisation Spenden erhält. Und wer spenden möchte, um Toni zu gedenken, kann Always Team Toni in den Betreff schreiben.

Es gibt so viel Leid in der Welt, gegen das wir vollkommen machtlos sind, aber wir sind es nicht im Angesicht dieser Krankheit. Bitte, registriert euch.