Michael Welling ist der neue Mr. Marketing bei Mainz 05

Was am Sonntag bereits von einigen Medien gemeldet wurde, hat der FSV am Montag offiziell verkündet: Die 05er sind auf der Suche nach einem Nachfolger für Dag Heydecker, der Mainz in Richtung Sandhausen verlassen hat, fündig geworden. Zum 1. Juni übernimmt Michael Welling die vakanten Bereiche Marketing und Vertrieb. Der war zuvor von 2010 bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden im Februar hauptamtlicher 1. Vorsitzender des Rot-Weiss-Essen.

Der Neue in Mainz: Michael Welling. (Foto: Mainz 05)

Der Neue in Mainz: Michael Welling. (Foto: Mainz 05)

Der aus dem Emsland stammende Welling ist Wirtschaftswissenschaftler und war in seiner Promotionszeit beratend für den VfL Bochum und dann bis 2007 als Assistent des Vorstands tätig. Dann ging der heute 46-Jährige zum Sportrechtevermarkter Sportfive (heute Lagardère Sports Germany). Gut vorstellbar, dass seine Kontakte zum kaufmännischen Vorstand der 05er, Jan Lehmann, aus dieser Zeit stammen, denn der war vor seiner Tätigkeit bei der DFL (ab Februar 2009) beim Sportmarketingunternehmen Infront Sports & Media tätig. Lehmann kommentiert die „Neuverpflichtung“ der Mainzer so:

Ich kenne Michael Welling schon seit einigen Jahren. Er verfügt über große Kompetenz in den Themen Marketing und Vertrieb und langjährige Berufserfahrung im Fußball. Er passt mit seinem Fachwissen, seiner Leidenschaft für den Fußball und mit seiner offenen und kommunikativen Persönlichkeit sehr gut zu uns nach Mainz und zu den anstehenden Aufgaben des Vereins und ist für mich die Idealbesetzung für diese Position. Ich freue mich sehr, dass wir ihn für uns gewinnen konnten.
Jan Lehmann
1. Mainz 05

Rot-Weiss-Essen im Herzen: Uwe Strootmann. (Foto: privat)

Rot-Weiss-Essen im Herzen: Uwe Strootmann. (Foto: privat)

Ich habe Uwe Strootmann ein paar Fragen zum neuen Mann beim FSV gestellt. Strootmann bloggt seit Jahren „Im Schatten der Tribüne“ mit sehr viel Herz und Fanromantik zu Rot-Weiss. Dabei entzückt er mit so schönen Überschriften wie „Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Fußball des Lebens“ (frei nach Nietzsche) und ist immer ganz nah dran an seinem Verein. Und obwohl ich nicht alle seine Texte lesen konnte, habe ich einen Liebling.

Michael Welling hat vergangenes Jahr bei Rot-Weiss-Essen um die Auflösung seines Vertrages gebeten. Angeblich gab es bereits im Herbst Kontakte zu Mainz 05 und Essen hat deshalb auf eine festgeschriebene Ablösesumme in Wellings Auflösungsvertrag bestanden. Weißt du da Genaueres?
Das ist Kokolores. Es wurde an der Hafenstraße als Gerücht kolportiert, da bekannt wurde, dass in Mainz ein Platz im Vorstand neu zu besetzen sein wird. Es gab von ihm aus bis dato keinen Kontakt nach Mainz. Der Auflösungsvertrag geht zudem auf seine eigenen Kosten. Ernsthaft kam Michael erst später in Mainz auf die Tagesordnung. Ich glaube, für ihn galt es, erst mal den Kopf auch nur annähernd frei zu bekommen, statt sich sofort anderen Arbeitgebern zu widmen.

Welling kam nach dem finanziell bedingten Zwangsabstieg von Rot-Weiss Essen im laufenden Insolvenzverfahren zum Verein. In seiner ersten Saison gelang der direkte Wiederaufstieg von der NRW-Liga in die Regionalliga West. Der Verein ist heute schuldenfrei, die Mitgliederzahlen wurden verdoppelt und die Sponsoren von 63 auf über 400 ausgebaut. Wie viel Anteil hat Welling an diesem Erfolg?
Nun, Michael kam ja zu einer Zeit zu uns, in welcher der RWE gerne in den Medien als beispielhaft dafür herhalten durfte, wenn es inhaltlich um wirtschaftlich ruinierte und sportlich abgestürzte Traditionsvereine ging. Was im Nachgang vielleicht gar nicht so schlecht war, konnte an vielen Reaktionen im Anschluss doch festgestellt werden, dass der RWE noch in vielen Köpfen höherklassig verortet ist und gerne als sportlicher Gegner und Rivale auf Fanebene gesehen wird. So jedenfalls blieb man im Gespräch. Es ging also um einen Neuanfang in der fünften Liga, die Mannschaft rekrutierte sich vornehmlich aus der Zweitvertretung. Michaels Einfluss auf deren Zusammensetzung war also gering bis gar nicht vorhanden. Was aber vorhanden war, war ein Optimismus und die sofortige Identifikation mit dem Verein. Und das quasi auf Trümmern, denn das innig geliebte Georg-Melches Stadion wurde mehr und mehr zurückgebaut oder fiel in sich zusammen. Der Neubau an fast gleicher Stelle war noch weit entfernt zu dieser Zeit. Wir hatten doch nichts. Aber dann nahm uns die Mannschaft mit auf eine Reise durch die Saison, und Michael und sein Team konnten in diesem Fahrtwind Strukturen schaffen und in kleinen Schritten die Basis legen für den von dir beschriebenen Stand heute. Michael ist ein Teamplayer und würde das nicht als seinen Erfolg verbuchen. In dem Jahr hat damals alles gepasst. Ganz persönlich muss ich aber sagen, dass uns dieser ruhige Optimismus nebst direkter Assimilation in die „Befindlichkeit Hafenstraße“ überrascht und positiv gestimmt hat. Gestern gefühlt noch beerdigt, kommt plötzlich jemand und spricht begeistert in die Kamera: von Rahn und den ganzen anderen Dingen, warum es toll ist, ein RWE Fan zu sein. Das war definitiv ein Puzzlestück Richtung Anteil.

Bis zum Abriss 2012 die fußballerische Heimat von Welling in Essen. (Foto: Catenaccio 07)

Bis zum Abriss 2012 die fußballerische Heimat von Welling in Essen. (Foto: Catenaccio 07)

In Wellings Zeit bei RWE fällt auch die Gründung der Frauenfußball-Abteilung 2014, in die nach deren Abmeldung alle Teams von Schwarz-Weiß-Essen übernommen wurden. Welche Rolle spielt der Frauenfußball heute für den Verein, sowohl intern als auch in der Außendarstellung?
Rot-Weiss Essen ist ein Fußballverein und konnte somit gar nicht anders als „Ja“ zu sagen, als die ETB-Frauen an der Hafenstraße angeklopft haben. Vielleicht ist die Außendarstellung noch nicht die optimalste, zudem verwalten sich die Frauen selbst. Möglicherweise sind sie auch immer noch nicht zu 100% bei RWE angekommen, das kann ich nicht in Gänze beurteilen. Aber sie sollen die Rolle spielen, die eigentlich die Grundidee des Fußballs ist und eben Spaß am selbigen haben. Und ich hoffe, davon haben sie jede Menge.

RWE ist ja alles andere als ein Hochglanzprodukt. Wie passte einer wie Welling, der viel mit den alten Kollegen von Infront und der Universität gearbeitet hat, da rein? Hintergrund der Frage ist, dass ich in Mainz gewisse Ängste wahrnehme, mit Leuten wie Jan Lehmann und nun Welling, die sich erstmal nicht nach „Basis“ anfühlen, verliere der Verein (weiter) Charakter. Kannst du diese Ängste nachvollziehen? Und sind sie im Falle Welling gerechtfertigt?
Die Ängste kann ich beruhigt nehmen und ich muss direkt schmunzeln. RWE ist absolut alles andere als ein Hochglanzprodukt. Und, jetzt kommt das besonders Schöne an unserem Verein: Wir wollen sportlichen Aufstieg, dafür würden manche Fans alles geben. Aber niemals wollen wir ein Hochglanzprodukt sein. Wir sind selbsternannte Fußballunterschicht und trinken vor dem Spiel den halben Liter Stauder im VIP Bereich des kleinen Mannes, dem Hafenstübchen. Dort, wo das Bier aus dem Fenster gereicht wird. Hochglanz passt nicht in den Essener Norden nach Borbeck. Die Hafenstraße ist kein schöner, aber doch der schönste Ort für Fans, wie wir es sind. Es ist alles ein wenig rauer und dafür umso charmanter. Eigentlich sind wir alle aus der Mode gekommen. Dass da nun einer mit Doktortitel und Lehrstuhl an die Hafenstraße kam, das hat eigentlich keinen gejuckt. Der Mann hatte zu malochen, das war wichtig. Titel zählen da nicht wirklich. Zudem war das Auftreten von Michael Welling nicht das, was man sich möglicherweise von einem Professor-Doktor erwartet. Es war eher eine unglaubliche Vorfreude auf diesen speziellen Verein und ein offenes Zugehen auf alle, die damit zu tun hatten. Er wollte das unbedingt und das war zu spüren. Hier muss niemand Ängste haben.

In seinen sieben Essener Jahren war Michael Welling das Gesicht des Vereins und ein wenig liest sich diese Geschichte wie die von Christian Heidel hier in Mainz. Und wie Heidel arbeitete auch er seinen Nachfolger Marcus Uhlig ein, was im Fußball eine Seltenheit ist. Wie stark war Wellings Verbindung mit den Fans und dem Umfeld? Wie schwer wiegt sein Abgang?
Die Fans waren ihm sehr wichtig und er hat stets die offene Kommunikation mit ihnen gepflegt. Ob nach dem Aufstieg oder Jahre später nach bitteren Niederlagen und Pöbeleien am Zaun, um zu beschwichtigen. Er hat viel (für meinen Geschmack etwas zu viel) über die sozialen Medien mitgeteilt, auch, um so transparent zu sein und so viele Fans wie möglich zu erreichen. Immer im Sinne des Vereins. Was bei leider immer stärker werdender Respektlosigkeit in den Kommentarspalten oft auch Abneigung oder unreflektierte Wut zur Folge hatte. Vorzugsweise natürlich nach sportlichen Misserfolgen. Wie schwer sein Abgang wiegt, ist eine Frage, die ich so nicht beantworten wollen würde. Ich würde eher sagen, es war ein guter Zeitpunkt, um einen Schlussstrich zu ziehen, und ich finde diesen konsequenten Schritt mutig. Der ausbleibende sportliche Erfolg hat Michaels Kernkompetenzen und die vielen wirtschaftlichen Erfolge komplett übertüncht. Er stand nun quasi für jedes verlorene Spiel Pate, auch die Initiative „Hoch3“ wurde ihm vor die Füße geworfen, obwohl sie ein legitimer Versuch war, alle Kräfte zu bündeln und noch zusätzlich Gelder für Spieler zu generieren. Doch dann war Spieltag und die Mannschaft hat mal wieder alles in die Tonne gekloppt. Da musste irgendwann ein Schlussstrich kommen. Dass zudem an der Hafenstraße ein hoch emotionales Umfeld zu Hause ist, hat die Arbeit als Vereinsboss sicher nicht erleichtert. Was den Verein aber auch wieder so ausmacht. Die Menschen leiden wirklich extrem mit ihrem RWE.

Gerstensaft für durstige Essener Fans. (Foto: Catenaccio 07)

Gerstensaft für durstige Essener Fans. (Foto: Catenaccio 07)

Da so viele Vereine unterhalb der Bundesliga in Geldnöten sind, wird der Verdienst von Michael Welling um den (früher immer klammen) RWE erst richtig deutlich: Er hinterlässt einen schuldenfreien Verein auf Eigenkapitalbasis. Was hätte ich ihm auch sportlichen Erfolg gegönnt!
Uwe Strootmann
Im Schatten der Tribüne

Nach allem, was ich zu Welling gelesen habe, hatte er in Essen ohnehin immer ein offenes Ohr für die Fans. Die Auseinandersetzung, so scheint es, war dabei durchaus kritisch, aber respektvoll und auf Augenhöhe. Ein gutes Beispiel ist sein Ton in einem offenen Brief 2014. Was kannst du zu seinem Verhältnis mit Fans und Szene erzählen?
Wie schon leicht angerissen, hatten Michael und die Fans einen guten Start, fingen doch alle bei Null an. Da war es einfach, sich anzunähern. Diese offene Kommunikation und auch das Einsetzen für Fanbelange waren wir nicht gewohnt. Zudem waren auch die Gruppen auf der Westtribüne noch homogener. Nach Auflösung der Ultras Essen gab es wieder mehr Gruppen auf den Tribünen, die mit jeder Saison sportlichen Misserfolgs natürlich auch unzufriedener wurden. Und es gab für ihn als Vereinsvorsitzenden auch unangenehme Dinge durchzusetzen. So gab es viele Facetten, die sich mittlerweile auf den Tribünen rund um den Vereinsboss Michael Welling ergaben, die ich aber nicht genauer kenne und auch nicht kennen muss, da ich kein Teil der Szene bin. Die Szene hat wohl größtenteils seinen Abschied zufrieden zur Kenntnis genommen, während viele andere ihn bedauern und zurecht auf die wirtschaftlichen Erfolge unter seiner Amtsführung verweisen. Leider, leider, leider ist jedoch ein Sportverein wohl immer noch in erster Linie zu sportlichem Erfolg verpflichtet und erst dann zu schwarzen Zahlen oder sozialem Engagement. Michael hat unserem Verein nicht geschadet, sondern ihn mit ganz viel Kreativität wieder in Richtung Eigenkapital gesteuert. Was würden aktuell beispielsweise Erfurt oder Chemnitz nur für einen solchen Status geben? Geschadet hätte er dem Verein definitiv, wenn er sich auch noch auf den Platz gestellt hätte, um selbst gegen den Ball zu treten. Dann wären wir wohl mehr als einmal abgestiegen.

Im Interview mit Der Westen sagte Welling im Januar zu der Kritik, man habe sich sportlich nicht von der Stelle bewegt: „Wir sind regionalligaweit sicherlich der einzige Verein, der sich aus dem operativen Geschäft finanziert. Dennoch sind wir sportlich in den letzten Jahren stets hinter unseren eigenen Möglichkeiten zurückgeblieben. Das ist durchaus zermürbend.“ Woran liegt dieses Zurückbleiben deiner Meinung nach?
Ganz einfach: In einer verfehlten Kaderzusammenstellung. Und das über mehrere Saisons hinweg. Zudem kamen in der Ära Uwe Harttgen auch die große Eiszeit und noch mehr Spieler über den Verein. Allein die Zeit mit Harttgen hat den Verein zwei Jahre an kontinuierlicher Aufbauarbeit gekostet. Der Druck an der Hafenstraße ist immens hoch, die Sehnsucht nach sportlichem Erfolg wichtiger als der eigene Herzschlag. Das Trauma „Lübeck 2008“ wirkt zudem in den Köpfen nach und konnte nur kurzzeitig durch die Aufstiegssaison 2010/2011 verdrängt werden. Zudem ist uns komplett der Optimismus abhandengekommen. Wir brauchen einfach mal wieder diese eine Saison, in der alles passt. Aber, wie soll das gehen, wenn Jahr für Jahr der große Umbruch ansteht. So viele Spiele kamen und gingen… Das war zu viel. Und es fehlte einfach der Trainer, der es geschafft hätte, eine Aufstiegsmannschaft zu formen. Es fehlte auch das Selbstvertrauen der Spieler. Meine Güte, wenn du hier in Essen aufsteigst, bekommst du rund um die Hafenstraße ein Leben lang Stauder frei Haus. Aber es gibt im modernen Fußball als Spieler eben auch nicht mehr die Identifikation mit dem Verein, wie es mal war. Cebio Soukou ist so ein Fall: Hätte ein Großer bei uns werden können, kam aber mit zig Beratern um die Ecke und erzwang so seinen Wechsel nach Aue. Also: Wir bleiben so lange zurück, bis es die Mannschaft auf dem Platz richtet.

Glaube kann im Fußball Berge versetzen. (Foto: Catenaccio 07)

Glaube kann im Fußball Berge versetzen. (Foto: Catenaccio 07)

Am Ende stagnierte Rot-Weiss insgesamt. Warum konnte die positive Entwicklung des Vereins ab einem gewissen Punkt nicht mehr weitergeschrieben werden? War für RWE ganz einfach das Ende der Fahnenstange erreicht oder welche Gründe siehst du?
Wie gesagt, ein Sportverein steht und fällt mit der sportlichen Entwicklung! Ist diese positiv, wächst der Verein. Spielst Du Woche um Woche Grütze zusammen, interessiert kaum einen die positive Jahresabschluss-Bilanz oder ein neuer Fanartikel. Das Tragische daran: Eigentlich gibt es für den RWE kein Ende der Fahnenstange. Platzt irgendwann mal der sportliche Knoten, bekommen wir allesamt mal wieder eine positive Grundstimmung hin, beginnen die Saison mit drei oder vier Siegen… Da kann ich nur ansatzweise das Gefühl wiedergeben, was dann rund um die Hafenstraße los wäre. Sie wären alle wieder da. Jung oder Alt, Hool oder Kutte, Ultra oder kein Ultra. Die ganze Familie. Würden „Adiole“ mit einer Inbrunst singen, dass man in Gelsenkirchen erschrocken zusammenzuckt. Und ich weiß, dass Michael für genau diesen Moment gearbeitet und gelebt hat.

Neben dem Fußball hat Welling das soziale Projekt „Essener Chancen“ mit ins Leben gerufen, dessen Vorsitzender er auch war. Kannst du dazu etwas sagen?
Da selbst in einem sozialen Beruf tätig, muss ich sagen, dass ich es eine wunderbare Sache finde. Dieses Projekt hat nicht nur Menschen geholfen, sondern auch den Namen Rot-Weiss Essen wieder positiv besetzt. Und vielleicht wird es ja einer dieser Kinder und Jugendlichen mal schaffen, den entscheidenden Elfmeter für unsere Roten in der Relegation zu verwandeln. Dann hätte sich alles zusammengefügt. Dieses Projekt ist wichtig für RWE, aber noch wichtiger für diejenigen, denen man so Sozialkompetenz zukommen lässt. Das ist auch ein Verdienst von Michael nebst Team, steht aber leider im Schatten der sportlichen Misserfolge.

Bildung, Ausbildung und Integration sind nicht nur Schlüssel für die Zukunft von Kindern und Jugendlichen – auch die Gesellschaft von morgen ist darauf angewiesen. Nur wenn wir es schaffen, alle sozialen Schichten und Kulturen einzubinden, haben unsere Stadt und unsere Region eine Chance. Wir wollen mit Essener Chancen e.V. hierzu einen Beitrag leisten, Kinder und Jugendliche auch aus bildungsfernen Familien auf diesem Weg mitnehmen, sie motivieren und aktivieren, damit sie ihre Chancen für Schule, Bildung, Ausbildung und Beruf ergreifen – im Essener Norden genauso wie im Essener Süden.
Leitbild der Essener Chancen

Gegen Ende der Essener Zeit gab es durchaus auch Missstimmung gegen Welling. Ein Vorwurf, den ich gelesen habe, war, er habe sich dann mehr für Politik als für Fußball interessiert. Ein zweiter, er habe plötzlich im sportlichen Tagesgeschäft mitmischen wollen. Wie siehst du das?
Ich sehe das entspannt, da es sich – wie so vieles in der heutigen Zeit – in den sozialen Netzwerken hochgeschaukelt hat und sich heute ein jeder nun mal schnell die Welt bastelt, wie er sie gerne hätte. Eine eigene Meinung zu haben und diese zu vertreten, ist sicher noch kein Ausflug in die Politik, und definitiv wollte er nicht im sportlichen Tagesgeschäft mitmischen. Das macht dann vielleicht doch den Intellektuellen in ihm aus: Er weiß um seine Fachgebiete. Was viele nicht mehr differenzieren konnten, war, wie sehr ihm eine Niederlage der eigenen Mannschaft an die Nieren gegangen ist. Natürlich hätte er, wie jeder von uns auf den Tribünen, gerne selbst den Ball ins Tor gedroschen. Aber als Fan, wie man das als Fan halt so möchte! Natürlich war er aber das Gesicht des Vereins und es wurden daher gemeinsam in den diversen Gremien getätigte Beschlüsse von uns Fans an ihm festgemacht. Andere konnten sich dann stets zurücklehnen, im Hintergrund agieren. Als Vereinsboss kannst Du das nicht. Ja, es gab durchaus diese Missstimmung. Aber nun ist Michael weg und die Missstimmung geht weiter, da immer noch kein sportlicher Erfolg eintritt. Es braucht also doch eher Optimismus.

In Essen haben sich die Mitgliederzahlen unter Welling verdoppelt. (Foto: Catenaccio 07)

In Essen haben sich die Mitgliederzahlen unter Welling verdoppelt. (Foto: Catenaccio 07)

Mit durchschnittlich 7.352 Besuchern war Essen in der Saison 2015/16 der Regionalligist mit dem größten Zuschauerzuspruch. In Mainz ist – wenn auch auf einem ganz anderen Niveau – der Zuschauerrückgang seit Jahren großes Thema. Wie viel Hoffnung kannst du uns machen, dass Michael Welling hier gute Ideen hat, die mehr sind als reine Marketingaktionen?
Natürlich wird euch Michael nicht ad hoc die Hütte wieder füllen. Ich denke, dass auch bei euch eher die sportliche Momentaufnahme einer der Gründe sein dürfte. Und vielleicht auch die Lage des neuen Stadions. Möglicherweise der ganze Frust um die große Blase Bundesliga. Aber Michael bringt sein Handwerkszeug mit: basierend auf Kreativität, Fachwissen und Teamarbeit. Es werden gute Ideen kommen. Definitiv.

Wie würdest du abschließend Wellings Kernkompetenzen beschreiben und worauf dürfen wir uns diesbezüglich hinsichtlich seiner künftigen Rolle in Mainz besonders freuen?
Michael ist Marketingmensch und Wirtschaftswissenschaftler mit Leib und Seele. Fußballfan aus Leidenschaft. Zudem mit einer großen Portion Gelassenheit ausgestattet. Und diese Stärken kann er nun im Hintergrund dem FSV Mainz 05 zukommen lassen. Losgelöst von der Pflicht, das Gesicht eines Vereins darzustellen. Ihr könnt euch also darauf freuen, dass er einfach seinen Job macht. Und den wird er gut machen, dessen bin ich mir sicher. Nur der RWE!

Danke für das Gespräch! Und: Nur der FSV!

Zum Schluss noch ein Lesetipp zusätzlich zu den bereits verlinkten Texten: Ende letzten Jahres hat Michael Welling Catenaccio 07 ein Interview gegeben und darin auf seine ablaufende Zeit in Essen zurückgeschaut: klick. Ein Highlight, das der scheidende Vorsitzende dem RWE-Blogger über seine sieben Jahren verriet, war übrigens ein Abend, an dem er mit zwei Fans heftig in deren Bandkeller versumpfte… In diesem Sinne: Willkommen in Mainz, Michael Welling.

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