Vergiftete Hoffnung: Eine Katze für Luca

Ein halbes Jahr ist es her, dass Vergiftete Hoffnung im Societäts-Verlag erschienen ist. Es war ein halbes Jahr, in dem ich keine Lesungen halten konnte, in dem das Buch deshalb auch viel weniger sichtbar war, als 2018 der Vorgänger Im Schatten der Arena. Im März veröffentliche ich deshalb vier Ausschnitte aus dem 05-Krimi. Begleitet werden diese von den eingelesenen Kapiteln.

„Mama?“
„Was denn, Cookie?“
„Möchtest du ein Mädchen oder einen Jungen?“
„Ich bin mit dir ganz zufrieden.“
„Orrr. Mama. Ich meine die Katze.“
„Da bin ich mit Obama ganz zufrieden.“
„Mama. Du bist unmöglich.“
Jo betrachtet den zappelnden Luca im Rückspiegel und muss über seine offensichtliche Ungeduld lachen.

„Hör mal, Cookie. Ich habe dir das mit der Katze noch nicht fest versprochen, okay? Es ist also nicht gesagt, dass wir da gleich mit einem neuen Mitbewohner aus dem Tierheim rausgehen.“ „Es ist aber auch nicht gesagt, dass wir es nicht machen.“
Jo grinst.
„Also, willst du ein Mädchen oder einen Jungen, Mama?“ „Ich bin mit meinem Jungshaushalt eigentlich ganz zufrieden. Du, Obama und ich – das klappt ganz gut, was meinst du?“

„Und Hans.“
„…“
„Mama?“
„Hm?“
„Warum hast du ein eigenes Zimmer und ich habe ein eigenes Zimmer und Hans hat kein eigenes Zimmer? Er weiß gar nicht, wo er seine Sachen hintun soll, wenn er bei uns ist.“
„Hat er das gesagt?“
Luca grübelt angestrengt.
„Cookie?“
„Du darfst nicht mit ihm schimpfen.“
„Wieso sollte ich mit Hans schimpfen?“
„Er sagt, du bist sauer, wenn er ein eigenes Zimmer will.“
„Sagt er das, hm.“
Nicken.
„Schau mal, Luca, als wir in die Wohnung gezogen sind, da gab es Hans doch noch gar nicht. Erinnerst du dich?“
„Ja. Da gab es Jonas.“
Jo beißt sich heftig auf die Unterlippe. „Stimmt, da gab es Jonas.“

Die plötzliche Erwähnung ihres besten Freundes versetzt ihr einen Stich. Sie macht eine mentale Notiz, in den kommenden Tagen zu seinem Baum im Friedwald zu fahren.
„Jonas hatte auch kein eigenes Zimmer, Mama.“
„Nein. Er hatte eine eigene Wohnung. Genau wie Hans.“ „Hast du ein Zimmer in Hans’ Wohnung?“
„Nein. Die ist dafür auch viel zu klein.“
„Und unsere ist zu klein für ein Hans-Zimmer.“
„Stimmt.“
Luca zwirbelt mit den Haaren in seinen Locken.
„Mama.“
„Was denn, Cookie?“
„Hättest du gerne eine andere Wohnung?“
„Wie meinst du das?“
„Eine für uns alle. Mit Hans?“
„Hättest du das denn gerne?“

Jo fährt auf den Stellplatz neben dem Tierheim und dreht sich zu ihrem Sohn um. Luca betrachtet angestrengt seine Nägel, von denen die dunkelgrüne Farbe schon fast vollständig abgeblättert ist. Sie macht eine weitere gedankliche Notiz, schwarzen Lack zu besorgen. Den hat er sich als nächstes gewünscht und sie weiß, der Zwerg wird sie an die alte Farbe nicht ranlassen, ohne, dass sie neue besorgt hat, die sie ihm anschließend aufträgt.

„Ich mag Hans echt gerne, Mama.“
Sie drückt ihrem Sohn die feuchte Hand. „Ich auch.“
„Aber ist es okay, wenn ich keine andere Wohnung will? Auch, wenn Hans dann traurig ist?“
Jo quetscht sich so gut es geht zwischen den Sitzlehnen hindurch, um Luca zu umarmen. „Natürlich ist das okay, Cookie.“
Er schnieft.
„Und Hans ist auch gar nicht traurig.“
„Doch.“
„Nein. Mach dir keine Sorgen.“
„Aber er hat es mir gesagt.“
Jos Herz setzt einen Schlag aus. Sie nimmt das Gesicht ihres Sohnes in beide Hände. „Was hat er gesagt?“
„Dass er traurig ist, weil er nicht bei uns wohnen darf.“
Zähneknirschen.
„Als du weg warst.“
„Cookie. Das war nicht in Ordnung von Hans.“
„Du darfst nicht mit ihm schimpfen.“
Etwas in Jos Brust explodiert.
„Werde ich nicht, versprochen. Aber du darfst nicht mehr traurig sein, okay? Das ist ein Erwachsenenthema. Und Hans hätte nicht mit dir darüber sprechen dürfen. Ich rede mit ihm.“

„Mama, bist du sauer?“
„Auf keinen Fall.“
So viele Lügen. Und so viel Wut. Als Jo mit Luca an der Hand auf das Tor der Tierhelfer zustapft, ist ihr ein bisschen schwindelig. Sie könnte Hans umbringen für das, was er getan hat. Wie kann er es wagen, ihren Sohn in diese Diskussion hineinzuziehen? Das ist astreine Erpressung. Sie muss unbedingt mit ihm reden.
Als Jo die gusseiserne Klingel drückt, brummt ihr Handy. Sie zieht es ein Stück aus der Jackentasche, um aufs Display zu schauen. Es ist eine Nachricht von Adam. „Du fehlst.“
Mist.
Mist.
Mist.

Vergiftete Hoffnung, Kapitel 6

aus: Vergiftete Hoffnung, Mainz 05-Krimi | Kapitel 6

Das Buch kann über jede Buchhandlung bezogen werden. Online ist es u.a. erhältlich im Shop der Autorenwelt.

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