Mainz 05: Warum es wichtig ist, dass Ridle Baku bleibt

Das Thema Identifikation war in den vergangenen Jahren bei Mainz 05 häufig ein paradoxes. Nach dem Abgang von Christian Heidel und dem Abschied des Altvorstands um Harald Strutz blieb bei einigen Fans das Gefühl zurück, alle Verbindungen seien gekappt. Dass mit Sandro Schwarz nach wie vor ein Trainer an der Seitenlinie agierte, der für Stadt und Verein stand, wie es wohl niemand absehbar wieder tun wird, dass mit Michael Thurk eine Legende zu dessen Staff gehörte und dass Vorstandsvorsitzender Stefan Hofmann ein alter Hase im Verein ist – diese Tatsachen kamen bei etlichen Anhänger*innen nicht an. Ebenso wenig, wie sie einen emotionalen Bezug zu den vielen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs herstellen konnten, die regelmäßig im Profikader stehen.

Unterschrieb im August 2017 seinen ersten Profivertrag bei 05: Ridle Baku. (Foto: Mainz 05)

Wohl erst mit der Trennung von Schwarz setzte beim Verein die Erkenntnis ein, es genügt nicht, sportliche Anerkennung für die Eigengewächse zu bekommen, sie müssen den Fans auch nahbar gemacht werden. Klar, Identifikation ist mehr als der ausbildende Verein – und Spieler wie Daniel Brosinski und Danny Latza spielen hier ebenfalls eine Rolle. Aber um etwas Besonderes entstehen zu lassen zwischen den 05-Fans und den vielen Spielern, die durch die eigene Nachwuchsschule gegangen sind, müssen diese Spieler tatsächlich auch anders präsentiert werden. Weil nicht jede*r Fan sich intensiv damit beschäftigt, wie ein junger Spieler eigentlich im Verein und dann Kader gelandet ist, wo er herkommt, welche Werte er vertritt.

Klappern gehört zum Geschäft, wie es so schön heißt, das ist auch bei den Verantwortlichen im Verein endlich angekommen – zum Glück. Die jungen Wilden werden deshalb seit einiger Zeit verstärkt in den Fokus gerückt, sei es bei der Präsentation neuer Trikots oder der Bewerbung für ein anstehendes Spiel. Auch die vielen lobenden Worte von Trainer Achim Beierlorzer in Richtung der eigenen Nachwuchsspieler fallen, so ehrlich sie im Kern sicher gemeint sein mögen, in dieser Häufung gewiss nicht zufällig. Der Verein hat erkannt, dieses Alleinstellungsmerkmal muss auch entsprechend kommuniziert, die Jungs müssen den Fans vermittelt werden.

Als Anführer der jungen Garde wurde zuletzt klar Ridle Baku auserkoren – das ist nur logisch. Die Geschichte, wie er einst von der Autobahnraststätte aus zum Bundesliga-Debüt kam, ist einfach ganz wunderbar, wie auch seine Bedeutung für den Klassenerhalt in jener Saison 2017/18 durch Tore gegen Leipzig und in Dortmund. Diese Geschichten, zwei Euro ins Phrasenschwein, schreibt nur der Fußball – und im Idealfall erzählen sie die Fans noch in vielen, vielen Jahren, wenn sie sich an Ridle Bakus Mainzer Zeit zurückerinnern.

Denn dass einer wie er Begehrlichkeiten weckt, kann nun wirklich nicht verwundern, und es wäre eher eine Überraschung, wenn er über die gerade angelaufene Saison hinaus bei 05 spielen würde. Sein aktueller Vertrag läuft bis 2022, heißt, nach dieser Serie wird er wohl für eine angemessene Ablöse den im Fußball viel zitierten nächsten Schritt machen. Es wäre allerdings ein fatales Signal, wenn sein Abschied nun, wie aktuell kolportiert, schon in diesem Transferfenster und so mitten in den Beginn der Saison hinein stattfinden würde.

Es hat Mainz 05 mal ausgezeichnet, mit den Spielern ein sehr ausgeprägtes Geben und Nehmen zu praktizieren. Junge Talente, die für drei bis vier Jahre unterschreiben, wissen, sie haben bei dem entsprechenden Interesse gute Chancen, auch nach zwei Serien zu gehen. Dafür hauen sie sich in dieser Zeit aber rein und fangen nicht nach einem Jahr an, Abschiedsträume in ihren heimischen Medien zu formulieren. Dieser unausgesprochene Pakt ist brüchiger geworden, sei es bei Abdou Diallo, der nach einem Jahr bereits nach Dortmund verschwand, sei es JP Mateta, der aus seiner Verletzung heraus Wechselwillen bekundete – oder auch bei Baku selbst, der extrem früh damit begann, weitere Karriereschritte zu thematisieren.

Die Gier nach mehr ist nicht nur in Ordnung, sondern auch wichtig – sie treibt die Spieler an und ist ein Baustein ihrer Entwicklung. Entscheidend ist aber der Zeitpunkt und entscheidend ist auch, wie viel Bindung zuvor in Sachen Mainz 05 da ist. Denn wenn ein so junger Kerl wie Baku, der für seine mögliche große Zukunft noch alle Zeit der Welt hat, tatsächlich keine Lust darauf haben sollte, als ein Gesicht des Vereins eine ganze Saison als Stammspieler bei Mainz 05 zu bleiben, dann läuft die Kommunikation nicht auf Augenhöhe. Immerhin reden wir hier über einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Er muss in Mainz wahrlich nicht alt werden, aber wer, wenn nicht solche Jungs, sollten Bock darauf haben, mit diesem Verein etwas zu reißen?

Ein klares Bekenntnis des Spielers zu Mainz 05 wäre deshalb wichtig, um die Diskussion im Keim zu ersticken und den Fans des Clubs ebenso wie den anderen Nachwuchsspielern zu signalisieren: Die ferne Zukunft mag in der Fremde liegen. Die Gegenwart wird in Mainz erfolgreich gestaltet.

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