05-Gegnerbetrachtung: Eintracht Frankfurt international

Das letzte Auswärtsspiel des 1. FSV Mainz 05 in dieser Saison bedeutet auch die vorerst letzte Folge der Gegnerbetrachtung. Diesmal beantwortet Stefan Groß von Polikick meine Fragen zu Eintracht Frankfurt.

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Ich im FittiHi Stefan, danke, dass du Zeit hast für die Gegnerbetrachtung. Eigentlich wärst du gerade vermutlich lieber in London, richtig? Wieso hat das nicht geklappt?

Klar wäre ich gerne in London, aber ich wohne hinter Stuttgart, der Weg nach Frankfurt ist weit und aufwändig, für mich zu viel, um eine Dauerkarte zu haben. Ich bin zwar Mitglied, aber ohne Dauerkarte ist die Chance auf Tickets bei nur 2235 Karten natürlich nahezu null. Das macht aber nichts, ich möchte gar nicht den Fans, die die ganzen Auswärtsreisen mitmachen, eine Karte wegnehmen, die Eintrachtfans haben bisher immer für Stimmung gesorgt und werden das auch weiterhin hervorragend machen, auch ohne mich. Ich habe daheim einen Beamer, ich schaue Fußball auf 2×3 Metern Bildfläche und DAZN sei Dank wird die Stadionatmosphäre super eingefangen, ich kann mich nicht also beklagen. Nur meinen Hund muss ich gelegentlich aussperren, denn ich schreie gerne rum oder jubele laut und ich werde hier ausgeschimpft, dass ich doch den Hund nicht so erschrecken soll. Und übrigens, englisches Wetter haben wir hier gerade auch.

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Nach einer überragenden Reise durch Europa ist für die Eintracht im Halbfinale leider Schluss. Ist das trotzdem die beste Saison, die du je mit deinem Verein hattest?

Natürlich ist das eine geile Saison, und gerade, weil es aktuell ist, könnte ich dazu neigen, diese Saison als die ultimative zu bezeichnen. Aber ich finde es schwer, verschiedene Saisons miteinander zu vergleichen. 1980 beim UEFA-Cup-Sieg habe ich zwar schon gelebt, aber ich war erst drei und habe das nicht mitbekommen. Aber Anfang der 90er, als die Eintracht den Fußball 2000 (Grüße an die Jungs beim Hessischen Rundfunk) gespielt hat, war natürlich auch eine tolle Zeit. Und im Teeniealter mit den Kumpels im alten G-Block zu stehen ist natürlich auch etwas Anderes, als jetzt auf der Couch zu sitzen. Ohne einen gewissen Alfons Berg aus Konz wäre das damals sicher die größte Saison ever gewesen, aber so würde ich sagen, liegen die beiden Saisons etwa gleichauf.

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Bekanntlich sucht der Verein sich ja deine Fans. Wie und wann hat die Eintracht dich gefunden und für sich begeistert?

Bei mir ist das ganz simpel. Ich wohne erst seit drei Jahren in Stuttgart, geboren und aufgewachsen bin ich in Frankfurt, danach habe ich zwei Jahre in Langen gelebt und dann in Stuttgart. Ich bin also mit der Eintracht aufgewachsen, mein Vater ist auch großer Eintrachtfan und hat mich schon als ich noch klein war mit ins Stadion genommen. Klassische Lokalpatriotismus-Sozialisation – und spätestens in der Teeniezeit mit den Kumpels im Stadion ist einem die Eintracht für immer ans Herz gewachsen.

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Auch über die Grenzen seines Vereins hinaus hat Peter Fischer in den letzten Monaten immer wieder Fußballfans begeistert, weil er Klartext spricht – auch politisch. Wie wichtig ist er für die Eintracht?

Peter ist eine absolute Identifikationsfigur. Dem Verein geht’s gut, die Mitgliederzahlen schießen in die Höhe und in viele Sportarten ist die Eintracht sehr erfolgreich. Die Eintracht ist Champions-League-Sieger! Okay, im Tischkicker, aber im Fußball sind wir ja auch auf einem guten Weg. Was aber natürlich toll ist, ist dass er oft Klartext redet. Die Fanszene in Frankfurt hat sich ja auch eher in eine linkere Richtung gedreht, da ist das natürlich super, wenn er dementsprechend auch seine Meinung so offensiv vertritt. Und Peter ist nicht der typische Funktionär. Ich schätze, bei euch ist das auch so, aber wenn ich Peter Fischer oder Fredi Bobic auf der Straße sehe, dann sind die beiden der Peter und der Fredi. Ich weiß nicht, wie das bei anderen Vereinen ist, aber ich kann mir bei Hopp oder Mintzlaff nicht vorstellen, dass die beiden der Dietmar und der Oliver sind. Der Peter, das ist eben einer von uns, wir sind alle die Eintracht und bei uns nimmt man es auch den Spielern ab, dass sie uns Fans geil finden. Wir sind einfach eine große Familie – und Peter hat mit Sicherheit einen großen Anteil daran.

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Du selbst bist auch politisch aktiv und hast unter anderem vor kurzem „Polikick – Der politische Fußballpodcast“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit drei Kollegen und einer bislang verschollenen Gastkollegin (hüstel) sprecht ihr über Fußball und Politik. Warum?

Fußball und Politik sind eigentlich völlig verschiedene Dinge – eines ist der Ernst des Lebens, das andere eine tolle Ablenkung davon –, aber es gibt auch viele Gemeinsamkeiten. Über beides lässt sich hitzig debattieren, es ist häufig sehr emotional und vor allem kann man sich hervorragend darüber aufregen. Für einen Podcast ist das ideal, allerdings möchten wir durchaus seriös sein. Vielleicht ähnlich wie die Tribünengespräche im Rasenfunk oder auch wie die Podcastkolleginnen bei FRÜF, nur eben mit politischem Bezug. Ein paar Beispielthemen für die nächsten Wochen: Auswirkungen auf den europäischen Fußball bei einem Brexit, Völkerverständigung im Fußball oder auch politisch-gesellschaftliche Themen wie Moral im Spitzenfußball, Stichwort Trainingslager in Doha und ähnliches.
Wir haben mit Ausnahme der verschollenen Gastkollegin (schnief) alle eine parteipolitische Vergangenheit, teilweise auch Gegenwart und vielleicht sogar Zukunft und sehen uns in der Lage, politische Zusammenhänge zu erkennen, zu deuten und zu erklären – und das deutlich über das normale Stammtischniveau hinaus. Und wir hoffen auch auf hochkarätige Gäste aus Politik und Gesellschaft, ob das klappt, werden wir sehen. Jedenfalls war Fußball auch immer schon politisch, ist meiner Meinung nach aber immer politischer, auch, weil jeder den Fußball für sich vereinnahmen will. Gerade jetzt, in Zeiten eines vermutlichen Rechtsrucks in Europa bei der kommenden Wahl, ist es wichtig, darüber zu reden. Ob „Spieltage gegen Rassismus“ seitens DFL und DFB nur Lippenbekenntnisse sind, weil da außer ein paar Bannern irgendwo nichts weiter passiert und sich bei diesem Thema ja auch gerne mal weggeduckt wird – Stichwort Freundschaftsspiel letztes Jahr in Tschechien glaube ich, als mitgereiste Deutsche mit Sieg Heil Rufen auffällig wurden, und zwar nicht gerade wenige. „Habe ich nicht gehört“ hieß es damals, was schon sehr peinlich ist. Im Gegensatz dazu lob ich mir einen Christian Streich und natürlich auch einen Peter Fischer, die sich ganz klar positionieren und sich nicht scheuen, den Mund aufzumachen. Aber bevor ich mich in Rage schreibe, schaut doch einfach mal auf polikick.de vorbei.

Durch und durch ein Podcast-Fan. (Foto: privat)

Durch und durch ein Podcast-Fan. (Foto: privat)

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Vor dem Spiel der Eintracht gegen Donezk gab es im Stadion eine Durchsuchung der von Ultras genutzten Räumlichkeiten und einen Polizeieinsatz im Block, der vielfach kritisiert wurde. Man hat den Eindruck, die Polizei testet an Fußballfans oft sowas wie Grenzen des Machbaren aus: Wie weit können wir gehen ohne Gegenwind. Wie beurteilst du das?

Ich könnte jetzt wie oben beim Podcast erwähnt ganz seriös sagen, dass ich das kritisch sehe, aber ich bevorzuge in diesem Kontext eher: riesengroße Scheiße. Hier gibt es gleich zwei Sachen zu betrachten: Die Frankfurter Polizei arbeitet mit Hochdruck daran, ihren Ruf zu ruinieren. Das Verhalten bei Demonstrationen, z.B. illegales Kesseln (Blockupy ist nicht so lange her) oder aktuell NSU 2.0, Frankfurter rechtsradikale Polizisten, die ihr Amt ausnutzen – und von einer Aufklärung dessen hören wir vom zuständigen Hessischen Innenminister Peter Beuth: nichts. Stattdessen gab es diesen völlig überzogenen Polizeieinsatz. Das ist jetzt allerdings kein ausschließliches Frankfurter Problem, das gibt es ja überall. Und wer Polizeikräfte im Stadion oder auf einer Demo mal aus der Nähe gesehen hat, der weiß, als Normalmensch kann ich denen nichts anhaben, die sind so stark gepanzert, da verpufft alles. Dank der grünen Farbe werden sie ja auch gerne Ninja Turtles genannt. Völlig unverständlich wieso 30 Beamte gegen einen Fan mit Gewalt vorgehen müssen, nur weil der sich etwas in den Weg stellt.
Nun ist es bei Innenministern ja oft so, dass es absolute Hardliner sind, nahezu alle, nicht nur die von der CDU. Einige dämliche Zeitungen und auch die Politik stellt den Fußballfan an sich gerne als Chaot und Randalierer dar, Pyro ist das Gefährlichste, was es gibt – und man kann heutzutage ja nicht mehr mit seinem Kind angstfrei ins Stadion gehen. Das ist natürlich Bullshit, aber es gibt mehr als genug Leute, die nie im Stadion sind – und die das glauben. Als Innenminister liegt der Gedanke nahe, sich sicherheitspolitisch profilieren zu können, wenn gegen Fußballfans vorgegangen wird. Dass dabei Menschen teils schwer verletzt werden, wie bei dem Einsatz in Frankfurt, wird in Kauf genommen. Ich bin sehr froh, dass das ein richtig großes Thema geworden ist und es auch ordentlich Gegenwind für Peter Beuth gab.
Auch nicht ins Bild passen solche Einsätze wie beim Spiel Magdeburg gegen Darmstadt, als die Einsatzkräfte dort Gästefans drangsaliert haben, hauptsächlich Rentner, Kinder und Menschen mit Handicap. Ja, die gehen nämlich ins Stadion, ohne Angst vor den Fans, Angst vor der Polizei ist eher berechtigt. Ich finde es aber toll, dass bei aller Rivalität zwischen Fans und Vereinen alle Fans zusammenstehen und sich solidarisch mit den Fans anderer Vereine geben. Allein das zeigt doch schon, dass alle Horrorgeschichten über Stadionbesuche übertrieben sind.

In der aktuellen des Eintrachtpodcasts war ich zu Gast. (Foto: Screenshot)

In der aktuellen Folge des Eintrachtpodcasts war ich zu Gast. (Foto: Screenshot)

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Zurück zum Fußball. Die Eintracht spielt eine beeindruckende Serie, mit einem Fußball, der wirklich toll anzuschauen ist. Hättest du vor der Saison damit gerechnet, dass es so gut läuft?

Ich war letztes Jahr beim Sommerfest des Eintrachtpodcasts und habe dort gesagt, der Pokalsieg ist so geil, das erlebt man nur alle 30 Jahre, ich wäre nicht mal böse, wenn die Mannschaft jetzt absteigt. Ich habe natürlich nicht mit einem Abstieg gerechnet, aber wer kann den ahnen, dass wir nach einer Pokalsiegsaison gleich nochmal eine Hammersaison hinlegen? Zumal mit dem Prince der Chef auf dem Platz weg ist und die ersten Ergebnisse im Supercup und Pokal nicht gerade positiv stimmten. Als Fan der Eintracht sind die Erwartungen immer hoch, aber wir sind auch Leiden gewohnt und zu oft sind unsere Hoffnungen enttäuscht worden, daher bleibt immer eine gewisse Skepsis. Umso geiler, wenn die Hoffnungen sogar deutlich übertroffen werden.

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Am Sonntag gab es allerdings eine ordentliche Packung in Leverkusen. Viele Fans waren der Auffassung, Hütter hätte sich mit einer zu defensiven und zusammengewürfelten Aufstellung vercoacht. Siehst du das auch so, oder geht dem Team auf der Zielgeraden die Luft aus?

Beides, allerdings hat die Klatsche in Leverkusen nix mit der Puste zu tun. Konditionell von Anpfiff an nicht mithalten zu können, ist ausgeschlossen, wenn das so wäre, hätten wir in der 2. Halbzeit ja nochmal acht Stück fangen müssen. Der Fehler liegt hier klar bei Hütter, die Taktik und die Aufstellung waren diesmal ein Flop. Ob das generell keine Taktik für die Eintracht ist oder das schnelle erste Tor auch einfach mit daran schuld ist, dass alles im Chaos endete, kann ich schwer beurteilen. Aber ich geh davon aus, dass Hütter sich vor seine Mannschaft stellt und das auf seine Kappe nimmt und es aus den Köpfen der Spieler raus ist. Aber klar, in der Rückrunde haben wir in der Euroleague jetzt 8 Spiele gehabt, auf Dauer geht das an die Substanz. Der Kader ist dann doch nicht ganz so breit, um das aufzufangen. Auch, wenn die Eintracht insgesamt nicht so enorm viele Kilometer läuft, ist das Spiel doch oft sehr kraftraubend, das hohe Pressing und das Gegenpressing erfordern viele kurze schnelle Sprints, der lange Ausfall von Haller sorgt dafür, dass die anderen Stürmer mehr Spielminuten und weniger Regenration haben. Ich bin froh, dass jetzt noch ein paar Spieler zurückkommen und es wieder mehr Möglichkeiten in der Aufstellung gibt.

Mainzer Fans beim Auswärtsspiel der Saison 2016/17. (Foto: Meenzer on Tour)

Mainzer Fans beim Auswärtsspiel der Saison 2016/17. (Foto: Meenzer on Tour)

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Weil im oberen Drittel der Tabelle alles recht eng ist, könnte im Saisonendspurt sogar die sicher geglaubte nächste Europasaison noch verspielt werden. Machst du dir Sorgen? Und wieviel von der aktuellen Traumsaison würde das emotional kaputtmachen?

Verstehe die Frage nicht, wir spielen doch gegen Mainz und in München, sind doch einfache 6 Punkte. Mal im Ernst, klar ist das möglich, und klar wäre das fürchterlich für uns Fans und den Verein (und für Fußballdeutschland, denn wenn wir raus sind bedeutet das ein Plastikverein mehr spielt dafür in Europa). Aber alle anderen müssen ebenfalls erstmal punkten und an uns vorbeigehen. Sich nicht zu qualifizieren, macht ja eher die nächste Saison kaputt, diese Saison mit der sensationellen Tour durch Europa kann uns keiner mehr nehmen.

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Das Halbfinale der Europa League zu erreichen, war ein riesiger Erfolg, dennoch dürfte der Frust übers Ausscheiden tief sitzen. Was bedeutet das für das Spiel am Sonntag, werden die Spieler Mainz wütend niederrennen, oder geht jetzt einfach gar nichts mehr?

Die Enttäuschung über das unglaublich knappe Ausscheiden ist natürlich riesig. Die Aufgabe von Hütter ist es jetzt, den Spielern das aus dem Kopf zu reden und sie stolz auf das zu machen, was sie erreicht haben. Halbfinale! Gleichauf mit Chelsea, die zu den zehn besten Mannschaften der Welt gehören. Und dann die Mannschaft du motivieren, das nächstes Jahr einfach erneut zu erleben und nochmal alles zu geben.
Also eigentlich sind die Vorzeichen dieses Spiels ja langweilig. Vierter gegen Zwölfter, für eine Mannschaft geht es um nix mehr, klingt nach einem harmlosen 2:0 Sommerkick. Es ist nur kein Sommer. Und es ist ein Derby. Wir haben bei Dortmund gegen Schalke gesehen, was die schlechter platzierte Mannschaft leisten kann, wenn es ein Derby ist, auch wenn ich ein Spiel gegen Mainz jetzt nicht als das ultimative Derby ansehe. Ihr seid ja nicht die Kickers. Aus meiner Sicht wird da viel zu hoch bewertet, die jahrzehntelangen Duelle, die so ein Trara rechtfertigen, sind mir entgangen. In der einen oder anderen Saison hat man aus Frankfurt vielleicht auch neidisch geschaut, was bei euch mit geringeren Mitteln möglich war. Nichtsdestotrotz mobilisiert das immer Kräfte, auf beiden Seiten. Wir haben den Druck, erfolgreich sein zu müssen, ihr könnt befreit aufspielen. Wir sind am Ende von zwei englischen Wochen mit einer Verlängerung, ihr konntet euch die ganze Woche vorbereiten. Aber wir haben die weltweit besten Fans, wir sind #12gegen11. Es ist das letzte Heimspiel der Saison, da möchte die Mannschaft natürlich nochmal drei Punkte holen. Auch wenn die Beine müde sind, wir wissen ja, es sind nur noch zwei Bundesligaspiele, es kommt keine englische Woche mehr, jetzt nochmal richtig Dampf auf den Kessel geben, der Urlaub für die Spieler ist ja schon absehbar.
Ich erkenne aber auch Parallelen zur Hinrunde. Sowohl in Hin- als auch in der Rückrunde war die Partie gegen Augsburg ein Bruch in unserem Spiel. Stimmten in der Hinrunde zumindest noch die Ergebnisse, so haben wir in der Rückrunde doch gegen Augsburg und Hertha schon Punkte liegengelassen, die schon fast sicher die Champions League bedeutet hätten. Und ich erinnere mich an das Spiel bei euch, unser Punktgewinn beim 2:2 war doch etwas glücklich, teilweise habt ihr uns schwindelig gespielt. Aber in der Hinrunde hat auch Hasebe nicht gespielt – und wie ihr da gesehen habt, kommen wir auch nach Rückständen immer wieder zurück. Und selbst, wenn wir schlecht spielen, unsere Verrückten können da vorne jederzeit aus dem Nichts ein Tor schießen. Ich glaube es wird ein gutes und kämpferisches Spiel.

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In welcher Formation wird Adi Hütter die Mannschaft im letzten Heimspiel auf den Rasen schicken? Wie geht das Spiel aus und welchen Tabellenplatz belegt ihr am Saisonende?

Trapp im Tor ist klar, davor eine Dreierkette aus Hinti, Abraham und Falette. Kostić und da Costa sind auch klar, auf der Sechs spielen Fernandes und Hasebe, weil Rode ja scheinbar langfristig ausfallen könnte, Gaćinović auf der Zehn. Im Sturm beginnen Haller und Jović. Haller wird früh im Spiel Jović ein Tor auflegen, ihr gleicht früh in der 2. Halbzeit aus. In der 60. kommen Rebić und Paciência für Haller und Gaćinović, beides Spieler mit richtig Motivation und Kampfkraft, die nochmal die ganze Mannschaft mitziehen. In der 78. kommt de Guzmán für Fernandes, nochmal ein frischer Mann, mit starker Präsenz im Mittelfeld und besserem Spielaufbau als Fernandes. In der 94. Zeigt Hasebe sein neuestes Lieblingshobby und kratzt einen Schuss von Quaison mit der Brust von der Linie. Während die Mainzer Spieler noch fälschlicherweise Handspiel reklamieren läuft der Frankfurter Konter, den Paciência nach einer Flanke von Kostić mit einem Flugkopfball zum 2:1 abschließt. Danach wird nicht wieder angepfiffen. Während die Mainzer Fans schon zu Hause angekommen sind hallt es immer noch durchs Waldstadion: Europas beste Mannschaft, Europas beste Mannschaft, Europas beste Mannschaft SGE!
Die Bayern holen leider die Meisterschaft am 33. Spieltag und schalten wie üblich im bedeutungslosen Spiel vorm Pokalfinale 3 Gänge zurück, wir holen uns das Spiel mit einem 3:1 Auswärtssieg und haben somit Platz 4 gesichert, während Leverkusen wie im Vorjahr Rang 4 nur durch die schlechtere Tordifferenz verpasst. Jubel, Trubel, Heiterkeit und nächste Saison gewinnen wir in Barcelona!

KOMPAKT
Eintracht Frankfurt ist der beste Club der Welt, weil … Freud und Leid so nah beisammen sind und genau dieses emotionale den Fußball ausmacht. Außerdem: beste Fans weltweit!
Was ich an unserem Stadion besonders liebe, ist … dass es Deutschlands lautestes Stadion ist.
Mein ewiger Lieblingsspieler ist eindeutig … Uli Stein. Uli war einfach eine coole Sau, wie er früher einfach die Hand gehoben hat, wenn er gesehen hat ein Ball geht am Tor vorbei, auch wenn es sausauknapp war.
Wer Frankfurt besucht, sollte unbedingt … Zeit mitbringen. Der Verkehr! Der ÖPNV! Zu Hilf!
Besonders lecker essen Gästefans … Worscht. Im Stadion wird Worscht gegessen und damit basta. Worscht! WORSCHT!

Vielen Dank für das Gespräch!
Vielen Dank, dass sich jemand für mein ewiges Geschwafel interessiert!

Im Gespräch mit dem Trainer der Meenzer Dynamites, Thomas Zeitz. (Foto: Malino Schust)

Im Gespräch mit dem Trainer der Meenzer Dynamites, Thomas Zeitz. (Foto: Malino Schust)

LETZTE WORTE
In der aktuellen Folge meiner Videokolumne für die Allgemeine Zeitung Mainz spreche ich mit dem Trainer der Handball-Damen, Thomas Zeitz. Die Meenzer Dynamites stehen aktuell vor dem Auftsieg in die 1. Liga und haben dafür nun auch ganz offiziell die Lizenz erhalten. Glückwunsch!

05-Gegnerbetrachtung: Hannovers letzter Schuss

Die Gegnerbetrachtung ist zurück. Vor jedem Auswärtsspiel des 1. FSV Mainz 05 spreche ich mit PodcasterInnen, JournalistInnen oder BloggerInnen aus dem Umfeld des gastgebenden Vereins. Diesmal beantwortet Tobias Groebner vom Hannover-96-Fanblog The Walking Red meine Fragen.

Tobias GroebnerLieber Tobias, danke, dass du dir die Zeit für meine Fragen zu Hannover 96 nimmst. Zum Einstieg ein beliebter Klassiker: Wie bist du zu deinem Verein gekommen? Und kannst du dich daran erinnern, was dich damals fasziniert hat?
Ich bin so etwas wie der Prototyp eines Erfolgsfans. Mein Interesse an Hannover 96 entstand durch die Pokalsaison 1991/92. Besonders die Siege gegen den SV Werder Bremen im Halbfinale und gegen Borussia Mönchengladbach im Finale haben mein Interesse an Hannover 96, das vorher nicht sonderlich ausgeprägt war, geweckt. So war ich in der Saison 1992/93 das erste Mal bei einem Spiel im Niedersachsenstadion. Es war ein 3:1-Heimsieg gegen den damaligen Aufsteiger VfL Wolfsburg. Fasziniert hat mich sofort die Atmosphäre im Stadion. Ich fand es toll, wie tausende Menschen gemeinsam jubeln, singen oder auch enttäuscht sind. Seit dem Jahr war ich ein regelmäßiger Gast zu den Heimspielen. Die echte Liebe entstand dann 1996/97 in der Regionalliga.

Was sollte man neben deiner Leidenschaft für Fußball und den Verein über dich wissen, womit beschäftigst du dich im Leben neben dem Platz?
Neben dem Platz beschäftige ich mich vor allem mit Zahlen und Prozessen. Das bringt mein Job im Controlling mit sich. Bei dem ganzen trockenen Stoff, ist dann der Fußball am Wochenende der perfekte Ausgleich. Nebenbei versuche ich mich noch ein wenig mit der Schreiberei. So begleite ich Hannover 96 seit nunmehr vier Jahren auch als Blogger.

Geboren als Roter. (Cover: Verlag)

Geboren als Roter. (Cover: Verlag)

Im vergangenen Jahr hast du auch ein Buch über deinen Verein geschrieben: Geboren als Roter – Warum wir Hannover 96 lieben. Was sind für dich die wichtigsten Gründe?
Weil 96 einfach ein geiler Verein ist. Auch wenn sich in den letzten Jahren vieles zum schlechten verändert hat, haben wir doch am 23. März gezeigt, wozu eine Fanszene fähig ist – und uns einfach mal den Verein zurückgeholt.

Ein Thema, mit dem wohl jeder Fußballfan Hannover 96 assoziiert, ist die 50+1-Regel und Martin Kinds Versuche, eine Sondergenehmigung zu bekommen. Kannst du für die Leser meines Blogs, die sich nicht im Detail mit der Situation in Hannover beschäftigen, erklären, wie die aktuellen Entwicklungen aussehen und was Kind im Gegensatz dazu wollte?
Martin Kind möchte für Hannover 96 eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel erwirken. Dazu hat er gemeinsam mit der Profispielbetriebsgesellschaft, deren Geschäftsführer er ist, und dem Verein, dessen Vorstandsvorsitzender er bisher gewesen ist, einen Antrag bei der DFL gestellt. Um eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen, hätte er nachweisen müssen, den Verein über 20 Jahre hinweg erheblich gefördert zu haben. Diesen Nachweis blieb er schuldig. So hat die DFL den Antrag abgelehnt. Daraufhin hat Kind das Schiedsgericht des DFB angerufen, wo noch ein Verfahren anhängig ist. Mit der Mitgliederversammlung des Breitensportvereins am 23. März endete die Ära Kind. Der Aufsichtsrat, der den Vorstand beruft, wurde neu gewählt. Sämtliche Plätze gingen an Kandidaten, die sich gegen die Abschaffung von 50+1 in Hannover ausgesprochen haben und deswegen von der aktiven Fanszene unterstützt wurden.

Der etwas andere Fanblog. (Grafik: The Walking Red)

Der etwas andere Fanblog. (Grafik: The Walking Red)

Du schreibst bei The Walking Red über Hannover 96 und gehörst zum Supporters Club Rote Kurve. Wie hat es sich bei dir entwickelt, dass der Fußball nicht nur in dieser Clubliebe eine Rolle spielt, sondern du dich auch aktiv in die Vereinsarbeit einbringst?
Mit dem Schreiben über 96 habe ich im Jahr 2015 angefangen. Die Gründe dafür sind schnell erzählt: Ich konnte die sehr einseitige Presseberichterstattung in Hannover nicht mehr kommentarlos hinnehmen und wollte einen Gegenpol bilden. Fanthemen sollten einen Platz bekommen – und haben das dadurch. In der Roten Kurve fange ich gerade an, aktiv zu werden. Das hat sich alles am Abend nach der Mitgliederversammlung ergeben. Die Neuausrichtung des Vereins möchte ich gern unterstützen und mich einbringen.

Im kürzlich berufenen neuen Vorstand des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. sitzen auch zwei Ehemalige der Roten Kurve. Wie beurteilst du die Zusammensetzung des Gremiums und welche Konsequenzen erhoffst du dir dadurch, dass sich die Anti-Kind-Fraktion nun die Geschicke des Vereins leitet?
Zunächst würde ich nicht von einer Anti-Kind-Fraktion sprechen wollen. Es sind vielmehr engagierte Mitglieder, die sich für Transparenz und Mitbestimmung einsetzen. Ich begrüße sehr, dass der neue Vorstand in Ressorts aufgeteilt wurde, für die sich zukünftig Experten verantwortlich zeigen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Mit Sebastian Kramer, dem neuen Vorstandsvorsitzenden, ist der ehemalige Vorsitzende der Roten Kurve jetzt verantwortlich für den Breitensportverein. Basti ist echter 96er und liebt den Verein. Außerdem ist mit Robin Krakau ein ehemaliges Gründungs- und Aufsichtsratsmitglied der Roten Kurve ebenfalls in den Vorstand berufen worden. Ich erhoffe mir, dass der Antrag von Martin Kind auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel gestoppt wird. Zumindest wurde er zunächst auf ruhend gestellt, um den Antrag einzusehen und zu prüfen.

Neuer Vorstand, neuer 5-köpfiger Aufsichtsrat. Neuanfang? (Foto: Pro Verein)

Neuer Vorstand, neuer 5-köpfiger Aufsichtsrat. Neuanfang? (Foto: Pro Verein)

Hannover 96 hat nach einem Jahr in der 2. Liga den direkten Wiederaufstieg geschafft, eine positive Erstligasaison hingelegt – und steckt in der zweiten Saison im Oberhaus aktuell im maximalen Schlamassel. Was genau ist da schiefgelaufen?
Wie viel Zeit hast du? Keine Sorge, man kann es relativ einfach runterbrechen: Leistungsträger wie Martin Harnik, Salif Sane und Felix Klaus haben 96 verlassen. Der Qualitätsverlust konnte mit den gut gemeinten Neuzugängen nicht ausgeglichen werden. Abgesehen von Hendrik Weydandt, den man aus der Regionalliga eigentlich für die zweite Mannschaft verpflichtete, hat kein Transfer gegriffen. So kommt dann eben so eine Gurkensaison bei raus.

Seit Januar sitzt Thomas Doll auf der 96-Trainerbank. Medial wirken seine Auftritte oft eher skurril, auch der erhoffte sportliche Erfolg hat sich nicht eingestellt. Hat dich seine Berufung damals überrascht? Und wie beurteilst du seine Arbeit mit dem Team?
Sie hat mich sogar schockiert. Das konnte nicht funktionieren. Mir geht es dabei aber vor allem um den Menschen, weniger um den Trainer. Im November 2018 hatte er einen unsäglichen Auftritt bei Sky, in dem er sich als Sexist präsentierte. Solche Geisteshaltung möchte ich nicht auf unserer Trainerbank sehen. Die Arbeit mit den Spielern spielgelt sich ziemlich gut in den Ergebnissen wieder. Er ist schlichtweg nicht gut genug.

Thomas Doll ist aktuell Trainer bei Hannover 96. (Foto: Frank Schwichtenberg – CC BY-SA 3.0)

Thomas Doll ist aktuell Trainer bei Hannover 96. (Foto: Frank SchwichtenbergCC BY-SA 3.0)

Der Abstieg ist trotz der desaströsen Saison für den Verein noch nicht besiegelt, das Spiel gegen Mainz am Samstag bietet die letzte Chance. Hast du noch Hoffnung? Und wäre die Rettung in letzter Minute überhaupt wünschenswert?
Ich habe keine Hoffnung mehr. Bei einem Sieg in Berlin und einem weiteren Erfolg gegen euch, wäre vielleicht noch was gegangen. So ist der Abstieg in meinen Augen aber besiegelt. Ich freue mich auch schon auf die interessanten Gegner in der zweiten Liga. Doll sollte die Rettung auch nicht gelingen, nachher darf er noch blieben. Bitte nicht.

Gehen wir also davon aus, Hannover 96 steigt am Ende der Saison erneut in die zweite Liga ab. Was muss sich ändern, damit an der Leine wieder Stabilität einkehrt? Der Wiederaufbau mit Thomas Doll wurde ja durchaus als Möglichkeit thematisiert. Wen würdest du gerne in Verantwortung sehen?
96 muss sich selbst eine Philosophie verpassen, ein tragfähiges Konzept entwickeln. Die Verzahnung mit dem Nachwuchsleistungszentrum muss deutlich intensiviert werden. Die Spielidee sollte von der U17 bis zu den Profis identisch sein. Ein Wiederaufbau mit Thomas Doll wäre eine Katastrophe. Mein Wunschtrainer ist Alexander Kiene, der all das verkörpert, was ich gerade skizziert habe. Kiene hat gerade seinen Fußballlehrer gemacht und war schon als Trainer in der Region bei Ober- und Regionallisten äußerst erfolgreich.

Alles spricht dafür, dass uns am Samstag ein Kampfspiel erwartet, zumindest, wenn das 96-Team diese letzte Möglichkeit nutzen will. Was glaubst du, wie Thomas Doll seine Jungs auf den Platz schickt? Und welches Ergebnis tippst du?
Er wird vermutlich wieder versuchen, den Bock umzustoßen. Verzeih, das ist mittlerweile ein Running Gag in Hannover. Ich denke, wir werden die Startelf aus dem Hertha-Spiel sehen. Eventuell darf Nicolai Müller wieder als zweite Spitze ran, damit Weydandt nicht allein auf weiter Flur ist. Ich tippe auf einen knappen 1:0-Heimsieg, der am Ende aber auch nichts ändern wird.

KOMPAKT
Hannover 96 ist der beste Club der Welt, weil … wir Fußballdeutschland gezeigt haben, dass sich Fans ihren Verein zurückholen können.
Was ich an unserem Stadion besonders liebe, ist … die Nähe zum Maschsee. Ich denke, kein anderes Bundesligastadion ist so zentral und idyllisch gelegen.
Mein ewiger Lieblingsspieler ist eindeutig … Jan Simak. Genialer Fußballer, leider mit den falschen Freunden
Wer Hannover besucht, sollte unbedingt … einen Moment am Nordufer des Maschsees verweilen. Genießt es.
Besonders lecker essen Gästefans … direkt in Stadionnähe ist das Julian’s. Ein Restaurant im Courtyard-Hotel direkt am Maschsee. Dort lässt es sich vor und nach dem Spiel besonders gut essen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Meinen Gegenbesuch im Blog The Walking Red könnt ihr hier nachlesen.

So ein Tag… (Foto: Mainz 05)

So ein Tag… (Foto: Mainz 05)

LETZTE WORTE
Gut Lachen hat das Vorstandstrio des 1. FSV Mainz 05: Der Verein hat von der Deutschen Fußball Liga die Lizenz für die kommende Bundesligaspielzeit 2019/2020 erhalten – und das erneut ohne wirtschaftliche Auflagen und Bedingungen. Ein toller Erfolg für den Verein, ebenso wie natürlich der am letzten Spieltag festgezurrte Klassenerhalt.

05-Woche: Frauenpower, Hoppelboxen und ein Homeboy

Normalerweise steht an dieser Stelle die Gegnerbetrachtung. Aber manchmal kommt eben das Leben dazwischen, in diesem Falle meiner Gesprächspartnerin. Das ist dann auch okay so, weil es Dinge gibt, die größer sind als Fußball. Und weil ich persönlich es wichtig finde, wenn wir einander an bestimmten Punkten sagen können: Ich kann das jetzt (doch) nicht. Weil ich aber mit diesem Blogbeitrag ein paar Themen verbinden wollte, hier nun ein kleiner Mix.

Wie kommen Frauen zum Fußball? (Foto: FRÜF)

Wie kommen Frauen zum Fußball? (Foto: FRÜF)

Die erste Folge von FRÜF – Frauen reden über Fußball ist online. In zwei Segmenten sprechen wir über die sozialwissenschaftliche Komponente weiblicher Fußballsozialisation und unsere privaten Wege in diesen Sport. Hört doch mal rein und hinterlasst uns gerne Bewertungen und Rezensionen dort, wo ihr eure Podcasts abonniert.

Spendet für die Hoppelboxen. (Foto: WP)

Spendet für die Hoppelboxen. (Foto: WP)

Die Fanabteilung und der KidsClub machen zu Ostern bei Mainz 05 gemeinsame Sache und befüllen Geschenkboxen für Wohnungslose. Dafür werden Sachspenden gesucht, die in einen Schuhkarton passen müssen: Hygieneartikel, haltbare Speisen und nützliche Alltagsartikel. Ab dem 13. April, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Sachen abzugeben: Samstag, 13. April, von 10 bis 17 Uhr im Haus der Jugend (Mitternachtsgasse 8), Montag, 8. April, bis Freitag, 12. April, von 8 bis 18 Uhr auf der Geschäftsstelle des 1. FSV Mainz 05 (Isaac-Fulda-Allee 5) sowie Mittwoch, 10. April, und Donnerstag, 11. April, von 18 bis 20 Uhr im Fanhaus Mainz (Weisenauer Straße 15). Beteiligt euch zahlreich an dieser schönen Idee.

Das nächste Heimspielwochenende der Mainzer wirft nicht nur sportlich schon jetzt seine Schatten voraus, sondern auch dank einer großartigen Ausstellung: Die Fan.Tastic Females – Football Her.Story kommen in der zweiten Woche der rheinland-pfälzischen und hessischen Osterferien nach Mainz. Mehr zur Wanderausstellung erfahrt ihr auf der Homepage, die einzelnen Veranstaltungen in Mainz werden via Facebook kommuniziert. Eine der wunderbaren Fan.Tastic Females kommt aus Dortmund, wohin die Reise der 05er an diesem Auswärtswochenende geht.

Die gute Nachricht der Woche lautet, dass Rouven Schröder nicht gerne in den Urlaub fährt. Oder wie wahr das? Ach, nein, der Sportvorstand des FSV ist kein Reisender. Was bedeutet, er bleibt in Mainz. War doch klar: Keiner verlässt den Verein.

05-Gegnerbetrachtung: Europa als Bremer Ziel ist richtig

Die Gegnerbetrachtung ist zurück. Vor jedem Auswärtsspiel des 1. FSV Mainz 05 spreche ich mit PodcasterInnen, JournalistInnen oder BloggerInnen aus dem Umfeld des gastgebenden Vereins. Diesmal schätzt Julie Göths von FRÜF die aktuelle Lage bei Werder Bremen ein.

Die grüne Raute im Herzen: Julie Göths. (Foto: Bremen Next)

Die grüne Raute im Herzen: Julie Göths. (Foto: Bremen Next)

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Liebe Julie, danke, dass du dir so spontan Zeit für meine Fragen nimmst. Du gehörst (wie ich auch) zum Team von FRÜF – Frauen reden über Fußball. Wie nimmst du die Arbeit mit den Kolleginnen bislang wahr und warum hat FRÜF der Podcast-Landschaft zuvor gefehlt?

Die bisherige Zusammenarbeit ist ganz großartig. Auch wenn es natürlich am Anfang etwas schwierig ist, die vielen motivierten Frauen unter einen Hut zu bekommen, überwiegt einfach der unglaubliche Support innerhalb des Kollektivs. Man hat das Gefühl, dass wir aktiven Frauen auf der Suche nach einer Plattform waren, um uns auszutauschen und sie jetzt endlich gefunden haben – nicht nur im Podcast, sondern auch hinter den Kulissen in unserer Gruppe.

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WebFür die erste Ausgabe zum Thema „Weibliche Fußballsozialisation“ wolltest du von deinem Papa wissen, wie genau du zum Fußball gekommen bist. Hast du inzwischen eine Antwort von ihm erhalten?

Zum Zeitpunkt dieser Antwort leider noch nicht. Ich wollte allerdings auch nur sichergehen, dass ich nichts auslasse oder vergessen habe. Denn ich weiß noch sehr genau, dass mein erster Berührpunkt die WM 2006 war – das erste Fußballturnier, an das ich mich komplett erinnern kann und das ich intensiv verfolgt habe. Gleichzeitig hatten wir in der Schule (Funfact: Mädchengymnasium) Fußball im Sportunterricht, was mir Spaß gemacht hat. Dabei geblieben bin ich aber nicht. Spätestens, als ich im gleichen Sommer meinen Vater in Bremen besucht habe, und wir – unabhängig von einem Spieltag – am Stadion vorbeigelaufen sind, war es um mich geschehen und Werder Bremen ab sofort mein Verein. Im Laufe der nächsten Jahre bin ich dann Mitglied geworden und über die kostenlosen Eintrittskarten für Mitglieder unter 18 Jahren auch ins Stadion und alleine in die Ostkurve gekommen. In den vergangenen drei bis vier Jahren habe ich dann viele Werder-Fans kennengelernt. Unser Fanclub #Twerder, den wir 2015 gegründet haben, und die daraus entstandenen Freundschaften haben ganz sicher auch etwas damit zu tun, dass ich am Ball geblieben bin.

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Du hast es gerade schon erwähnt: In Sachen Verein schlägt dein Herz für Werder Bremen. Was ist die Essenz dieser Liebe und wie oft schaffst du es aktuell von Aachen, wo du studierst, ins Weserstadion?

Meine Mutter hat mal gesagt, dass ich unterbewusst etwas gesucht habe, das mich mit meinem Vater, auch Werder-Fan, verbindet. Ob das so stimmt, kann ich natürlich nicht genau sagen, aber ich bin natürlich trotzdem sehr froh, dass es so gekommen ist. Die Liebe zu Werder in Worte zu fassen, ist dennoch nicht so leicht. Spätestens die von #Twerder 2016 initiierte Fanaktion #greenwhitewonderwall hat mir aber gezeigt, dass Fans gemeinsam etwas in einem Verein und in einer Mannschaft bewegen können. Auch, wenn die Besuche in Bremen im vergangenen Jahr leider weniger geworden sind, ist das mein Antrieb, die Fahrt immer wieder anzutreten. Außerdem ist es aus meiner persönlichen Sicht natürlich ganz praktisch, dass es viele Bundesligisten in NRW gibt, denn Auswärtsfahrten gehören für mich genauso dazu.

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Werder Bremen gehört zu den Bundesligisten, die neben einem Herren- auch ein Frauenteam haben. Interessierst du dich für die Werder-Damen und hast du Einblicke, wie dort gearbeitet wird?

Rund um den Aufstieg im Jahr 2016 habe ich das Frauenteam intensiver verfolgt. Danach ist es leider deutlich weniger geworden, was bestimmt auch mit der medialen Präsenz zu tun hat, die Frauenfußball leider noch immer nicht ansatzweise gleichberechtigt bekommt. Man muss bei den gängigen Fußballportalen regelrecht nach Informationen suchen und bekommt sie nicht, wie beim Männerfußball, überall auf dem Silbertablett präsentiert. Auch bei Werder ist das leider so: Das eSports-Team hat einen eigenen Twitter-Kanal, die Frauen aber leider nicht. Die werden mit einem gemeinsamen Account mit dem NLZ abgefrühstückt. Nicht nur deswegen bin ich zuletzt aktiv Accounts gefolgt, die sich mit Frauenfußball beschäftigen.

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Du engagierst dich politisch, stellst dich deutlich gegen Rechts und bist Feministin. Warum ist Feminismus auch im Fußballumfeld wichtig und wieso gehört Politik ins Stadion?

Grundsätzlich gilt für mich, dass alles politisch ist. Zu behaupten, der Volkssport Nummer 1 könne sich davon lossagen, Auswirkungen und Einfluss auf die Gesellschaft zu haben, ist schlicht realitätsfern. Und gerade in einem so männerdominierten Sport wie Fußball müssen Rollenbilder und Stereotypen aufgebrochen werden. Frauen müssen sichtbar (gemacht) werden – als Teil des Stadions, der Szenen und des Sportjournalismus. Fußball muss mit seiner Strahlkraft Vorreiter sein, was Gleichstellung, Antidiskriminierungsarbeit und Antirassismus betrifft. Die Vereine sind in der Verantwortung, sich klar zu positionieren und Grenzüberschreitungen entgegen zu stehen.

Die Bremer Kurve ist politisch. (Foto: privat)

Die Bremer Kurve ist politisch. (Foto: privat)

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Inwiefern passen deine persönlichen Werte da auch zu deinem Herzensverein und wie würdest du die Fanlandschaft rund um Werder Bremen beschreiben?

Die Bremer Szene ist sich der Verantwortung des Fußballs bewusst. Sie positioniert sich klar gegen jede Form der Diskriminierung und fordert das auch vom Verein. Als Fans haben sie es geschafft, sich gegen Nazis in der Kurve zu wehren und wissen gleichzeitig, dass der Kampf gegen rechte Kräfte ein andauernder ist. Diese Anspruchshaltung an sich selbst sollte für uns alle ein Vorbild sein. Damit kann ich mich identifizieren und gehe auch so in meine politische Arbeit. Fan eines Vereins zu sein, dessen Fanszene Meinungen vertritt, die ich nicht teile, kann ich mir nicht vorstellen.

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In Sachen Sport ist Florian Kohfeldt als Cheftrainer seit November 2017 verantwortlich, der Vertrag hat inzwischen eine Laufzeit bis 2021. Werder hatte auch vor Kohfeldt in den letzten Jahren immer wieder Trainer, die sich extrem mit dem Verein identifizieren, trotzdem scheint seither alles nochmal enger zusammengerückt zu sein. Siehst du das auch so? Woran liegt es?

Abgesehen von den sportlichen Komponenten wie Training und spielerischer Gestaltung macht Florian Kohfeldt vor allem eins richtig: seine Kommunikation. Sowohl nach außen ist für alle Anhänger*innen und Beobachter*innen jederzeit klar, was seine Vision ist und wie er die erreichen möchte. Aber auch nach innen klappt das offensichtlich sehr gut. Er hat es geschafft und schafft es immer noch, die Mannschaft hinter seine Spielidee und seine Vision zu bekommen. Es gibt einen gesunden Konkurrenzkampf, ohne dass Spieler querschießen. Mit seinem Kommunikationstalent hat er es geschafft, dass in Bremen alle in Ruhe arbeiten oder zuversichtlich ins Stadion gehen können.

Die Heimat der Werder-Fans. (Foto: privat)

Die Heimat der Werder-Fans. (Foto: privat)

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Sportlich ist Kohfeldt spürbar ehrgeizig und scheut sich nicht, deutliche Ziele für sich und die Mannschaft zu formulieren. Nach 26 Spieltagen steht Bremen mit 39 Punkten auf Rang acht. Ist das für die angedachte Marschroute vielleicht schon zu wenig? Wie wichtig wäre Europa?

Zu allererst muss ich sagen, dass sich wohl alle Werder-Fans nach einer Saison wie dieser gesehnt haben: solide und fernab von Abstiegsängsten. Eigentlich der richtige nächste Schritt. Dass das Ziel Europa formuliert wurde, war trotzdem richtig. Die Alternative wäre gewesen, dass man das Niemandsland der Tabelle als Ziel ausruft. Daran wächst keine Mannschaft und sie entwickelt sich auch nicht weiter, wenn kein Anspruch an sie gestellt wird. Auch Spielern, die vielleicht nach Höherem streben oder potentiell zu Werder wechseln könnten, wird somit gezeigt, dass man sich nicht mit dem Mittelfeld zufriedengibt. Das Gute bei alledem: Sollte es mit Europa nicht klappen, geht in Bremen keiner auf die Barrikaden. Nicht zuletzt sind viele Fanherzen wohl durch den spektakulären Sieg im Pokal gegen den BVB für diese Saison zufriedengestellt worden.

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Aktuell stehen die Brüder Maximilian und Johannes Eggestein für ein Werder, das auf eigene Talente und junge Spieler setzt. Angeleitet wird das Team von seinem Kapitän Max Kruse in bestechender Form, andere erfahrene Spieler wie Nuri Şahin spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Ist das der perfekte Mix aus Routine und Hunger?

Was Max Kruse da seit Wochen abliefert, ist schon beeindruckend. Außerdem zeigt es mal wieder, wie wichtig ein Umfeld für einen Spieler sein kann, damit er seine Leistung abrufen kann. Das Bremer Spiel ist um ihn herum gebaut worden. Auch an seiner Aufgabe als Kapitän, was ja eine unpopuläre Entscheidung war, ist er nochmal gewachsen und versteht seine Rolle richtig. Als zentraler Mann in Spiel und in der Mannschaft sollte alles daran gelegt werden, ihn über die Saison hinaus halten zu können. Darüber hinaus stimmt auch die Mischung in der Mannschaft. Erfahrene Spieler wie Kruse, Şahin, Moisander, Langkamp und natürlich Pizarro ergänzen sich perfekt mit den jungen talentierten Spielern wie Johannes Eggestein oder Josh Sargent.

Max Kruse ist auch der aktuelle Kapitän bei Werder. (Foto: Silesia711 | CC BY-SA 4.0)

Max Kruse ist auch der aktuelle Kapitän bei Werder. (Foto: Silesia711 | CC BY-SA 4.0)

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In Bremen scheint, wie auch in Mainz, die Zusammenarbeit zwischen Profis und NLZ sehr intensiv und gut zu sein. Wie hart trifft es den Verein, dass die U23-Trainer Sven Hübscher und Tobias Hellwig, wie jetzt bekannt wurde, zum Saisonende gen Münster verlassen?

Die Vergangenheiten der letzten Profi-Trainer beim NLZ und der U23 haben mit Sicherheit dafür gesorgt, dass der Austausch zwischen diesen beiden Abteilungen intensiv und gut war. Dazu kommt, dass Werder immer ein Verein war, der sich seine Talente und Stars selbst „heranzüchten“ muss. Dass die beiden den Verein jetzt verlassen, ist zwar schade, aber verkraftbar. Mit Marco Grote (U19-Trainer) und Christian Brand (U17-Trainer) hat man zwei mögliche Nachfolger aus den eigenen Reihen. So kann an den bisherigen intensiven Austausch sowohl innerhalb es NLZ als auch in den Profibereich fast nahtlos angeschlossen werden.

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Zwischen Werder und Mainz gab es schon einige historische Spiele, nicht nur die bis vor kurzem höchste Bundesligapleite der 05er (1:6). Oft standen zuletzt beide Teams arg unter Druck vor der Begegnung, diesmal scheint der auf Mainzer Seite nach zuletzt sechs Pleiten aus sieben Spielen höher. Was ist deine Prognose fürs Spiel? Und wie geht es aus?

Auch wenn ich nach einer Länderspielpause meistens etwas vorsichtiger mit Prognosen bin, glaube ich in diesem Fall fest an eine gute Leistung und drei Punkte für Werder. Gerade zuhause sollte es mit Kohfeldt keine dummen Niederlagen geben.

KOMPAKT
Werder Bremen ist der beste Club der Welt, weil … hier für mich die Werte, die Haltung und die Fans ein rundes Bild abgeben mit dem man sich auch in den schnelllebigen Fußballzeiten identifizieren kann.
Was ich am Weserstadion besonders liebe, ist … die Lage und der Weg dorthin – über die Schlachte, durchs Viertel und an der Weser entlang. Da kann kein Stadion mithalten.
Mein ewiger Lieblingsspieler ist eindeutig … Ivan Klasnic, der auch der Flock auf meinem ersten Werder-Trikot war.
Wer Bremen besucht, sollte unbedingt … den oben beschriebenen Weg gehen. Die wunderschöne Altstadt rund um den Markt mit Rathaus, Dom und Büttcherstraße sollte man auch mitnehmen.
Besonders lecker essen Gästefans … bei Tandour im Viertel. Diesen, und nur diesen, Bremer Rollo (eine Rolle aus vorgebackenen Fladenbrot mit einer Füllung, nicht zu vergleichen mit Dürüm oder ähnlichem) sollte jede*r mal gegessen haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

LETZTE WORTE
Seit Beginn der Rückrunde steht Andreas Bockius mit Klaus Hafner am Spielfeldrand. Bis Saisonende sind die beiden als Stadionsprecher-Duo gemeinsam am Start, in der kommenden Saison wird Bockius das Amt von 05-Legende Hafner übernehmen. In der aktuellen Folge Wortpiratin rot-weiß habe ich mit dem Neuen über seinen Job beim Verein gesprochen.

05-Gegnerbetrachtung: Das Ende einer Bayern-Ära?

Die Gegnerbetrachtung ist zurück. Vor jedem Auswärtsspiel des 1. FSV Mainz 05 spreche ich mit PodcasterInnen, JournalistInnen oder BloggerInnen aus dem Umfeld des gastgebenden Vereins. Vor der Partie in München erzählt mir Max Ost vom Rasenfunk, was er am Spiel der 05er mag – und wieso in das Aus der Bayern in der Champions League nicht überrascht hat.

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Hallo Max, wie schön, dass du Zeit für meine Fragen hast. Seit 2014 betreibst du mit Frank Helmschrott den Rasenfunk, einen Sender mit bisher drei Formaten. Für die Handvoll Leute, die euch tatsächlich nicht kennen: Was macht ihr da und wieso tut ihr das?
Wir reden mit tollen Gästen über Fußball. In der „Schlusskonferenz“ über den vergangenen Bundesligaspieltag, im „Kurzpass“ über alles Mögliche aus der Welt des Fußballs und im „Tribünengespräch“ ausführlich über ein Thema. Von der Geschichte der Fußballtaktik bis zu biographischen Rückblicken mit Profis auf ihre Karriere und den Football Leaks – bei uns wird ein breites Spektrum abgedeckt. Dabei versuchen wir, möglichst sachlich und fundiert zu sein.

Max und Frank sind die Macher hinter dem Rasenfunk. (Foto: Rasenfunk)

Max und Frank sind die Macher hinter dem Rasenfunk. (Foto: Rasenfunk)

2
Im Oktober seid ihr von der „Deutschen Akademie für Fußballkultur“ als bester Podcast mit dem Fanpreis des Jahres 2018 ausgezeichnet worden. Wer von euch beiden durfte den Pokal eigentlich mit heimnehmen und was hat sich seither für euch und das Projekt verändert?

Der Pokal steht bei mir im Büro, Frank hat ihn mir überlassen und so halte ich ihn in Ehren. Durch den Preis können jetzt mehr Menschen außerhalb der Podcast-Filterblase etwas mit dem Rasenfunk anfangen. Gefühlt hilft uns das bei Gästeanfragen. Wir bekommen zwar immer noch viele Absagen, aber nur nette. Und es war einfach etwas Besonderes, nach so viel Arbeit mal einen Abend lang so viele Schulterklopfer zu bekommen. Das ist ein guter Antrieb.

3
Stichwort Finanzierung: Der Rasenfunk ist werbefrei, wer eure Arbeit unterstützen möchte, kann dem Supporters Club beitreten. Verrätst du da Zahlen? Wie viele SupporterInnen sind aktuell an Bord und wie weit trägt deren monetarisierte Liebe für euren Podcast?

Genaue Zahlen möchten wir nicht nennen, weil sie ohne Bezug zu unseren Kosten nicht arg viel aussagen. Und in meinem Fall betreffen die Kosten private Dinge wie Miete, Kindergartengebühr und so weiter. Aber: Seit Beginn der Bundesligasaison lebe ich nur vom Rasenfunk und komme damit über die Runden. Wir haben viele Unterstützerinnen und Unterstützer, die meist einen kleinen Eurobetrag pro Monat überweisen. Manche auch wesentlich mehr. Im Grunde ist es völlig irre, mit freiwilligen Kleinbeträgen seinen Alltag finanziell zu stemmen. Das will mir manchmal nicht in den Kopf, so selten und grandios das ist.

Wer den Rasenfunk finanziell unterstützen möchte, kann das im Supporters Club tun. (Logo: Rasenfunk)

Wer den Rasenfunk finanziell unterstützen möchte, kann das im Supporters Club tun. (Logo: Rasenfunk)

4
Du bist Podcaster, Fußballbegeisterter, Social-Media-Crack, Zwillingspapa von Mädchen und Fan der Münchner Bayern. Erste Frage, wie bekommst du das zeitlich unter einen Hut? Dann will ich natürlich von dir wissen, wie du eigentlich Bayernfan geworden bist – und ob es auch Momente gibt, in denen dir das deine Arbeit am Rasenfunk schwermacht?

Zwei Faktoren sind wichtig: 1. Mein Leben besteht zu großen Teilen aus dem Rasenfunk und den Kindern. Eine ganze Reihe von anderen Dingen kommt zu kurz. 2. Viel Arbeit am Rasenfunk findet nachts statt. Und zum Fandasein: Ich komme aus einer Gegend, in der es eigentlich nur Club-Fans gab. Der Platzwart meines Dorfvereins war aber Bayernfan und hat es geschafft, meine drei Brüder und mich anzustecken. Ich gehe vor allem deshalb offen mit meiner Fanleidenschaft um, damit die Hörerinnen und Hörer sich ihr eigenes Bild machen können. Spricht da jetzt jemand durch die Bayernbrille oder nicht? Ich verstehe nicht, warum nicht mehr Journalistinnen und Journalisten offen mit ihrem Herzensverein umgehen. In den meisten Fällen sehe ich Dinge bei Bayern sogar kritischer als andere. Ich hoffe deshalb auch, dass es meine Arbeit nicht schwerer macht. Manche Leute hören deshalb nicht in den Rasenfunk rein, vielleicht finden ihn manche deshalb auch doof. Aber die hätte ich anders ja auch nicht überzeugt bekommen, also ist das einfach so. Verstellen könnte ich mich bei so vielen Sendungen sowieso nicht.

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Vorm Heimspiel der Bayern gegen Wolfsburg kam Joachim Löw nach München, um Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng mitzuteilen, dass sie unter ihm nicht mehr in der Nationalmannschaft spielen werden. Wie schätzt du die Wirkung dieser Entscheidung auf den FCB ein und kannst du sie sportlich nachvollziehen?

Für den FC Bayern ist sie mittelfristig positiv. Die Spieler konzentrieren sich auf den Verein, bekommen Auszeiten, wollen es sich und anderen nochmal beweisen. Und – so viel Wahrheit gehört dazu – alle drei sind auch im Verein nicht mehr gesetzt. Ich kann die Endgültigkeit, den Zeitpunkt und die Form der Entscheidung nicht nachvollziehen. Betrachtet man die Art und Weise, wie Joachim Löw in der Vergangenheit gehandelt hat, kann einen das aber auch nicht überraschen. Er tut sich damit sehr schwer, Spieler auszusortieren und das sauber abzuwickeln.

Für jeden was dabei: Die Podcast-Landschaft in Sachen Sport wächst und wächst. (Montage: Rasenfunk)

Für jeden was dabei: Die Podcast-Landschaft in Sachen Sport wächst und wächst. (Montage: Rasenfunk)

6
Eine Zeitlang sah es so aus, als bleibe der Meisterschaftskampf diese Saison länger spannend. Für Außenstehende war das ehrlich gesagt eine Wohltat. Nun stehen die Bayern dank besserer Tordifferenz wieder vor dem BVB. Wurde in München zuletzt sehr viel richtiggemacht – oder profitiert der FCB von einer Schwächephase des BVB, denen Marco Reus schmerzlich fehlte?

Wer von den letzten 13 Spielen 12 gewonnen hat, kann nicht so viel falsch gemacht haben. Das allein hat den FC Bayern aber nicht wieder an die Tabellenspitze gebracht, die Punktverluste der Dortmunder gehören dazu. Im Grunde kann aber beides nicht überraschen: Dortmund hat nicht die Kaderbreite, um einen Ausfall wie den von Reus oder Formschwächen von Hakimi und Sancho aufzufangen, der FC Bayern wiederum hat durch seinen irrsinnigen Etat einen so großen Wettbewerbsvorteil, dass Siege die Regel und nicht die Ausnahme sind.

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Zu Beginn der Saison hat Niko Kovač das Traineramt in München übernommen. Zu Anfang stand er enorm in der Kritik und wenn es nicht wunschgemäß läuft, werden schnell Stimmen laut, die sagen, er sei für diesen Verein nicht der Richtige. Wie beurteilst du seine bisherige Arbeit in München, was gefällt dir an seinem Führungs- sowie Trainingsstil und wo würdest du ihm in einem Zwischenzeugnis noch Nachholbedarf bescheinigen?

Wie so oft ist es bei den Bayern schwierig, die Arbeit des Trainers mit der Qualität des Kaders aufzuwiegen. Wer hat welchen Anteil am Erfolg? Was mir an Niko Kovač gefällt, ist seine souveräne Art im Umgang mit den Medien. Er bietet nicht allzu viele Knallerzitate an, ist aber dennoch relativ offen im Austausch mit Journalisten. Das ist eine für alle Seiten funktionierende Konstellation. Und es gibt hier auch eine Parallele zu seinem Umgang mit den Spielern: So, wie er die Journalisten von der Qualität seiner Arbeit überzeugen musste, war das auch bei den Profis der Fall. Hier hatte er zu Beginn der Saison eine Idee, die wesentlich auf Rotation in einem ansonsten kleinen Kader beruhte, von der er aber nach der sportlichen Talfahrt und wie man hört offenen Gesprächen mit dem Mannschaftsrat dann abgerückt ist. Seitdem gibt es wieder eine klarere Startelf, die Spieler wissen eher, wo sie stehen. Und so lange der FC Bayern gewinnt, geht das auch gut. Nachholbedarf sehe ich im Positionsspiel im Ballbesitz sowie beim Erarbeiten kreativer Zugänge in den gegnerischen Strafraum.

Und wann kehrt Giovane Élber zum FC Bayern zurück? Im Rasenfunk war er schon. (Foto: Rasenfunk)

Und wann kehrt Giovane Élber zum FC Bayern zurück? Im Rasenfunk war er schon. (Foto: Rasenfunk)

8
Für den Sommer haben die Verantwortlichen des FC Bayern zuletzt mehrfach einen großen Umbruch angekündigt. Ist das eine Aufgabe, die du Hasan Salihamidžić zutraust? Irgendwie wirkt er seit Beginn seiner Münchner Zeit leicht angezählt, das macht es schwer, seine Arbeit inhaltlich zu beurteilen. Und wie stehst du zur immer wahrscheinlicher werdenden Rückkehr von Oliver Kahn?

Es ist schwierig, das Handeln von Salihamidžić zu bewerten. Das liegt an seinem Auftreten in der Öffentlichkeit, aber auch an dem Korsett, in dem er sich bewegt: An dessen einer Schnur zieht Uli Hoeneß, an der anderen Karl-Heinz Rummenigge. Salihamidžić bekommt dabei mal mehr, mal weniger Spielraum, sich selbst zu entfalten. Da sich in den Strukturen unter Salihamidžić (Scouting vor allem) nichts geändert hat, ist ihm der Umbruch durchaus zuzutrauen. Was Sportdirektoren unter Rummenigge und Hoeneß aber immer gemein bleiben wird, ist die Frage, wer dann eigentlich die Entscheidungen getroffen hat und für Erfolge wie Misserfolge verantwortlich ist. Oliver Kahn ist die logische Nachbesetzung von Rummenigge und vielleicht hat er sich dadurch, dass er sich zwischenzeitlich aktiv vom Verein entfernt hat (auch in der Rhetorik), sogar noch attraktiver gemacht. Jeder, der nach Hoeneß und Rummenigge kommt, steht vor einem Mount Everest an Erwartungen. Ich traue Kahn mehr als anderen Kandidaten zu, mit dieser Erwartungshaltung gut umzugehen.

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In der Champions League war gegen Liverpool im Achtelfinale Schluss. Wie überrascht bist du? Ist das einfach eine verlorene Partie oder, wie Tobias Escher schreibt, das Ende einer Ära? Und werden die Bayern jetzt in Liga und Pokal umso unerbittlicher?

Nein, überrascht hat mich das nicht. Ein Weiterkommen gegen Liverpool ist immer schwierig und wer ein paar Spiele beider Mannschaften dieses Jahr gesehen hatte, der wusste, was für eine Mammutaufgabe da auf die Bayern wartete. Erfolgreiche Zeiten von Mannschaften enden selten in einem Spiel, ich glaube aber schon, dass wir in ein paar Jahren den Endpunkt der erfolgreichen Heynckes/Guardiola-Zeit mit seinen positiven Nachwirkungen bis heute mit dem Liverpool-Spiel markieren werden. Tut mir leid, Fortuna Düsseldorf. Ihr wart nah dran. Der FC Bayern wird in der nächsten Saison ein deutlich verändertes Gesicht haben. Mal sehen, wie gut es sich anschauen lässt. Auf die Reaktion in Pokal und Liga bin ich sehr gespannt. Der Reflex müsste eigentlich wütender Wille sein, aber das hätte man auch schon nach dem 1:2 gegen Liverpool so erwarten können und sah davon nichts.

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Am Wochenende muss das Team gegen Mainz wieder den Bundesliga-Alltag annehmen. Die Mannschaft von Trainer Sandro Schwarz hat aktuell mit einer akuten Abschlussschwäche zu kämpfen. Auch über den Ballbesitz werden die 05er in München wohl nichts holen, eher kann ihre zuletzt stark verbesserte Laufleistung ein Pfund werden. Wie wird Kovac seine Elf gegen diese Mainzer aufstellen? Was für ein Spiel erwartest du und hast du einen Ergebnistipp?

Es wird sehr interessant sein zu sehen, wie die Spieler auf das Aus in der Champions League reagieren. Im letzten Jahr hallte die Halbfinalniederlage gegen Real noch bis ins DFB-Pokalfinale nach. Ich erwarte wütende Bayern, die sich jedoch nicht an Kreativität überbieten werden. Tendenziell schlagen die Münchner unter Kovac sehr viele Flanken und gerade damit können Bell und Niakhaté (wer auch immer davon spielt) sehr gut umgehen. Ich bin gespannt, ob Mainz wieder mit Raute aufläuft und wie häufig sich die im Ballbesitz auch formieren kann. Gegen den Ball kriegt man damit das Zentrum schnell dicht, das wird sicher wichtig sein. Aber die Frage ist eben, wie oft Mainz Entlastung schaffen und längere Ballbesitzphasen einstreuen kann. Verwundbar sind die Bayern dann vor allem über Umschaltsituationen. Ich tippe auf ein 3:1 für Bayern.

Alles im Blick: Arbeitsplatz von Rasenfunker Max Ost (Foto: Rasenfunk)

Alles im Blick: Arbeitsplatz von Rasenfunker Max Ost (Foto: Rasenfunk)

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Du beobachtest durch den Rasenfunk ja regelmäßig alle Bundesligisten- Wie gefällt dir die Spielweise der 05er, auch im Vergleich zur Vorsaison, und was traust du ihnen im weiteren Verlauf der Serie noch zu? Und wie beurteilst du den Ansatz von Sandro Schwarz?

Zeitweise war der Fußball von Mainz nicht mit der Vorsaison vergleichbar. Wesentlich passsicherer, strukturierter und mit einer offensiv ausgerichteten Positionierung. Mir gefällt an Mainz die Besetzung des Zehnerraums sowie die Nachrückbewegungen der Achter, sobald der Ball mal auf dem Flügel ist. Dadurch ergeben sich immer wieder Ballkontakte vor dem gegnerischen Strafraum. Wenn Mainz jetzt noch die Distanzschüsse durch Steckpässe, Verlagerungen oder Lupfer ersetzen würde… Ebenfalls gut finde ich die Interpretation der Außenverteidigerposition von Brosinski und Aarón. Gerade Letzterer ist immer so ein bisschen der Seismograph dafür, wie gut Gegner auf Mainz eingestellt sind. Kommt er selten hinter die Abwehr oder kann isoliert ins Dribbling gehen, dann fehlt dem Spiel der 05er eine wichtige Komponente, die am ehesten durch Vorrückbewegungen von Kunde, Gbamin oder Latza ersetzt werden kann.
Wo ich noch Verbesserungspotenzial sehe, sind die Bewegungen der ein bis zwei Spieler innerhalb des Strafraums im offensiven Ballbesitz. Bei Flanken passt das meistens (einer kurz, einer lang – wenn es zwei sind), da ist der Rückraum aber nicht immer besetzt (eventuell auch aus Respekt vor dem Konter) und wenn Mainz zentral vor dem Strafraum den Ball hat, gibt es fast gar keine diagonalen Bewegungen, die einen Pass mit gutem Winkel für die Annahme ermöglichen. Ich glaube dieser Punkt hat aber auch damit zu tun, dass die Besetzung der Offensive nicht final geklärt ist und die Rollen je nach Gegner anders verteilt werden. Ich mag den Ansatz von Sandro Schwarz aber, mit Mainz erst offensiv und dann defensiv zu denken. Dieser Mut passt nicht nur zum Verein und seiner Geschichte, er bietet vor allem den jungen Spielern auch eine attraktive Perspektive. Sich im Offensivspiel auszuzeichnen ist leichter als in der Defensive zu glänzen. Und hinten steht ja traditionell ein starker Torhüter sowie mit Bell und Niakhaté zwei richtig Gute. Pro Saison sehe ich um die 150 Spiele in voller Länge – über Spiele von Mainz freue ich mich in diesem Jahr.

KOMPAKT
Der FC Bayern ist der beste Club der Welt, weil … er es nicht ist. Leider gibt es den perfekten Fußballklub nirgendwo.
Was ich an unserem Stadion besonders liebe, ist … der C12-Stand. Ich bin nicht mehr oft im Stadion, aber das Gefühl, dort immer Freunde und Bekannte zu treffen, egal bei welchem Spiel, ist durch nichts zu ersetzen.
Mein ewiger Lieblingsspieler ist eindeutig … Miroslav Klose. Und er wird ein großartiger Trainer werden.
Wer München besucht, sollte unbedingt … ins Stadion an der Schleißheimer Straße und dort Fußball schauen, was trinken und essen.
Besonders lecker essen Gästefans … neben dem Stadion an der Schleiß im Obacht nebenan oder im Fraunhofer an der Fraunhoferstraße.

Vielen Dank für das Gespräch!

LETZTE WORTE
WebEs gibt jetzt einen neuen Podcast: FRÜF – Frauen reden über Fußball. Dahinter steht ein stetig wachsendes Kollektiv fußballbegeisterter Frauen, die künftig einmal im Monat in wechselnder Besetzung über alles sprechen, was sie am Fußball interessiert. „Wir sind Fans, Journalistinnen, Spielerinnen – und manche von uns sogar alles davon. Wir sind diskussionsfreudig, aber solidarisch. Uns interessieren fußballerische Trends, der Diskurs über 50+1 und die gesellschaftliche Relevanz von Antirassismus-Kampagnen des DFB genauso wie die Unterschiede im Umgang mit Frauen- und Männerfußball, die weibliche Fußballsozialisation und der Umgang mit Sexismus im Stadion.“ – Und ich bin Teil dieser wunderbaren Gruppe. Die Nullnummer könnt ihr euch hier anhören. Abonniert uns und verbreitet die frohe Kunde!