Mainz 05: Das Netz mit Liebe fluten

Letztlich kommen die großen Weisheiten des Lebens doch alle als Song daher – oder zumindest während eines Konzertes. Zum Beispiel bei Kettcar, die am Freitagabend im Schlachthof darauf hingewiesen haben, wie wichtig es sei, öfter mal für etwas zu sein. Im Sinne von, statt immer nur dagegen.

Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Liebe ist... (Foto: WP)

Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Liebe ist… (Foto: WP)

Einen Abend später saß Eintracht-Präsident Peter Fischer im Sportstudio und musste sich dort teils sehr seltsame Fragen gefallen lassen, weil er für seine Satzung kämpft, in der Rassismus und Ausgrenzung – zum Glück – keinen Platz haben. Klar, deswegen ist er gegen die AfD (und andere rechte Spinner). Aber wer den positiven und wichtigen Grundgedanken hinter seinen aktuellen Auftritten nicht sieht, über den kann ich persönlich nur den Kopf schütteln. Im Internet tobte anschließend der wütende braune Mob darüber, dass Fischer im ZDF überhaupt eine Plattform bekommen hatte. Und ich habe mich gefragt: Sind das wirklich so viele – oder sind die nur so laut.

Und hier kommt endlich der Bogen zu Mainz 05. In den letzten Tagen und Wochen ist viel darüber gesprochen worden, wie die Stimmung rund um den Verein kippt. Auch ich habe mit dem Thema in meiner letzten Kolumne gehadert: Im Internet werden regelmäig die Köpfe von Sandro Schwarz und Rouven Schröder gefordert, auch in der Stadt ist diese bedingungslose Unterstützung, die uns mal ausgemacht hat, immer seltener zu spüren… Woran liegt das eigentlich? Sind vielleicht auch hier in Mainz die Kritiker einfach lauter als die Befürworter?

Nur 111 Gründe? Wir finden mehr! (Foto: Fotofarmer Mainz)

Nur 111 Gründe? Wir finden mehr! (Foto: Fotofarmer Mainz)

Das hier geht deswegen an alle, die für etwas sind – nämlich unsere 05er – und die das auch zeigen möchten. Lasst uns das Netz mit ganz viel Liebe für unseren Verein fluten. Wer Lust hat, kann mir an flaschenpost@wortpiratin.de einen Text darüber schicken, warum Mainz so besonders ist, was seine Liebe zum Verein ausmacht und wieso wir auch diese Saison die Kurve kriegen werden. Ich veröffentliche die nach und nach hier im Blog. Und wer selbst bloggt, kann mir gerne den Link zu seinem Text schicken, ich teile den auf Facebook und Twitter.

Wenn ihr selbst die Texte in den sozialen Netzwerken teilt, nutzt bitte den Hashtag #05liebe, damit sie darüber alle aufzufinden sind. Lasst uns laut sein gegen die negative Stimmung, lasst uns wieder fest zusammenstehen. Wer weiß, vielleicht gibt’s am Ende eine Sonder-TORToUR mit allen Texten. Oder ich lade jemanden mit einer besonders schönen Geschichte in die Videokolumne ein. So oder so, das wird groß. Zumindest, wenn ihr alle dabei seid.

#05liebe
#nurderfsv
#mainzbleibt1

4 thoughts on “Mainz 05: Das Netz mit Liebe fluten

  1. Mich zog vor Jahren der Kampf des FSV um den Aufstieg in die 1. Bundesliga in den Bann – begleitet von diesem verrückten Trainer, wie hieß der doch gleich … Joachim? Nein Jürgen, Jürgen Klopp. Der jetzt Asyl in England hat. Der musste ja vor der Dauerfrage fliehen, wann er endlich Trainer des Münchner 1. FC wird. Der Arme! Ich denke, er hat sich richtig entschieden ins Mutterland des modernen Fußballspiels zu gehen, wo man den Wurzeln ganz nahe ist …
    Ja also, das fand ich irre, was damals an Bildern und Informationen über den Mainzer Karnevalsverein bis zu mir schwappte.
    Irgendwie merkte ich irgendwann, dass ich unbewusst wohl auf der Suche nach einem Verein in der Profisphäre war. Weit weg von meinem eigenen Leben, aber nah genug, um sich Woche für Woche interessiert und begeistert und beseelt damit beschäftigen zu können, was er für Leistungen bringt, was er für Schlagzeilen macht, und was er mir letztlich bedeuten kann.
    Eines Abends surfte ich so im www. herum, um mehr Geschichten über den FSV zu finden, weil der mir still und heimlich ans Herz zu wachsen begonnen hatte. Da las ich eine schon etwas veraltete Geschichte – ich glaub, es war eine Zeitungsmeldung, in der geschrieben stand, dass ein Haufen Meenzer bei einem Zwischenhalt auf einem Bahnhof einen Haufen politisch Verwirrter erblickte, denen spontan die eigene Meinung verdeutlicht wurde, um dann nach kurzer Aufregung die Fahrt geordnet fortzusetzen.
    Mara, Leute, das war meine Initialzündung. Das war der Tropfen, der das Fässchen gesammelter Zuneigung zum Überlaufen brachte. Ja! Es gibt also neben den Braun-Weißen aus Hamburch noch Leute mit lebenswerter Kultur im Bereich Profifußball! Da muss ich hin, dachte ich.
    Und vielleicht wäre ich im selben Monat nach Mainz gezogen, wenn ich ein anderer Mensch wäre. Jünger, ungebunden, mit einer tollen beruflichen Ausbildung, immer optimistisch in die Zukunft blickend undsoweiterundsofort.
    Nee, leider bin ich das nicht. Eher das Gegenteil.
    Ich war also ein Diaspora-Fan geworden. 470 km bis zur Arena! Viereinhalb Stunden Autofahrt für eine Strecke. Mindestens! Arm wie ’ne Kirchenmaus. Dazu kleine Kinder. Eine an Fußball fast desinteressierte Frau. Erst mal keine Freunde mit der gleichen Erleuchtung. Der Rahmen ist also denkbar ungünstig. Aber: wenigstens Berlin und Leipzig sind für mich erreichbar. Solange die nicht absteigen, ist es eine Option.
    Dann die ersten zwei live erlebten Spiele, vorige Saison, naja. Zwei Niederlagen. Die Stimmung im Block: Ich empfand es als bemühte Begeisterung, um die Angst zu übertönen. Das Pfeifen im Walde. Egal. Das kannte ich aus meiner Jugend, wenn ich im HFC-Block stand. Oder aus der einen Oberliga-Saison meines heimischen SV 05. Nur dass wir kaum mal mehr als drei-, vierhundert ZuschauerInnen hatten.
    Übrigens bin ich bei meinen Auswärtsfahrten doch nicht allein. Wenn ich als Vater auch nicht viel erreicht habe, aber eines doch: Ich habe aus einem kleinen Erfolg-verblendeten BayernMünchenFan einen FSV-Nachwuchsfreak gezaubert. Und mit dem war das Auswärtsspiel Nummer 3 schon ein echtes Erfolgserlebnis. 2 : 2 in Leipzsch! Geil, dieser späte Ausgleich, dieses Gefühl, doch nicht ganz umsonst die Kälte, den Wind, die Gegentore erlitten, den Schiri unflätig beschimpft (sorry, das ist nie ernst, nur Fanfolklore!), das Geld zum Fenster hinaus geworfen zu haben … So was wollen wir noch oft erleben. Den Moment des Aufschreiens, die Erleichterung, das Aufleuchten der Augen. Guten Fußball, Fankultur mit gesellschaftlichem Bewusstsein, Mitglieder, die streitbar für einen der besseren Vereine einstehen – und immer den Funken Einzigartigkeit bewahren, wenn es mal nicht so rund läuft, dann bleibt die Liebe lebendig. Auch wenn es für mich nur eine Fernbeziehung ist.
    Übrigens fährt hier in der Gegend ein rotweißer PKW mit FSV-Aufkleber rum. Und ich weiß noch nicht, wer drin sitzt. Mara, Meenzer, ihr strahlt weiter aus, als euch vielleicht bewusst ist. Eine Statistik zu den Kartenkäufen von außerhalb wäre darum sicher mal interessant.

    So weit meine Liebeserklärung.
    Gäbe noch das eine oder andere mehr zu sagen, aber wer liest das schon?
    Und wie Mara schon sagte: Liebe ist organisch, sie verändert sich. Wie wir uns verändern. Als Individuen genauso wie als Familien, Gruppen, Vereine. Wir dürfen nur nicht aufhören, an das Innerste zu glauben, und dort Energie rein zu lenken.

    • Oh. Wow. Klassischer Fall von, der Kommentar ist toller als der Text. Vielen, vielen DANK fürs Teilen deiner Geschichte. Ganz lieben Gruß und #nurderFSV!

  2. Ich hatte es per Twitter schon unter dem Hashtag gepostet, aber die Zeichenbeschränkung sorgt halt dafür, dass vieles draußen bleiben muss, was ich gerne noch formuliert hätte. Daher schreibe ich meine (frühe) Fangeschichte nochmal hier…

    Es hatte recht lang bis zum ersten Stadionbesuch gedauert, Fan war ich ab Ende der Rückrunde 1994/95, Schlüsselerlebnis das 7:1 am letzten Spieltag gegen den FSV Frankfurt – obwohl mir damals im Urlaub nur eine Sport Bild zur Verfügung stand, aus der ich das Ergebnis hatte. Aber es löste etwas aus… Da ich mit 10 noch einige Jahre von der Fahrerlaubnis entfernt war, im tiefen Nordhunsrück lebte und meine Familie gar nichts mit Fußball am Hut hatte, dauerte es fast 7 Jahre, bis ich erstmals den Bruchweg besichtigen konnte. Am 33. Spieltag 01/02 war es soweit. Der Aufstieg war vor Augen, was sollte gegen Fürth schon passieren?.Ich hatte mir im Vorfeld über Ebay eine Karte gekauft (tief im Hunsrück waren die Möglichkeiten etwas eingeschränkt) und war die ganze Woche über in heller Vorfreude.
    Am Bahnhof angekommen bemerkte ich, dass ich meine Eintrittskarte daheim vergessen hatte – ein Moment der nahen Verzweiflung, denn zurückfahren war zeitlich unmöglich. Aber da ich wenigstens die Stimmung wahrnehmen wollte, entschied ich mich dazu nicht frustriert die Heimfahrt anzutreten. Als Landei von der Großstadt beeindruckt, traute mich nicht mal mit dem Shuttlebus zu fahren, der ja nur für Kartenbesitzer war (kontrolliert hätte natürlich niemand).
    Also ging es zu Fuß in Richtung Stadion – die Saarstraße entlang anstatt des schnelleren und später stets genutzt Wegs am Taubertsbergbad und den Wohnhäusern. Auf der Zielgraden stand dann jemand, der eine Karte über hatte und mir diese für den normalen Verkaufspreis anbot. Da sagte ich natürlich nicht nein, immerhin war es genau der gleiche Block (p) und auch wenn ich nun quasi doppelt bezahlt hatte – das waren ja noch sehr günstige Preise und was wäre das im Vergleich zu einem möglichen Aufstieg… Naja, was passierte ist bekannt und in der 2002/03er Saison fand sich zum Glück ein Freund in Mainz, der im Vorfeld Karten organisierte. Doch an einem wichtigen Spiel konnte er nicht und ich hatte mir eine Karte über das Internet besorgt… es war der 33. Spieltag – schon wieder. Schusselkopp wie ich bin, hatte ich bei der Fahrt nach Mainz nicht extra überprüft, dass auch alles dabei ist (die Saisonüber hatte ich die Karten ja erst vor Ort bekommen). Also hatte ich gegen den VfB Lübeck keine Karte für das letzte Heimspiel dabei – schon wieder. Aber wieder fand sich glücklicherweise jemand, der eine Karte über hatte und diese moderat verkaufte (kann 2-3 € über dem normalen EK gewesen sein, das weiß ich nicht mehr). Im Sommer 2003 war dann mit diesem Problem entgültig Schluss, da ich mein Geburtstagsgeld in die erste Dauerkarte investierte.

    • Das ist echt eine sehr schöne Geschichte, in der ausführlichen Fassung noch mehr als in der kurzen. Danke dir fürs Teilen!

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