Nachgefragt bei… Bettina Apelt

Was treibt Menschen eigentlich an, ihre Freizeit in Blogs, Podcasts und ähnliches mehr zu stecken, statt sie in der Hängematte zu verbringen? Oder von der anderen Seite betrachtet, wieso machen sie ihr Hobby nicht zum Beruf? Künftig kommen hier in der Rubrik Nachgefragt bei… regelmäßig Menschen zu Wort, deren Projekte mir auf der täglichen Reise durchs Netz aufgefallen sind. Im zweiten Teil spreche ich mit der Kulturjournalistin Bettina Apelt aus Berlin.

Hallo Bettie! Du betreibst den Blog Das frühe Vogerl und die fabelhaften Veränderungen. Worum geht’s da genau?
Hallo liebe Mara, auf meinem Blog geht es um die Vereinbarkeit von Kultur mit Kind. Bevor ich Mutter wurde, war mir mein kulturelles Leben sehr wichtig. Mich hat interessiert, wie wichtig bleibt es und wie geht es anderen Eltern damit. Dazwischen geht es natürlich aber auch um andere Elternthemen, wie die Hebammendebatte. Die Unmöglichkeit, dass sich in Deutschland freiberufliche Hebammen ihren Beruf nicht mehr leisten können, betrifft jeden, wenn auch vielleicht auf den ersten Blick nicht unmittelbar. Das ist auch eine Form von Kultur.

Eine Österreicherin in Berlin: Bettie.

Eine Österreicherin in Berlin: Bettie.

Wie bist du ursprünglich zum Bloggen gekommen? Und was reizt dich daran?
Früher habe ich im Online-Forum eines Magazins geschrieben, dann einen Reise-Podcast gehabt und schließlich einen Video-Podcast: Es ist mir also immer schon ein Anliegen, mich mitzuteilen. Wichtig ist mir, immer nur ein Thema zu haben, deshalb habe ich auch mal eine Weile nichts gemacht. Speziell reizen tut mich das Schreiben, natürlich, und beim Bloggen das Selbstbestimmen eines Themas und der Austausch.

Ein Thema in deinem Blog ist, wie du schon sagtest, die Vereinbarkeit von Kind und Kultur. Wie sind deine eigenen Erfahrungen dabei? Und worauf möchtest du, ob mit Vogerl oder ohne, auf keinen Fall verzichten?
Seitdem sich mein Sohn fortbewegt, komme ich natürlich weniger zum Lesen, als in der Zeit als er noch ganz viel geschlafen hat. Das liegt aber auch daran, dass ich in letzter Zeit leider meist nur so mittelgute Bücher erwischt habe, und dass die Bloggerei ja auch immer mehr Zeit in Anspruch nimmt. Neben dem Lesen und Schreiben ist mir auch die Kaffeehaus-Kultur unglaublich wichtig. Und ich bin in der glücklichen Lage, dass sich meine Familie auch dafür begeistern kann, und wir in Berlin auch Kindercafés haben, in denen Treffen mit mehreren Kindern zu realisieren sind.

Du interviewst regelmäßig andere Eltern zu ihrem Kultur-, aber auch Onlineverhalten mit Kind. Was ziehst du selbst aus diesen Gesprächen?
Vor Jahren war ich auf dem Kinderspace eines Festivals. Voller Euphorie habe ich damals einen Artikel darüber geschrieben, über das Festival mit Kind. Als wir dann selbst Eltern geworden sind, waren wir der Meinung, dass sicher alle unsere Freunde das Bedürfnis haben, diesen Teil nun mit Kindern weiterzuleben. Irrtum. Es teilt sich in zwei Lager: Die, die nicht mehr auf Festivals gehen, und die, die gehen und das Kind zur Oma geben. Das hat mich sehr irritiert. Ich wollte unbedingt wissen, wie andere Eltern ihre Kinder mit einbeziehen. Und habe dabei schon tolle Antworten erhalten. Zum Beispiel von Kathi, wie sie in der Bar 25 tagsüber mit ihrer kleinen Tochter war, oder von Heike, die mit ihren Kindern eine Weltreise gemacht hat. Das finde ich inspirierend. Zum Festival: Dieses Jahr probieren wir das übrigens endlich selbst aus.

Logo Vogerl

Die Blogsphäre wirkt manchmal je nach Thema sehr auf sich bezogen, sprich: Mama-Blogger tauschen sich mit Gleichgesinnten aus, Sport-Blogger ebenso. Woran liegt das – oder ist der Eindruck falsch? Falls er richtig ist: Wird das nicht langweilig?
Du sprichst da etwas an, das leider so ein bisschen stimmt. Ich war ja ursprünglich mal eine Buch-Bloggerin, bin aber jetzt natürlich mehr mit Mama-Bloggern vernetzt, da es ja bei mir vor allem um den Alltag als Familie geht. Deshalb sind nun meine Leser meist Eltern, die jetzt nicht alle automatisch so literaturaffin sind. Bei frisch gebackenen Eltern sind natürlich meist auch andere Dinge zentral. Habe ich bei meinem Videoblog noch ausschließlich über Debütantenliteratur geschrieben, ist das bei meinem jetzigen Blog weniger Thema. Das ist aber ok, weil das bei mir ja jetzt auch nicht mehr so im Zentrum steht. Es gibt natürlich Blogs, bei denen sich alles um den Baby-Alltag dreht, und wenn es nur ums Sauberwerden, die Einschlafproblematiken oder die richtige Ernährung geht, wird mir das schnell langweilig. Es gibt aber auch jede Menge Elternblogs, die so vielfältig sind, dass das weit über den Rahmen hinausgeht. Grosseköpfe zum Beispiel, oder das Kaiserinnenreich. Und dann gibt es natürlich auch Blogs, die ich vor allem wegen dem Tipp-Charakter gerne lese, weil hier wirklich Experten am Werk sind. Das gewünschteste Wunschkind zum Beispiel hat mir sicher einige, oft dröge Fachbücher erspart. Oder bei Anja von Guten Eltern oder Jana vom Hebammenblog lese ich gerne aus dem Alltag von Hebammen.

Speziell in Berlin scheint es sehr viele Mom-Blogs zu geben. Trefft ihr euch auch mal persönlich, oder bleiben die Verbindungen virtuell?
Das ist einer der vielen Vorteile, die wir hier in Berlin haben. Findest Du jemanden gut, und die Person Dich auch, klappt es meist recht schnell sich zu treffen. Sehr viele Bloggerinnen konnte ich so schon kennenlernen, und die meisten davon auch gernhaben. Im Mai war die erste Elternkonferenz, die Blogfamilia, in Kreuzberg, da konnte ich auch einige kennenlernen, die an ganz anderen Ecken Deutschlands wohnen. JuSu vom Blog Mama Schulze zum Beispiel, eine beeindruckende Frau, die von ihrem Leben als zweifache Mutter mit einer MS-Erkrankung schreibt.

Wie viel Zeit steckst du in einer durchschnittlichen Woche in deinen Blog? Kannst du benennen, was dich dafür motiviert?
Es sind in der Tat viele Stunden. Das Schreiben von Artikeln, das Recherchieren von Interviewpartnern und dann natürlich auch noch das Lesen der Kollegen. Momentan mache ich das einfach sehr gerne, deshalb führe ich auch keine Stundenaufstellung, denn sonst könnte es mich eventuell doch erschrecken. Motivieren tun mich seit Jahren die gleichen Dinge: mir wichtige Themen, das Schreiben und der Austausch. Dass das in Berlin dann auch offline weitergehen kann, ist natürlich ein wichtiger Punkt.

Wie wichtig ist der finanzielle Aspekt? Und ist das überhaupt ein Ziel des Bloggens? Oder siehst du es eher als Hobby – und was passiert, wenn du wieder in deinen Job einsteigst?
Da ich Kulturjournalismus studiert habe, ist auch das Bloggen nie nur Hobby. Ob es Kooperationen sind oder Aufträge, die sich daraus ergeben, nur für den reinen Zeitvertreib möchte ich natürlich nicht bloggen. Momentan bin ich noch in Elternzeit, kann mich also noch ausführlich damit beschäftigen, was mir inhaltlich wichtig ist. Wenn mein Sohn in die Kita kommt, wird natürlich der Erwerb auch immer wichtiger und das Bloggen bzw. das Schreiben hat dann wieder einen anderen Stellenwert. Ich bin auf alle Fälle gespannt drauf.

Fotos & Logo: Bettina Apelt

Fotos & Logo: Bettina Apelt

Wie wichtig sind dir Zugriffszahlen? Weißt du, wer den Blog besucht? Und wie intensiv ist der Austausch mit deinen Lesern?
Natürlich sind Zugriffszahlen wichtig. Keiner der eine gewisse Anzahl an Stunden in seinen Blog investiert, kann mir erzählen, dass er das nur für sich macht. Außer er hat einen gut dotierten Job in der Wirtschaft und macht das als Ausgleich, aber selbst dann: Jeder will gelesen werden. Der Austausch mit den Lesern ist wichtig, und kann befruchtend sein, wenn dich jemand auf einen anderen Artikel hinweist, dir seine Erfahrungen erzählt oder dir sogar einen Interviewpartner empfiehlt. Aber es kann natürlich auch nervig sein. Grad wenn ein Artikel von anderen geteilt wird, hat man dann oft Leser, die ganz andere Interessen haben, und da geht es dann auch schon mal etwas wilder zu. Richtig üble Dinge habe ich hier, zum Glück, noch nicht erlebt.

Du gehst hin und wieder Kooperationen ein und bietest deinen Lesern Gewinnspiele an. Welche Aktionen betrachtest du als sinnvoll, was kommt eher nicht in Frage? Und sprichst du die Firmen an, oder kommen die (inzwischen) auf dich zu?
Zuletzt gab es auf meinem Blog eine Jungspuppe zu gewinnen. Auf die Firma bin ich zugegangen, weil ich die Puppe einfach wahnsinnig toll fand. Viele Blogger kriegen ganz oft Kooperationsanfragen, weil sie einfach viele Produkte testen, das trifft auch mich jetzt nicht so zu. Bei mir steht der Inhalt im Vordergrund, aber ich bin Kooperationen gegenüber aufgeschlossen, wenn sie passen. Der Bereich ist auf jeden Fall ausbaufähig, von beiden Seiten.

Wo ziehst du die Grenze zwischen dem, was du gerne im Blog, bei Twitter oder auf Instagram teilst und dem, was du privat halten möchtest? Und was sagt eigentlich der Papa vom frühen Vogerl zu deiner Leidenschaft?
Das Gesicht, der Name und private Dinge meines Sohnes bleiben privat. Ich verurteile niemanden, der das anders hält, aber für mich ist das nichts. Grad wenn ein böser Kommentator den Weg zu uns findet, bin ich sehr froh, dass da nirgendwo das entzückende Gesicht vom Vogerl zu sehen ist. Das fände ich einfach falsch. Bei mir entscheide ich es immer spontan. Mein Gesicht in die Kamera zu halten, damit habe ich kein Problem. Ich blogge ja auch unter meinen Namen. Einen Geburtsbericht, die Schilderung meines Sexuallebens oder allzu persönliche Details meiner Familie wird es auf dem Blog nicht geben, aber das erzähle ich ja auch einem Bekannten nicht, warum also dem Internet? Meinem Mann hat mich als Schreiberin im Internet kennen- und so hoffe ich, auch liebengelernt für den ist das ok. Er hat mir sogar schon ein Interview gegeben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Im dritten Teil von Nachgefragt bei… spreche ich mit Max Ost über den Fußballpodcast Rasenfunk.

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