Irre: Heidel spricht über Mainz und erwähnt den HSV

Liebe Medien,

ich habe eine kurze Nachfrage, die ich bitte nicht ketzerisch verstanden wissen will (oder vielleicht doch): Merkt ihr eigentlich noch was? Der Grund, warum ich mir die Frage gerade heute (wieder einmal) stelle, ist ein FAZ-Interview mit Mainz 05-Manager Christian Heidel, das auch online zu lesen ist. Wäre es Teil einer Schulaufgabe, dieses Interview in einem Satz zusammenzufassen, oder würde man Passanten in der Fußgängerzone bitten, das zu tun, müsste die Antwort in etwa lauten: Der Manager redet darüber, wie ungewöhnlich die Mainzer Erfolgsgeschichte (und vergleichbar die der Augsurger oder letzte Saison die der Freiburger) aus seiner Sicht noch immer ist, aus seinen Worten spricht auch ein leises Bedauern darüber, wieso die Medien es als Thema kaum aufgreifen, dass dieser Erfolg eben nach wie vor alles andere als selbstverständlich ist, überdies nimmt er am Rande Stellung zur aktuellen Situation beim Hamburger SV.

Komm, wir basteln uns 'ne Schlagzeile! (Foto: Screenshot)

Komm, wir basteln uns ’ne Schlagzeile! (Foto: Screenshot)

Die reflexhafte Reaktion vieler Medien aber ist eine andere: HSV? Goil, damit lässt sich im Moment ja super Schlagzeile machen! So entsteht die absurde Situation, dass sich just ein Interview, in dem Heidel bedauert: „Es ist offenbar hundertmal interessanter, nach einem Mainzer Sieg in Hamburg darüber zu schreiben, wie schlecht der HSV gewesen sein muss statt zu hinterfragen, wie Mainz so gut sein kann, dort zu gewinnen“ unter der Überschrift „Was der HSV macht, ist grundfalsch“ wiederfindet. Quod erat demonstrandum: Auf mehreren Seiten kämpft der Manager darum, wenn es um Mainz 05 geht doch tatsächlich häufiger den Verein in den Fokus zu stellen und nicht etwa den jeweiligen Gegner oder sonstige Nebenschauplätze. Er gibt seine offene Einschätzung ab, dass medial in Sachen Fußball neben den Bayern, Dortmund, Schalke und dem HSV quasi als Spezialfall ohnehin nicht viel läuft – und die FAZ schafft es, genau diesen Missstand eindrucksvoll zu bestätigen und fortzuführen: Glückwunsch.

Da ist es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis sämtliche Medien behaupten, Heidel habe den HSV „ungewöhnlich scharf kritisiert“, „angegangen“ oder wasauchimmer, das taugt halt genauso wunderbar zur reißerischen Schlagzeile wie zu Saisonbeginn die verdrehte Behauptung, Tuchel habe die Jagd auf die Bayern eröffnet. Und ins Weltbild einiger Fans anderer Vereine (FCK, SGE) passt es außerdem – die können sich nun den Rest des Tages am „Besserwisser“ Heidel abarbeiten. Dass Heidel, liest man das Interview aufmerksam, fürs Hamburger Umfeld, die HSV-Fans und den Verein jede Menge Respekt hat und lediglich Offensichtliches in der ihm typischen, analytischen Art anmerkt, dass er davon spricht, wie wichtig es für einen Verein ist, in Ruhe arbeiten zu können und Erfolg aufzubauen – Dinge, die sich die Hamburger für ihren Verein sicher auch wünschen – verkommt da schlicht zur Randnotiz. Pardon my french, aber: zum Kotzen.

Der HSV trauert um Hermann Rieger. (Foto: Screenshot)

Der HSV trauert um Hermann Rieger. (Foto: Screenshot)

PS: In Sachen HSV steht heute eigentlich eine ganz andere Meldung im Vordergrund. Der Verein trauert um Hermann Rieger – und die Liga trauert mit. Der Mann war ein echtes Original (von denen gibt es leider inzwischen viel zu wenige) und wird fehlen – nicht nur in Hamburg.

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