Die Woche am Bruchweg (10/20)

Mächtig was los diese Woche in „Fußball-Deutschland“ – und das liegt weniger daran, was auf den Plätzen passiert, als daran, welche Botschaften die Kurven senden. Wobei das auf keinen Fall als Schuldzuweisung zu missverstehen ist, denn der Konflikt zwischen den aktiven Szenen und Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp hat eine lange Vorgeschichte, in deren Verlauf definitiv beide Seiten Fehler gemacht haben. Sehr gut also, dass die anfangs leider unfassbar einseitige Darstellung in vielen Medien in den Tagen seit dem Wochenende an Qualität gewonnen hat.

Empfehlen möchte ich an dieser Stelle exemplarisch die sehr guten Texte von Klaas Reese und Christian Bartlau, ebenfalls klug geäußert haben sich die Kolleg*innen von Effzeh.com sowie die des Fanmagazins Schwatzgelb mit gleich mehreren Texten. Die Sportschau veröffentlichte, nachdem sie in den sozialen Netzwerken rund um die Causa teils sehr unglücklich aufgetreten war, einen fundierten Text von Nora Hespers und für den Wiesbadener Kurier kommentierte Sportchef Tobias Goldbrunner besonnen.

Und damit zum Bruchweg, wo sich Achim Beierlorzer leider deutlich weniger besonnen zu den Plakaten und möglichen Schlussfolgerungen äußerte. Wer schon intensiver mit dem 05-Coach sprechen konnte, weiß, wie klug und differenziert sich dieser mit vielen Themen befasst. An der besagten Stelle wäre es deshalb die bessere Variante gewesen, zu sagen, man lässt sich zu dem Thema erst aus, wenn man die Hintergründe in Erfahrung gebracht hat – oder auch einfach gar nicht. Das hat, Offtopic, Jürgen Klopp unter der Woche sehr charmant zum Thema Coronavirus getan.

„I wear a baseball cap.“ (Screenshot: Twitter/@RagsMartel)

Deutlich besser war die Reaktion des Gesamtvereins, der nach dem sehr guten Statement von Werder Bremen und den katastrophalen Einlassungen von Schalke 04 ebenfalls etwas zur Gesamtgemengelage sagt, was ich wichtig und richtig finde. Die klare Positionierung gegen Kollektivstrafen und der Aufruf zum Dialog sind ebenfalls sehr gut. Der erste Absatz der Erklärung ist mir persönlich zu schwammig. Da hätte ich mir mehr Mut gewünscht, sprich, den Hinweis darauf, dass der Verband Dietmar Hopp schützt, gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie aber zu oft schweigt oder auf reine Symbolpolitik setzt. Unterm Strich aber eine positive Sache, hier zu denen zu gehören, die ihre Stimme erheben.

Fußball wird natürlich auch weiterhin gespielt. Am Dienstag geschont wurden Phillipp Mwene und Ronaël Pierre-Gabriel, Mwene aus Gründen der Belastungssteuerung nach seinem ersten Einsatz im Anschluss an die lange Verletzung, Pierre-Gabriel wegen einer Oberschenkelverhärtung. Ohnehin wieder dabei ist Aarón Martín und Edimilson Fernandes, auch Jeremiah St. Juste und erstmals Alexander Hack sind im Training, was die Situation in der Innenverteidigung deutlich entspannt. Stefan Bell befindet sich laut Beierlorzer weiter „auf dem Weg der Besserung“, die Integration stehe „zeitnah bevor“, aber noch brauche es etwas Geduld.

Im Rückblick auf den Sieg gegen Paderborn lobt der Trainer erneut, wie gut sein Team die Gesamtsituation angenommen habe, inklusive des zeitweiligen Starkregens. Ein Sonderlob gibt’s für Karim Onisiwo, allerdings durch die Hintertür: „Wenn man diesen Sieg nur zugrunde legt, hat er genau die richtige Reaktion gezeigt.“ Nach zwei, drei starken Einwechslungen habe der Stürmer in dieser Partie alles gezeigt, was er als Trainer von ihm sehen wolle.

Man kann auch sagen, es ist ein Pflichtsieg, wie es Rouven gemacht hat. Ist schon so, wenn man sagt, was ist unser Ziel. Aber er war vor allem auch unheimlich wichtig.

Achim Beierlorzer, Trainer

Das kämpferisch geprägte Spiel sei auch ein wichtiges Signal gewesen an die Anhänger*innen: „Unsere Fans sind wirklich absolut klasse“, sagt Beierlorzer und betont, diese honorierten, wenn spürbar sei, wie die Spieler sich in eine Partie reinhauen. Durch das zweite Heimspiel in nur acht Tagen gibt es die nächste Gelegenheit dafür bereits am Sonntag. Interessant wird da auch, ob und wie die Mainzer Szene sich in den aktuellen Konflikt mit dem DFB einbringt. Die Mainzer Geschichte mit Dietmar Hopp aus Zeiten von Christian Heidel ist hier sicher nicht vergessen.

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