Die Woche am Bruchweg (21/20): I think I nailed it

„Die Fans haben ein Stück weit gefehlt“, sagt Ridle Baku nach dem ersten Geisterspiel der 05er in Köln. „Wir merken auch, was diesen Job so besonders macht, das sind auf jeden Fall die Fans“, sagt Ex-05er Neven Subotic, mittlerweile in Diensten von Union Berlin, nach der eigenen Geisterspiel-Premiere einen Tag später. Die Spieler sind an diesem ungewöhnlichen 26. Spieltag unterschiedlich mit den leeren Stadien umgegangen, auch in der Bewertung. In Dortmund wurde nach dem Sieg die leere Südtribüne gegrüßt. Irgendwie eine schöne Geste, um den Fans zu zeigen, sie werden in den Stadien so sehr vermisst, wie ihnen selbst die Kurvenluft fehlt. Gegen Bakus „megageiles Gefühl“, wieder im Stadion zu sein, wirkt die Aussage in Richtung Anhänger*innen schon etwas dürr.

So ist halt das Geschäft, entscheidend ist auf dem Platz. Den Spielern kann man das letztlich in der aktuellen Situation am wenigsten verübeln, sie haben mit Unterbrechungen, halben Trainings, Maßnahmenkatalogen und Isolation, oft fern der Familie, keine einfachen Wochen hinter sich. In denen sie noch dazu oft als Buhmänner herhalten mussten, weil das Interesse der Politik an einer Fortsetzung des Spielbetriebes schon sehr übermäßig schien. Nun kicken sie also wieder und die Freude darüber ist schon verständlich.

Mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs verändern sich auch die Medienrunden, es wird nun deutlich mehr über das Spiel als über das Drumherum gesprochen. Achim Beierlorzer zeigt sich zufrieden mit dem Auftritt seiner Mannschaft, deren Zusammensetzung er selbst als gar nicht so unerwartbar bezeichnet. Aufgestellt wird, völlig überraschend, auch in Zeiten von Corona noch nach Trainingsleistung. Wobei der Coach zu dem Thema doch etwas eher Grundsätzliches zu sagen hatte, Stichwort: Vertrauen. Er gehe nicht mit, wenn Spieler sagen, sie müssten das Vertrauen des Trainers dadurch spüren, in der Startelf zu stehen. Denn da bringt er nun mal nur elf Mann unter – Vertrauen schenke er viel mehr Spielern, so Beierlorzer.

Trainer vor Taktiktafel. (Foto: Screenshot)

Die Konkurrenz im momentan bis auf Robin Zentner vollständig einsatzbereiten Kader sieht er ausschließlich positiv, nicht nur, weil nun im verkürzten Saisonendspurt auch englische Wochen anstehen. Die Siegermentalität, die für einen Startelfeinsatz notwendig ist, wolle er schließlich auch im Punktspiel auf dem Platz sehen.

So ein Stadion ist ja ohne
die Fans nur eine Hülle.“

Achim Beierlorzer, 05-Chefcoach

Aktuell hat er, wie seine Kollegen, mit dem auf fünf Spieler erhöhten Wechselkontingent noch ein paar Extramöglichkeiten, um ins Spiel, aber auch die Kaderdynamik einzugreifen. So spricht der Trainer bei der Einwechslung von Jonathan Burkardt von einer Belohnung für dessen sehr gute Trainingsleistung – die bei nur drei Wechseln entsprechend schwieriger möglich gewesen wäre. Sollten die Mehrwechsel dazu führen, dass gerade die jungen Eigengewächse nun ein bisschen Einsatzzeit sammeln können, wäre das definitiv ein positiver Aspekt dieser vorübergehenden Neuerung.

Ein großes Lob gibt’s in Richtung Taiwo Awoniyi, zu dessen Personalie Beierlorzer noch mal betont, man habe den jungen Spieler im Winter keinesfalls loswerden wollen. Da er aber im Sturm starke Konkurrenz vor sich hat, habe man ihm die Möglichkeit gegeben, zu einem Verein zu wechseln, bei dem er mehr Spielpraxis sammeln kann. Die Leihgabe wollte aber nicht schon wieder weiterziehen, sondern sich durchbeißen.

Im internen Testspiel, dessen Aufstellung und Ergebnis sich Beierlorzer nicht entlocken lassen will (eine Mannschaft hat in weißen, eine in grünen Trikots 45 Minuten gespielt, es gab Tore und auch einen Sieger), habe Awoniyi eine „sensationelle Leistung“ gebracht und sich nun gegen Köln mit einem Tor belohnt. Es hätten sogar zwei sein können, wäre der Nigerianer nicht einmal unter dem Ball weggerutscht, aber mit dem ersten Treffer im Rücken wird das für den jungen Spieler sicher leichter zu verschmerzen sein, als wenn er wieder leer ausgegangen wäre. Oder um es in seinen eigenen Worten zu sagen: „I feel very happy and I feel very glad.“ Auch Awoniyi sprach das Fehlen der Fans an, das er als „unfortunate“ bewertet, aber betont, es gehe dabei nun mal um Sicherheit.

Glücklicher Torschütze Malong. (Foto: Screenshot)

Torschütze Kunde Malong, der sich am Sonntag zum Ausgleichstreffer aueresk übers halbe Feld durchgetankt hatte, erklärt in einer kleinen Medienrunde strahlend, in dem Moment habe er über gar nichts gedacht. Im Team sei die Mentalitätsleistung wichtig gewesen, betont der Kameruner, der sich keine Sorgen darüber macht, nun wieder zuhause zu wohnen: „I don’t think it’s a problem.“ Die Spieler seien sich der Situation alle sehr bewusst (conscious).

Auf die Frage, wie wohl das Heimspiel ohne Fans ablaufen wird am nächsten Wochenende erklärt Kunde: „Now we do it for us“ und fügt hinzu: „We face the challenges like, you know, men.“ Schade eigentlich, dass solche Sprachbilder nicht in der coronabedingten Zwangspause zurückgeblieben sind. Abgesehen davon war das freilich ein sehr sympathischer Auftritt des Torschützen, sichtlich beflügelt von seiner Leistung am Vortag. Das bringt er denn abschließend auch selbst grinsend auf den Punkt: „I think I nailed it.“

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