Nachgefragt bei… Max Ost

Was treibt Menschen eigentlich an, ihre Freizeit in Blogs, Podcasts und ähnliches mehr zu stecken, statt sie in der Hängematte zu verbringen? Oder von der anderen Seite betrachtet, wieso machen sie ihr Hobby nicht zum Beruf? Künftig kommen hier in der Rubrik Nachgefragt bei… regelmäßig Menschen zu Wort, deren Projekte mir auf der täglichen Reise durchs Netz aufgefallen sind. Im dritten Teil spreche ich mit dem Fußballverrückten und Digitalstrategen Max Ost aus München.

Hallo Max! Du betreibst seit der letzten Saison gemeinsam mit deinem Kollegen Frank den Fußball-Podcast Rasenfunk. Was war eure Initialzündung?
Hi Mara! Frank und ich gingen getrennt voneinander schon länger mit der Idee schwanger, den etablierten Fußballgesprächsrunden etwas Eigenes entgegenzusetzen. Grund war bei uns beiden eine Unzufriedenheit mit dem Bestehenden: der Themenauswahl, der Gesprächsführung, der inhaltlichen Gestaltung. Wenn man sagen will, dass es eine Initialzündung gab, dann fand sie wohl am Rande des #tpmuc statt, einem Münchner Stammtisch von twitternden Fußballfans. Dort beschlossen wir, zusammen einen Podcast zu starten.

„Fußball ist ein geiles Spiel.“ (Foto: privat)

„Fußball ist ein geiles Spiel.“ (Foto: privat)

Bislang habt ihr zwei regelmäßige Formate, die Schlusskonferenz am Ende jedes Spieltages und das Tribünengespräch. Was ist das jeweilige Konzept?
In der Schlusskonferenz blicken wir mit wechselnden Gesprächspartnern (meist Journalisten und Blogger) auf den zurückliegenden Spieltag der 1. Bundesliga zurück. Sie wird in der Regel Sonntagabend nach Abpfiff des letzten Spiels aufgezeichnet und erscheint noch in der Nacht auf Montag. Eine Sendung dauert meist rund 90 Minuten, ich moderiere sie. Das Tribünengespräch ist dagegen weniger an Aktualität gebunden und hier tritt auch Frank manchmal als Co-Moderator in Erscheinung. Hier widmen wir uns einem Thema sehr genau – mit einem oder mehreren Gästen und ohne zeitliche Einschränkung. In welche Richtung das geht, zeigt vielleicht unsere Sendung zum Thema Doping im Fußball am besten.

Podcasts oder private Radiosendungen rund ums Thema Fußball gibt es wie Halme auf dem Rasen, um das Bild mal thematisch anzupassen. Was unterscheidet euch vom ganzen bunten Rest?
Ich denke, wir gehen journalistischer an das Thema heran, als viele andere Podcasts – allein durch die Zusammenstellung der Gäste und eine sehr genaue Vorbereitung. Ansonsten versuchen wir das zu vermeiden, was uns an den bestehenden TV-Talkrunden stört: Populismus in Aussagen und Themenauswahl sowie das, was man als Boulevardjournalismus versteht. Wie gut uns das gelingt, und ob wir uns damit von anderen Podcasts wirklich abheben, das müssen aber wirklich andere beurteilen.

Ihr ladet Sportjournalisten, Blogger, Podcaster und Fußballfans in die Sendung ein. Worauf achtet ihr bei der Auswahl der Gäste? Und war es, gerade in der Anfangszeit, schwierig, qualifizierte Gesprächspartner anzuwerben?
Es gibt nur ein objektives Kriterium bei der Gästeauswahl: Wir versuchen, dass wir im Laufe der Saison jeden Verein mit einem Experten mindestens einmal detailliert beleuchten. Der Rest ist ehrlich gesagt komplett subjektiv: Ich frage solche Gäste an, deren Arbeit ich persönlich schätze und deren Meinung mich interessiert. Durch meine Vergangenheit im Sportjournalismus (11 Freunde und SPOX.com) ist die Liste der Journalisten, Blogger und Podcaster, die ich spannend finde, sehr lang. Und die hole ich mir nach und nach in die Sendung. Das Tolle: Bisher hat noch nie jemand aus inhaltlichen Gründen abgesagt. Mindestens wollte es keiner zugeben.

Euer vorläufiges Meisterstück habt ihr mit dem Rasenfunk-Royale abgelegt, in dem 18 Gäste über 12 Stunden auf die Saison zurückblicken. Was erwartet uns als Nächstes?
Eine Sendung zum 0:0 des 1. FC Köln gegen Hertha BSC am 29. Spieltag 14/15. 90 Gäste, pro Spielminute eine Stunde Analyse. Außerdem werden wir hoffentlich bald ein Tribünengespräch mit einem Bundesligaspieler aufnehmen und noch ein paar andere überraschende Sendungen produzieren. Von diesen Aussagen stimmt nur eine, ich will jetzt aber nicht die Spannung rausnehmen und verraten, welche.

Eure Formate nehmt ihr über Skype auf. Wie viel Technik braucht ihr drum herum, um eine Sendung zu fahren?
Das hält sich in Grenzen und ist je nach Setup (Windows oder Mac, ich wechsle da derzeit noch) mehr – Windows – oder weniger – Mac – aufwändig. Softwareseitig verwende ich Audacity, Audio Hijack (Mac) bzw. den Skype Call Recorder (Windows). Wenn es einen Livestream der Sendung gibt, schiebe ich den mit butt und einigen Audio Repeatern (Windows) auf den Server. In Sachen Audiotechnik habe ich im Laufe der Saison sehr aufgerüstet. Das Sennheiser-Headset wurde durch ein Blue Yeti Pro ersetzt, inzwischen mit Mikrofonarm, Popschutz und allem Drum und Dran. Außerdem besitzen wir zwei Headsets, die wir unseren Gästen zuschicken können, wenn wir genügend Vorlauf zur Sendung haben. All das braucht es aber nur, weil wir selbst mit der Audioqualität so unzufrieden waren (hier ist Skype auch ein echter Fels am Bein). Das Tolle am Podcasten ist, dass es auch ohne teure Soft- und Hardware funktioniert und hörbar ist.

Ihr seid sehr aktiv in den sozialen Netzwerken und habt besonders auf Twitter eine große Anhängerschaft. Hättest du gedacht, dass sich das Projekt so schnell entwickelt?
Ehrlich gesagt hatte ich mit den Followern und Facebookfans tatsächlich gerechnet. Man kennt ja seine Zielgruppe sehr gut und letztlich verdiene ich mit Social Media Strategie auch meine Semmeln. Da wäre es schlecht, wenn ich komplett überrascht wäre. Allerdings freut es mich sehr zu beobachten, wie wir langsam aus unserer Nische herauskriechen und auch Kontakt zu Hörern finden, denen wir im Rasenfunk als Personen zum ersten Mal über den Weg laufen. Das ist eine sehr schöne und spannende Entwicklung – und damit war viel weniger zu rechnen.

Fürs erfolgreiche Absolvieren der Royale-Sendung hat ein Follower euch ein Badge entworfen, eine Userin strickt Mützen mit eurem Logo. Was glaubst du, woher kommt diese enorme Sympathie für euch und euer Format?
Das wiederum hat mich überrascht und führt zu chronischem Grinsen meinerseits. Ich kann das nicht genau erklären, dafür bin ich auch der falsche Ansprechpartner, denke ich. Vielleicht stecken manche unserer Hörer so viel Herzblut in den Rasenfunk, weil wir selbst das auch tun und man das anscheinend merkt.

Was denkst du, wieso Formate wie eures immer mehr zunehmen? Sind die Fans mit der regulären Sportberichterstattung nicht mehr zufrieden? Oder geht es eher darum, sich selbst aktiv einzubringen?
Vielleicht eine Mischung aus beidem. Kombiniert mit einer Technik, die sehr einfach, schnell und kostengünstig produzieren lässt. Durch die steigende Reichweite von Podcasts generell erhöht sich dann auch der Reiz, selbst vom Konsumenten zum Produzenten zu werden.

Gerade der Dialog in den sozialen Netzwerken kostet sehr viel Zeit. Wie wuppt ihr das, immerhin habt ihr zeitaufwändige Jobs, du bist zudem alleinerziehender Papa von Zwillingen.
Tja, das frage ich mich in der Rückschau manchmal selbst. Sicherlich hilft es, einen Job zu haben, bei dem es vollkommen normal ist, dass den ganzen Tag über Dinge auf einen einprasseln. Ich erledige sehr viel nebenher am Smartphone und habe meinen Tagesablauf komplett auf die Kinder eingestellt. Ausführlich gearbeitet wird dann meistens nachts, wenn sie schlafen. Und dann macht es halt einfach Spaß. Der Rasenfunk fühlt sich beim Dialog mit den Hörern eigentlich nie nach Arbeit an.

Ist es ein Junge? Ist es ein Mädchen? Es ist eine Mütze! (Foto: privat)

Ist es ein Junge? Ist es ein Mädchen? Es ist eine Mütze! (Foto: privat)

Was ist deine persönliche Motivation, so viel Zeit in dieses Projekt zu stecken? Und wo siehst du eure Perspektiven, wird das ein Hobby bleiben, oder ist es auch denkbar, den Rasenfunk zu professionalisieren?
Die Motivation kommt von alleine und speist sich zu großen Teilen aus der Freude, die der Rasenfunk macht, und den vielen guten Rückmeldungen, die wir bekommen. Und dann ist das Thema halt gut: Fußball ist ein geiles Spiel. Punkt. In einer perfekten Welt könnte man vielleicht mal vom Rasenfunk leben, aber ich bin weit davon entfernt, damit zu rechnen. Auch so profitiere ich aber auch beruflich von der Arbeit, die ich hineinstecke. Ich kann mich als Moderator verbessern und bewege mich in einem der aktuell spannendsten Felder digitaler Inhalte. Und immer wieder meldet sich halt auch der zehnjährige Max in mir zu Wort und treibt mich ans Mikro. Denn der wollte immer beim Radio arbeiten, am liebsten natürlich als Fußballkommentator.

Im Grunde arbeitet ihr beiden mindestens sehr ähnlich wie viele Sportjournalisten. Die können davon leben, ihr investiert eure Freizeit. Ärgert dich das manchmal?
Überhaupt nicht. Eher bin ich sogar froh, nicht mehr vom Sportjournalismus abhängig zu sein. Der Druck in der Branche ist sehr hoch, die Arbeit viel weniger befriedigend als sich viele Fußballfans das sicher vorstellen. Und ich sehe auch viele Entwicklungen im Sportjournalismus sehr kritisch – da ist es ganz angenehm, nur die Fußspitze ins Becken zu halten und nicht den Köpfer vom Zehnmeterturm machen zu müssen.

Die User fragen oft, ob sie euch finanziell unterstützen können. Bislang verzichtet ihr völlig auf Crowdfunding oder ähnliches. Warum eigentlich?
Ich bin bisher in diesem Interview nicht als jemand aufgefallen, der sich kurz fasst. Mit der Frage machst du mir das fast unmöglich. Lass es mich so gut verkürzen, wie es geht. Drei Gründe. Erstens: Wegen Job und Familie kann es jederzeit passieren, dass der Rasenfunk mal für kürzer oder länger ausfällt. Ich für meinen Teil möchte dann nicht das Gefühl haben, mit einer Anspruchshaltung der Hörer zu kollidieren, die durch finanzielle Unterstützung ihrerseits untermauert ist. Zweitens: Wir machen das als Hobby und nicht, um damit Geld zu verdienen. Als die Fragen nach Unterstützung immer lauter wurden, haben wir deshalb unsere Hörer gebeten denjenigen Betrag einfach einer guten Sache zukommen zu lassen, den sie eigentlich uns spenden wollten. Eine Win-Win-Win-Situation, wenn du mich fragst. Drittens: Ich für meinen Teil kann noch gar nicht sagen, wo es mit dem Rasenfunk hingehen soll. Eventuell spielt eine Finanzierung durch die Hörer irgendwann mal eine Rolle, derzeit aber wollten wir das Ding erstmal eine Saison lang durchziehen, um zu sehen, wie es sich mit meinem Alltag verbinden lässt. Alle Kosten haben wir bisher gerne selbst getragen. Für die Zukunft probieren wir aber vielleicht einfach mal aus, was an Unterstützung überhaupt reinkommen würde. Gibt noch genügend Dinge, in die wir investieren können, um den Podcast noch besser für die Hörer zu machen. Und dafür sollte solches Geld dann ja auch verwendet werden.

Mein Eindruck ist, viele Vereine nehmen es kaum wahr, wie stark sich alternative Formate zur Fußballberichterstattung im Netz entwickeln. Ist das ein Versäumnis?
Die Antwort auf diese Frage ist wie ein Foul an der Strafraumkante: Jeder Spieler auf dem Feld hat einen anderen Blickwinkel darauf und deshalb eine eigene Meinung dazu. Ich gebe mal den neutralen Schiedsrichter und versuche es möglichst objektiv: Generell sind Bundesligavereine nicht als Early Adopter bekannt, sie müssen das aber vielleicht in vielen Dingen auch nicht sein. Ich glaube nicht, dass ein Projekt wie der Rasenfunk in deutschen Bundesligageschäftsstellen für Epiphanien sorgt. Tritt man allerdings einen Schritt zurück, ist das Bild ein anderes. Die immer noch vorherrschende Meinung, das Internet bestünde nur aus dem, was wir in den Kommentaren unter Facebookpostings lesen, ärgert mich. Denn sie wird den vielen positiven Dingen nicht gerecht, die es dort eben auch gibt. Und von diesem Standpunkt aus betrachtet wäre es sehr wichtig, dass Bundesligavereine auch Blogs, Podcasts und andere Projekte kennen. Einfach, weil es ihren etwas einseitigen Blick auf das Internet erweitern könnte.

Vielen Dank für das Gespräch!

Im vierten Teil von Nachgefragt bei… spreche ich mit Fenna, Rheina und Zazie von der Genussliga.

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