Wortpiratin zum Fünften

Es gehört zu den gar nicht so geheimen Geheimnissen des Älterwerdens, dass die Zeit immer schneller verstreicht, denn sie muss ja… Beim diesjährigen Jahreswechsel aber habe ich den Kalender doch besonders lange angeschaut. Nicht nur, dass da ein Jahr wie zehn hinter mir liegt, mit den wunderbarsten Glücksmomenten – wie großartig ist denn bitte heiraten? – ebenso wie unglaublich schmerzhaften Abschieden. Nein, dieses anbrechende 2018 schien mir noch etwas Anderes signalisieren zu wollen. Irgendwann begriff ich, verrückt: Ich starte damit in das fünfte Jahr meiner Selbständigkeit.

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Im Frühsommer 2013 hatte ich mich nach einem jobtechnisch komplizierten halben Jahr noch ganz selbstverständlich in einen echten Bewerbungsmarathon geworfen. Nebenher schrieben Christian Karn und ich an „111 Gründe, Mainz 05 zu lieben“ und ich nahm den einen oder anderen Auftrag an, der ganz von selbst bei mir landete. Aber Freiberuflerin zu werden, dieser Gedanke war so weit weg, dass er nicht einmal als vage Idee taugte.

Irgendwann im Herbst sollte sich das ändern und ich erinnere mich noch gut an den Moment, oder besser, die beiden Momente. Zunächst fuhr ich mal wieder von einem Vorstellungsgespräch nach Hause, bei dem ich das ungute Gefühl bekommen hatte, um den Job zu kriegen, müsste ich mich kleinmachen. „Sie sind auf dem Gebiet schon extrem kompetent“, das hatte ich mehr als einmal wie einen Vorwurf von potentiellen Chefs gehört, die sich damit sichtlich unwohl fühlten. Ich war aber nicht bereit, mich kleinzumachen. Ich wollte mich strecken, wachsen, ich wollte das einbringen, was ich kann, ohne mir Gedanken machen zu müssen, damit an Egos zu kratzen. Ich war genervt.

Unterwegs bekam ich einen Anruf: „Die Autorenexemplare unseres Buchs sind da!“ Zum ersten Mal ein eigenes Buch in den Händen zu halten, das war unbeschreiblich. (Und ich ahnte damals noch nicht, wie viel besser sich das erste alleinige fühlen würde.) Plötzlich hatte ich das Gefühl, nein, ich wusste: Ich kann alles schaffen.

Meine Bücher

Ich stürzte mich in die Vorbereitungen. Was auch immer das Arbeitsamt an Publikationen zum Thema Selbständigkeit veröffentlicht hat, ich habe es gelesen. Ich belegte Kurse (in denen leider nur die Inhalte eben jener Publikationen wiedergekäut wurden), ich besorgte Formulare, ich las mich ein. Ich erkundigte mich bei Verbänden und Organisationen, ich erduldete ein Gespräch, in dem die Beraterin mir sagte, ich sei „zu ambitioniert und unter Strom“, um mich selbständig zu machen: „Da schalten Sie ja nie ab.“

Ich zweifelte, ich hinterfragte meinen eingeschlagenen Weg. Ich dachte an meinen Paps, der seine Selbständigkeit geliebt hatte. Würde er mir helfen können, meine nagenden Zweifel zu zerstreuen? Ich begriff, dass ich meine Entscheidung ja längst getroffen hatte. Ich suchte mir Hilfe und fand sie im Businessplan einer befreundeten Kollegin, der mich gerade in jenen Belangen, die mir selbst schwerfielen, als Leitfaden durch die nächsten Wochen begleitete.

Ich beantragte einen Gründungszuschuss und legte den 30. Dezember als das Datum fest, an dem alles ganz offiziell beginnen sollte. Ich machte mitten im Chaos Urlaub, stellte einfach Arbeit und Vorbereitungen ein, weil Kopf und Körper eine Pause brauchten, weil ich das von Anfang an üben wollte, auch abzuschalten (ich übe es noch immer, mit wechselndem Erfolg). Ich kehrte zurück an meinen Schreibtisch und realisierte, was noch alles zu tun war. Ich ließ mir ein wunderbares Logo basten und grübelte über eine Homepage, ich leierte alte Kontakte an und begann endlich, endlich zu schreiben. Und damit habe ich seither nicht aufgehört.

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Ich habe vor fünf Jahren Mut gefasst und seither sehr viel Glück gehabt. Es war einerseits sicher jenes der Tüchtigen, es war aber auch das große Glück, Menschen zu finden, die ihr Vertrauen in mich setzen, die Lust haben, mit mir zu arbeiten, die mir Freiräume geben, die mit Ideen auf mich zukommen und mich seitdem auf meinem Weg begleiteten. Ihnen gelten mein Dank und meine Verbundenheit: You know who you are. Ich habe Texte geschrieben, Aufgaben übernommen und Projekte gestaltet, an die ich vor fünf Jahren niemals gedacht hätte. Ich habe meinen Job immer gerne gemacht, aber heute liebe ich ihn auf eine Weise, die ich in den Jahren zuvor nicht kannte, die mich erfüllt und glücklich macht. Auf die nächsten 50 Jahre. I am ready.

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