Mainz 05: Fehler, die sich wiederholen

Als die damals Verantwortlichen des 1. FSV Mainz 05 am 10. November 2019 die Trennung von ihrem Cheftrainer Sandro Schwarz verkündeten, erklärte Rouven Schröder, der Schritt sei „eine Niederlage, die alle Verantwortlichen betreffe“. In der Pressekonferenz an jenem Sonntag ließ der einstige Sportvorstand sich nur so halb entlocken, wer bei den intensiven Gesprächen, an deren Ende laut Vereinsmitteilung die „einvernehmliche Trennung“ stand, den entscheidenden Schritt gemacht hatte. Letztlich fühlte sich das Auseinandergehen an, wie das Ende eines Abnutzungskampfes, in dem viele Fehler passiert waren.

Identifikationsfiguren, die am Ende gehen mussten: Svensson und Schwarz. (Foto: Imago/Koch)

Der einstige Spieler Schwarz, bei Amtsantritt von den älteren Fans – damit meine ich nicht qua Personalausweis, sondern in Sachen Vereinszugehörigkeit – begeistert aufgenommen, hatte sich im erweiterten 05-Umfeld nie den Rückhalt erarbeiten können, der nötig schien, damit dieses sich in einer echten Krise geschlossen hinter ihn stellte. Der Vorwurf dafür ging damals an die Vereinsführung, die es in turbulenten Zeiten nicht geschafft hatte, den Coach zu befreien vom vermeintlichen Makel, mit der Zweiten Mannschaft aus der 3. Liga abgestiegen zu sein. Immer wieder wurde Schwarz von außen darauf reduziert.

Wie ein Autounfall, der zum zweiten Mal passiert

Als Schröder & Co. damit begannen, den Trainer fürs Umfeld zum einen sichtbar zu stärken, ihn zum anderen aber mit den Anhänger*innen unter anderem bei einem Fanabend in den Austausch zu bringen, war es bereits zu spät. Das in Teilen schwierig gewordene Umfeld des Clubs verweigerte sich dem Zusammenhalt – und Schröder benannte genau das bei jener PK im November 2019 als einen der Gründe, warum es gemeinsam nicht weitergehe.

Von Anfang an keine gute Lobby: Ex-Trainer Sandro Schwarz. (Screenshot: M05)

In gewisser Weise fühlen sich die letzten Wochen an, als habe man denselben Verkehrsunfall ein weiteres Mal beobachtet. Allerdings unter völlig anderen Vorzeichen, was die Sache noch unverständlicher macht. Schröder musste sich nach der Trennung von Schwarz den Vorwurf gefallen lassen, er sei vom „Mainzer Weg“ abgewichen, nachdem er sich diesem doch einige Jahre zuvor scheinbar auch verpflichtet hatte, als er nämlich nach fünf Niederlagen am Stück im Saisonendspurt an Trainer Martin Schmidt festhielt und man so den Klassenerhalt schaffte.

Die Parallelen der Entwicklung zu 2019 sind auffällig

Im November 2023 sind bei Mainz 05 aber Menschen in der Verantwortung, die den Mainzer Weg quasi erfunden haben. Und natürlich kann man nach der offiziellen Kommunikation der letzten Stunden sagen, dieser wurde doch gar nicht verlassen, denn was können Heidel und Schmidt dafür, dass Bo Svensson von seinem Amt zurücktritt. Die Frage muss aber doch sein, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Und da sind die Parallelen zu 2019 frappierend.

Wer den zunehmend mitgenommenen Svensson in den zurückliegenden Wochen, ob analog oder digital, bei den Pressekonferenzen erlebte, stellte sich irgendwann die Frage, wieso der Trainer auf dem Podium keine Unterstützung erhielt. Es ist in unruhigen Zeiten schließlich nicht unüblich, dass auch ein Sportverantwortlicher dort Platz nimmt, um Fragen abzufedern, die sich um die Zukunft des Coaches drehen. In der Mitgliederversammlung hat Christian Heidel am Montag gesagt, kein Journalist traue sich, ihm die Trainerfrage zu stellen. Seinem Coach aber wurde sie permanent gestellt, anfangs in Sachen Verlängerung des Vertrages, später in der Erwartung, er möge die eigene Tauglichkeit bewerten. Warum hat man ihn mit diesem Thema Woche für Woche alleine gelassen?

Svensson und Schwarz: Selbst ihre stärksten Kritiker

Was Svensson und Schwarz typmäßig sicherlich eint, ist die Tatsache, dass keine Kritik oder Analyse von außen härter mit ihnen umspringen kann als jene, die beide im Inneren selbst anlegen. Das Gefühl, vollumfänglich für eine Situation verantwortlich zu sein und in einer Krise immer wieder zuerst und mit voller Härte bei sich selbst anzusetzen, kann lähmend sein. Es ist eine Lähmung, die sich bei beiden Trainern in der Schlussphase ihrer Tätigkeit bei Mainz 05 beobachten ließ – und aus der ihnen nicht herausgeholfen wurde.

Am Ende alleine gelassen? Ex-Trainer Bo Svensson vorm Pokalspiel. (Screenshot: M05)

Natürlich kann man in beiden Fällen auch trefflich darüber streiten, ob die Trennungen nicht notwendig waren, ob neue Impuls nicht doch hilfreich sind, ob die These von einem Mainzer Weg, der beinhaltet, gemeinsam in die Krise hinein und aus ihr herauszugehen im heutigen Fußball einfach keinen Platz mehr hat. Man kann sich dann aber auch fragen, was die Identität eines Clubs wie Mainz ausmachen soll, wenn nicht diese inneren Besonderheiten. Und auf diese Frage sollten die Verantwortlichen möglichst ein paar Antworten finden. Denn wenn selbst Bo Svensson, der sich seit 16 Jahren als 05er versteht, der den Verein mit jeder Faser seines Wesens lebt, der ihn aus einer schier unmöglichen Situation im Winter vor drei Jahren gerettet hat, wenn also selbst dieser Trainer und Mensch im erweiterten Umfeld des Clubs in der ersten ernsthaften Krise seiner Amtszeit so wenig Kredit hat, wie zuletzt zu beobachten war: Wer hat hier dann überhaupt noch über eine guten Tag hinaus Kredit?

Und natürlich spielt die Frage nach diesem Kredit eine Rolle für das, was passiert ist, denn es braucht nun wirklich niemand glauben, dass ein Trainer zurücktritt, der spürt, er ist getragen im Vertrauen und es gibt eine Basis für den gemeinsamen Weg aus der Krise.

Woher soll die notwendige positive Wucht kommen?

Als Christian Heidel im Dezember 2020 zurückgekehrt ist zu 05 hat er offen darüber geredet, wie verändert er das Umfeld des Clubs wahrnehme. In seiner Amtszeit seither betont er ab und an, die Fans hätten sich wieder hinter 05 versammelt, er nehme in der Stadt eine ganz andere Stimmung hinsichtlich des Vereins wahr. Am Montag bei der Mitgliederversammlung bedankte er sich sogar für das gute Gespür der 05-Anhänger*innenschaft in der schwierige Situation. Das klang da schon, als sei der Wunsch Vater dieses Gedankens. Der Vergleich zur Lage des Vereins kurz vor der Trennung von Schwarz wurde an jenem Abend auch gezogen, allerdings von Fanseite. Die Verantwortlichen selbst können ihn vielleicht nicht ziehen, weil sie damals nicht in Verantwortung waren und sich die Vorgänge im Nachhinein womöglich nicht erarbeitet haben. Anders jedenfalls ist nur schwierig zu erklären, wieso niemandem die Parallelen aufgefallen sind, als die Sache noch zu retten gewesen wäre.

Nach der Trennung von Schwarz haben es die Spieler um Kapitän Danny Latza damals geschafft, sich aus dem Gefühl der Ohnmacht zu befreien, ihren Trainer komplett im Stich gelassen zu haben – und eine kurzzeitige Leistungsexplosion hingelegt. Langfristig war die Trennung von Schwarz dennoch der Auftakt in eine in der 1. Liga beispiellose Vereinskrise im Innen und Außen, die erst gestoppt wurde, als Christian Heidel, Martin Schmidt und Bo Svensson wieder zu Mainz 05 kamen. Damals war es die ungebremste Euphorie über die Rückkehr der drei Identifikationsfiguren, von der die Kraft ausging, diese schier ausweglose Krise gemeinsam zu meistern.

Wovon genau soll eine ähnliche positive Wucht, die ja zweifellos nötig ist, jetzt ausgehen? Es ist eine Frage, auf die Antworten besser gestern als heute gefunden werden müssen. Ebenso wie auf diese: Wenn die Ansage lautet, der Verein steht über allem und allen – was ja nicht falsch ist: Wofür genau möchte Mainz 05 in Zukunft stehen?

Die Woche am Bruchweg (23/8): Was zählt, sind Inhalte

Es ist nicht ungewöhnlich für Coach Bo Svensson, dass er auf Themen aus länger zurückliegenden Pressekonferenzen zurückkommt, wenn diese aus seiner Sicht zu einer aktuellen Fragestellung passen. So war das auch am Donnerstag, als der 05-Trainer nach dem aktuell guten Lauf seiner Mannschaft gefragt wurde – und wohin das noch führen könne.

Trainer Bo Svensson bei der Pressekonferenz am Donnerstag. (Screenshot: YouTube Mainz 05)

Mit einem kleinen Lächeln erinnert er daran, dass vor dem letzten Heimspiel gegen Augsburg das Thema noch gewesen sei, ob die Partie womöglich zum Befreiungsschlag für ihn und sein Team werden könne. Svensson hatte das damals mit einem Lachen quittiert und daran erinnert, auch nach dem Sieg gegen Bochum im vorangegangenen Heimspiel sei das Wort Befreiungsschlag gefallen – nach den Niederlagen gegen Bayern München (DFB-Pokal) und Union Berlin habe das jedoch alles schnell gänzlich anders geklungen.

Mit der Schnelllebigkeit des Business kann der Coach nichts anfangen. „Es ist meine Aufgabe als Trainer, inhaltlich zu analysieren“, war denn auch schließlich seine Antwort auf die Frage nach einem vermeintlichen Lauf. Da bleibe aus seiner Sicht festzuhalten, das Team habe sein selbst gestecktes Ziel, stabiler und konstanter zu sein, zuletzt erreicht. Hier müsse man weiterarbeiten.

Bemerkenswert war nach dem Spiel in Leverkusen sicher, was der eingewechselte Aarón Martín zu Protokoll gab: Man habe den Sieg einfach mehr gewollt als der Gegner. Klingt erstmal nach keiner besonderen Aussage, wer aber zurückschaut auf vergangene Niederlagen, wird feststellen, wie oft die 05-Spieler genau das Gegenteil festgehalten haben: Das gegnerische Team, hieß es da, habe den Sieg am Ende mehr gewollt. Es ist letztlich eine Mentalitätsfrage, wer den Extrameter geht, sich bis zuletzt aufreibt für die Mannschaft, von der Bank mit hundert Prozent Motivation in die Partie eingreift.

Die Mentalität der Mannschaft war nicht erst seit der Rückkehr von Bo Svensson an den Rhein in den zurückliegenden Jahren immer wieder mal schwankend. Bis zu einem gewissen Punkt lässt sich das nicht vermeiden, weil wir alle gute und schlechte Tage und Phasen haben. Menschlich. Schwierig wird es aber, wenn diese Phasen scheinbar bei allen Spielern im Team synchronisiert sind und nicht der eine mit besserem Lauf den anderen im Durchhängen abfedern und mitziehen kann.

Dreierkette, anno 1983, als ich noch Fastnacht gefeiert habe. (Foto: privat)

Jedes Mannschaftsgefüge ist ein lebender Organismus, in dem es auf viele Kleinigkeiten ankommt. Es ist besonders der Trainer, der Weichenstellungen vornehmen kann, aber auch Führungsspieler tragen Verantwortung. Mir persönlich hat Karim Onisiwo in der Rolle als Kapitän sehr gut gefallen und ich hatte den Eindruck, er wird davon eher beflügelt, wohingegen ich mich bei Silvan Widmer das eine oder andere Mal gefragt habe, ob sie ihn womöglich beschwert. Die letzten Spiele haben zudem mal wieder gezeigt, wie wertvoll Leandro Barreiro in guter Form für sein Team ist. Über Lee ist zurecht viel gesprochen worden. Anton Stach kommt nach und nach zurück auf das Niveau vor seiner Ausfallzeit. Die Dreier- bzw. Fünferkette hat sich zuletzt sehr reibungslos gefunden.

Spannend wird vor allem, was Bo Svensson im Tor macht. Um die Entscheidung, ob er den zuletzt starken Finn Dahmen im Kasten lässt, oder den wieder genesenen Robin Zentner zurückholt, der bis zu seiner Verletzung eine ebenfalls starke Saison gespielt hat, beneide ich den Trainer nicht. Zwei so starke Keeper mit unterschiedlich nuancierten Fähigkeiten im Kader zu haben, ist je nach Situation Fluch und Segen. Allerdings haben auch andere Spieler zuletzt ungewohnte Bankzeiten in Kauf nehmen müssen und waren trotzdem ein erkennbar wichtiger Teil des Teams, jederzeit bereit, ins Feld zurückzukehren. Auch das ist eine Stärke dieser Mannschaft, die sich gerade sehr deutlich herausgebildet hat.

Die Woche am Bruchweg (23/6): Alles fürs Fanprojekt!

Werte Freund*innen der gepflegten Fußballunterhaltung, leider muss dieses wöchentliche Format in der gewohnten Form ausfallen, because life (and death, actually). Wo ihr aber schon mal hier seid, in aller Kürze: Bitte unterstützt die tolle Arbeit des unabhängigen Fanprojekts Mainz. Denn was Thomas Beckmann und seine Crew in Sachen Jugend- und Sozialarbeit leisten, ist unfassbar wichtig.

Fanprojektleiter Thomas Beckmann.

Der angekündigte Rückzug des Landkreises wird ein brutales Loch in die Kasse reißen, auch, weil jede kommunale Förderung vom Verband in derselben Höhe draufgelegt wird. Dem Fanprojekt Mainz e. V., das unabhängig vom Verein Mainz 05 ist, werden deshalb insgesamt 44.000 Euro fehlen, 22.000 Euro vom Kreis Mainz-Bingen und weitere 22.000 Euro von der DFL. Das gefährdet die umfassende Arbeit – und natürlich die bislang bestehenden Stellen. Bitte informiert euch und wenn ihr könnt: Spendet, teilt entsprechende Aufrufe und bringt euch in die Diskussion ein. Vielen Dank!

Wer dem Fanprojekt finanziell helfen mag und kann, tut das am besten mit einer Mitgliedschaft im Förderverein sowie einer Spende an denselben. Mitgliedsantrag und Kontodaten finden sich hier.

Die Woche am Bruchweg (23/4): 4x Yay, 2x Uff, Happy-End

Man könnte das Spiel von Mainz 05 gegen Bochum aufgrund der guten Bilanz gegen den VfL darauf verkürzen, zu sagen, es sei der richtige Gegner zur rechten Zeit gewesen. Das würde der Leistung der Rot-Weißen, die zum Auftakt der Rückrunde einen 5:2-Sieg einfuhren, aber nicht gerechnet. Die zeigten nämlich endlich mal nicht nur eine, sondern in der Summe zwei sehr stimmige Halbzeiten – und schienen ihre Lehren gezogen zu haben aus dem späten Nackenschlag gegen Borussia Dortmund.

Ein Faktor war dabei definitiv Stefan Bell als zentraler Innenverteidiger. Edimilson Fernandes hat unter Bo Svensson zwar eine tolle Entwicklung gemacht, doch die zentrale Rolle liegt ihm, zumindest bislang, weniger. Hier haben Bell oder Alexander Hack die bessere Präsenz. Auch der nach Gelbsperre zurückgekehrte Dominik Kohr wirkte mit seiner Energie als deutlicher Stabilisator. Wie wichtig er für das 05-Spiel ist, war unter der Woche schmerzhaft zu spüren – und am Samstag gut zu beobachten.

Interessant war, wie früh Svensson in dieser Partie wechselte. Die englische Woche mag ein Faktor gewesen sein dabei, Aymen Barkok und Anton Stach schon nach einer Stunde für Jae-Sung Lee und Leandro Barreiro zu bringen. Wie viel Schwung die Neuen dem Spiel gaben, darf dem sonst eher spät zur Ersatzbank greifenden Coach aber gern als Anregung dienen, generell eher zu rotieren.

In der Pressekonferenz am Freitag hatte der Trainer Barkok auf Nachfrage ein Sonderlob dafür ausgesprochen, dass dieser die richtigen Schlüsse aus einer für ihn enttäuschenden ersten Phase der Saison gezogen habe. Barkok und Barreiro seien die fittesten Spieler im Team, verriet er.

Bo Svensson in der Pressekonferenz am Freitag. (Screenshot: 05-YouTube-Kanal)

Der zweite Doppelwechsel indes – Maxim Leitsch und Danny da Costa kamen für Stefan Bell und Kapitän Silvan Widmer – brachte das Spiel fast zum Kippen. In der direkten Folge verkürzte der VfL Bochum mit Toren durch den Ex-Mainzer Kunde Malong und den eingewechselten Erhan Mašović auf 4:2, weil die 05-Abwehr noch unsortiert war.

Insbesondere die Herausnahme von Bell verwunderte im Spiel, Svensson klärte jedoch in der Pressekonferenz nach dem Spiel auf, dass der Verteidiger Probleme angezeigt hatte und er ihn sonst nicht ausgewechselt hätte. Die Rückkehr von Leitsch nach einer monatelangen Ausfallzeit durch eine körperliche und mentale Erschöpfung war ein emotionaler Augenblick an diesem Nachmittag, der nicht arm war an Gefühlsmomenten. Für Leitsch selbst dürfte es eine besondere Rolle gespielt haben, gerade gegen seinen Heimatverein zurückzukehren.

Mit dem 5:2 endete die längste Sieglosphase der Mainzer unter Bo Svensson (sechs Spiele, zuletzt gewann man am 11. Spieltag gegen Köln) – wie beim letzten Sieg, ebenfalls zuhause, schoss die Svensson-Elf fünf Tore. Dabei ragte einer sogar noch besonders heraus: Karim Onisiwo. Mit drei Toren (3:0, 4:0. 5:0) und einem Assist (vorm 2:0 durch Widmer) belohnte der nimmermüde Kämpfer und Läufer sich und sein Team gleichermaßen.

Mit einem perfekten Wert von 10,0 avancierte er (nicht nur bei) WhoScored zum Man of the Match. Das ist dem Österreicher auch deshalb so zu gönnen, weil seine unfassbare Bedeutung für das Spiel der 05er bei etlichen Beobachter*innen in anderen Partien viel zu kurz kommt; doch Offensivspieler zeichnen sich eben nicht nur durch ihre Tore aus …

Ich bin froh, dass ich das jetzt mal zusammengebracht habe.“

Karim Onisiwo über seinen ersten Hattrick

Vor dem Anpfiff stand der Spieltag in Mainz und anderswo ganz im Zeichen des Erinnerungstages im deutschen Fußball. Die Initiative „!Nie wieder“ erinnert damit alljährlich an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945. Dieses Jahr stehen besonders die Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Fokus. In Mainz finden, wie schon in den letzten Jahren, ganze „Erinnerungswochen“ statt, die unter anderem von Ente Bagdad organisiert werden. In deren Rahmen werde ich am Donnerstag, 2. Februar, im Haus am Dom die Podiumsdiskussion „Widerstand, Erinnerungskultur und Kurvenengagement“ mit Nora Hespers, Freddy Mo Wenner und Felix Tamsut moderieren.

Weltweit können Frauen immer noch nicht gleichberechtigt am Sport teilhaben. Auch im Fußball mussten und müssen sich die Frauen ihre Räume erst mühsam erarbeiten. Deshalb ist es wichtig, dass auch Aktive, Funktionäre und Fans Stellung beziehen, denn Fußball hat eine große gesellschaftliche Wirkung.“

Cäcilia Alsfasser, Aufsichtsratsmitglied 1. FSV Mainz 05

Nach dem Spiel wurde dann gleich doppelt und sogar mit Livemusik gefeiert: Bereits am Freitag hatte der Verein verkündet, dass die Partnerschaft zwischen Mainz 05 und der profine GmbH, die ursprünglich noch bis 2024 gesichert war, vorzeitig bis 2027 verlängert wurde und profine mit der Marke Kömmerling Hauptsponsor des FSV bleibt. Beide Parteien lobten die freundschaftliche und vertrauensvolle Partnerschaft, mit der auch eine enorme Planungssicherheit einhergehe. Das Bekenntnis zueinander bot Anlass für ein besonderes Fest, das Spiel brachte die Laune zuvor auf Betriebstemperatur.

Die Woche am Bruchweg (23/3): Baby it’s cold outside

Rückrunde, Baby! Ach nein: Restrunde, denn das Jahr 2023 beginnt natürlich mit der Fortsetzung der Hinrunde, in der noch zwei Partien zu spielen sind. Und das nach der (nur) gefühlt längsten Winterpause der Welt. Es sei fast ein wenig wie nach einer kompletten Sommervorbereitung, nun wieder zu starten, fasste ein gut gelaunter Bo Svensson bei der Pressekonferenz seine eigene Gefühlslage zusammen. Die Mannschaft sehe er in einer guten Verfassung, mutmaße aber, die Trainer der anderen Teams dürften das von ihren Truppen wohl ähnlich sehen. Zeit genug, um ein Themen zu beackern, Dinge neu zu justieren und Spieler zu verpflichten gab es jedenfalls in den zurückliegenden Wochen.

Trainer Bo Svensson in der Pressekonferenz am Donnerstag. (Screenshot: 05-Youtube-Kanal)

Bei Mainz 05 hat sich Neuzugang Andreas Schjølberg Hanche-Olsen laut seines Trainers in den ersten Tagen schon gut eingelebt. Die Ankunft des norwegischen Innenverteidigers in Mainz bescherte der Pressekonferenz am Donnerstag den Besuch eines Journalisten aus Hanche-Olsens Heimatland, der Svensson erstmal zur Verpflichtung eines norwegischen Spielers für die 05er gratulierte. Der Coach beschrieb ihm seinen neuen Spieler so: „He’s really a defender. He’s aggressive, he’s fast. (…) He’s certainly a player who doesn’t walk away from responsibility.“ Zudem sei Hanche-Olsen spürbar, dass es sein ausdrücklicher Wunsch war, nach Mainz zu kommen, erklärt der Coach, und skizziert den Verteidiger als intelligenten Jungen, offen und wissbegierig.

He’s certainly a player who doesn’t walk away from responsibility.

Bo Svensson über Andreas Hanche-Olsen

Der Neuzugang selbst hatte in der Medienrunde unter der Woche erklärt: „I would describe myself as a fighter.“ Den ersten Kontakt mit Svensson gab’s telefonisch bereits im Sommer, damals kam der Wechsel noch nicht zustande. An Mainz 05, so Hanche-Olsen, möge er das Familiäre und das der Club für etwas stehe. Mit Stürmer Burkardt trifft er zudem auf einen Spieler, dem er auf dem Feld schon gegenüberstand: In einer U21-Begegnung Deutschland gegen Norwegen. Sofern er sich erinnere, habe Norwegen gewonnen, erzählte der Neue heiter.

Neuzugang Hanche-Olsen im Interview auf dem Vereinskanal. (Screenshot: 05erTV)

Während also in der Verteidigung der erhoffte Neuzugang realisiert wurde, dünnt sich die Offensive gerade verletzungsbedingt selbst aus. Marlon Mustapha ist noch nicht zurück, Jonathan Burkardt kommt in der Reha laut Svensson voran, aber nicht so rasch, wie erhofft, Delano Burgzorg ist ebenfalls verletzt. Mit Blick auf mögliche Neuzugänge bleibt in einer solchen Situation freilich zu bedenken, dass die Spieler allesamt zurückkommen werden und der Kader auch dann noch ausgeglichen sein sollte.

Angesprochen auf die Frage, inwieweit in dieser Lage die jungen Spieler aushelfen können, erklärte Svensson, die Thematik ginge über den Ansatz hinaus, jemanden einfach mal so reinzuschmeißen. Die Nachwuchskicker haben unterschiedliche Stärken, so der Coach, und stünden an sehr verschiedenen Punkten ihrer Entwicklung. Fragen, die diese betreffen, seien im Zweifel wichtiger als ein momentaner Ausfall älterer Spieler, der im Kader ohnehin immer kompensierbar sein müsse. „Das zeigt ein bisschen, wie kompliziert das Thema ist.“

Die anstehenden englischen Wochen machen dem Trainer kein Kopfzerbrechen, gleichwohl er natürlich mit fünf Spielen in 14 Tagen besonders sorgfältig planen muss. Für den Aufbau der jeweiligen Woche mache es einen großen Unterschied, ob zwischen den Partien drei oder vier Tage liegen, erläuterte Svensson. Je nach dem falle der freie Tag mal aus oder sei gerade wichtig, liege der Schwerpunkt auf Training, Regeneration oder seien die Physios besonders gefragt. Die dürften derzeit auch noch an Robin Zentner arbeiten: Ob der Keeper am Samstag zwischen den Pfosten stehen kann, ist derzeit unklar.

Klar ist hingegen, es geht (endlich!) wieder los. Also alle auf in die Arena. Wir sehen und lesen uns.