Die Woche am Bruchweg (8/20): Keine Keile, bitte!

Manchmal sind die inneren Themen gänzlich andere als jene, die von außen auf eine Situation projiziert werden. So hat sich beispielsweise rund um den 1. FSV Mainz 05 in den letzten zwei Wochen die Frage entzündet, wie die veränderte Bank auf die Stimmung der Mannschaft wirkt. Das ist die Außensicht. Innen, da, wo Trainer Achim Beierlorzer am Kader für das Auswärtsspiel in Wolfsburg feilt, ist hingegen die Frage nach der Besetzung der Bank nachrangig. Interessanter ist aus der Binnensicht die Frage, wie sich die veränderte Startelf auf die Ergebnisse auswirkt, denn auf die kommt es auf dem langen Weg zum erhofften Klassenerhalt nun mal an.

Drama, Baby: Dramatisch waren beim Training nur die Wolken.

Will heißen, etwaige Missklänge mag der Trainer gar nicht aufkommen, sich von außen „keinen Keil“ ins Gefüge der Gesamtmannschaft treiben lassen. „Wir brauchen jeden Spieler, das habe ich immer gesagt.“ Insofern kann es wohl als Zufall gelesen werden, dass beim Drei gegen Drei im Training am Mittwoch mit Aarón Martín, Jean-Paul Boëtius und Jean-Philippe Mateta just drei prominente Rotationskandidaten in einem Team spielten.

Der Bagger hinter den Trainingsplätzen brüllt wie eine alternde Krähe, die Sonne schickt einzelne Strahlen herab, bis die Wolken den Himmel wieder eintrüben. Die Stimmung im Team hingegen wirkt kein bisschen getrübt, auch nicht bei denen, die zuletzt von der Bank kamen oder das Spiel komplett auf selbiger verbrachten. Daran, dass Mateta – speziell mit steigender Zuschauerzahl – auch Trainingstore gerne zumindest ein wenig feiert, hat sich ebenfalls nichts geändert.

Überhaupt muss man sich vielleicht die Frage stellen, wieso eine personell veränderte Startelf für so viel Gesprächsstoff sorgt. Sicher, durch die Umstellungen müssen Spieler zumindest für den Moment in die zweite Reihe zurücktreten, von dort treten aber ja andere ins Licht, die sich in den bisherigen Ligaspielen nicht zeigen konnten. Es ließe sich also auch argumentieren, dass solche Wechsel eher zu einem allgemeinen Gleichgewicht beitragen.

Das Gleichgewicht gefunden zu haben scheint indes die Abwehr der Mainzer. Beierlorzer hebt Winterzugang Jeffrey Bruma in Sachen Stabilisation positiv hervor, will die Verbesserung aber nicht auf diese Personalie beschränkt wissen. Überhaupt möchte der Trainer solch komplexe Themen ungern vereinfacht sehen, was ihn zuweilen durchaus hadern lässt mit der einen oder anderen Frage der Journalist*innen. „Da bin ich kein Freund von“ ist dann häufig die Antwort und seine Stirn unter der Mütze, die der Schriftzug „Nullfünfer“ ziert, wirft tiefe Furchen.

Ja, das 3-4-3 hat zuletzt gut funktioniert. Nein, deswegen ist es kein Allheilmittel, siehe etwa das Heimspiel gegen Leverkusen, abgesehen vom Ergebnis eine gute Partie. Ja, statistisch gesehen hat diese Formation eher Punkte gebracht, aber Stochastik war ihm schon als Mathematiklehrer stets eine verhasste Disziplin und bringe zudem keine Zähler. Natürlich beantwortet er Fragen dazu, was für ein Typ Leandro Barreiro ist, gerne, aber doch bitte bezogen auf seine Leistung im Team und nicht das private Auftreten, denn da treffen sie sich selten.

Jene Klarheit, die Beierlorzer von seinen Spielern fordert, zeichnet ihn in Sachen Kommunikation selbst aus. Der Findungsprozess der Mannschaft sei ein permanenter, erklärt der Coach. Natürlich habe das auch mit dem jeweiligen Personal zu tun. Wenn also beispielsweise Jeremiah St. Juste, der das Training vorsichtshalber frühzeitig abgebrochen hat, plötzlich nicht zur Verfügung stehen sollte, muss er eben umplanen. Das kann dann auch das System betreffen.

Open-Air-Medienrunde am sonnigen Bruchweg. (Fotos: WP)

Vielleicht bietet sich am Sonntag in Wolfsburg aber ohnehin eine andere Formation an als bei der Hertha oder zuhause gegen Schalke 04. Da lässt er sich nicht in die Karten schauen und erst Recht nicht aus der Ruhe bringen. Er hat, das betont Beierlorzer, einen fast vollständigen Kader, aus dem er schöpfen kann. Nach den Verletzungssorgen im Verein zu Beginn der Saison eine ungewohnt komfortable Lage, die nun als Basis dienen soll, um auch die Situation in der Tabelle von Spieltag zu Spieltag komfortabler zu machen.

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