Vergiftete Hoffnung: Finn lässt nicht locker

Ein halbes Jahr ist es her, dass Vergiftete Hoffnung im Societäts-Verlag erschienen ist. Es war ein halbes Jahr, in dem ich keine Lesungen halten konnte, in dem das Buch deshalb auch viel weniger sichtbar war, als 2018 der Vorgänger Im Schatten der Arena. Im März veröffentliche ich deshalb vier Ausschnitte aus dem 05-Krimi. Begleitet werden diese von den eingelesenen Kapiteln.

Der Kaffee schmeckt nach Zuhause. Jo nippt vorsichtig, genießt dabei die Wärme in ihren Händen und den Geruch, der dampfend aus der Tasse aufsteigt. Die ersten beiden Seiten der Zeitung sind durch den Regen völlig verklebt. Sie schüttelt den Sport aus dem hinteren Teil und streicht die Seiten glatt, als er in ihren Schoß fällt. In diesem Moment klingelt ihr Handy auf dem Nachttisch.

„Was zur Hölle?“ Jo betrachtet ungläubig die Nummer. Es ist Finn. „Du traust dich ja was“, murmelt sie hinter zusammengebissenen Zähnen und lässt das Handy weiter klingeln.

Auf den Sportseiten überfliegt Jo die Berichte zu den anstehenden WM-Qualifikationsspielen gegen Nordirland und Aserbaidschan. Sie kann es nicht konkret begründen, aber die Nationalmannschaft interessiert sie aktuell kein bisschen. Schade, dass deren Spiele der Bundesliga gerade eine Pause verordnen, sie wäre gern mit Luca ins Stadion gegangen am Wochenende. So müssen sie sich eine Woche gedulden, dann steht ein Heimspiel gegen den Hamburger SV an. Wenigstens mal wieder eine ausverkaufte Partie. Sie seufzt und erschrickt, als im nächsten Moment ihr Handy piepst. Finn hat ihr eine Nachricht auf die Mobilbox gesprochen.

„Hey Jo.“ Pause „Darf ich dich überhaupt so nennen?“ Nervöses Lachen. „Es. Ich würde wirklich gerne mit dir sprechen.“ Sie kann ihn atmen hören, es klingt schwerfällig. „Schau, ich weiß, dass du auf mich nicht gut zu sprechen bist. Aber es geht nicht um mich. Jemand, der sie verdient hat, braucht deine Hilfe. Bitte melde dich doch mal bei mir. Du bist der einzige Mensch, der mir einfällt.“

Wütend schnaubt sie durch die Nase. Vor einem Jahr war Jonas der einzige Mensch, der ihm eingefallen ist. Und was hat das ihrem besten Freund gebracht? Den Tod. Was bildet sich dieser kleine, überbewertete Kicker eigentlich ein, sie mit seinem Schwachsinn zu belästigen? Das Handy piepst erneut. Eine SMS.

„Hast du die Nachricht abgehört?“
„Fick dich, Finn. Lass mich in Ruhe“, tippt Jo wütend.
„Okay, fair.“
„Was weißt du denn über Fairness?“
Finn Arscholch schreibt.
Online.
Online.
Finn Arscholch schreibt.
Online.
„Gib mir fünf Minuten.“
„Wieso sollte ich?“
Finn Arscholch schreibt.
Online.
Finn Arscholch schreibt.

Jo muss lachen. Nicht, weil sie Finn statt des Nachnamens in ihrem virtuellen Telefonbuch ein „Arschloch“ verpasst hat, sondern, weil sie beim Abspeichern seiner Nummer offenbar so neben sich stand, dass sie das Wort falsch geschrieben hat. Dann ploppt ein Foto im Chat auf: ein schwarzer Jugendlicher mit neugierigen Augen, im roten Trikot der aktuellen Saison des 1. FSV Mainz 05.

„Sagt er dir was?“
„Nein. Sollte er?“
„Das ist Ugonna Okorie.“
„Okaaay.“
„Er ist in Schwierigkeiten.“
„Und warum ist das mein Problem?“
Finn Arscholch schreibt.
Online.
Finn Arscholch schreibt.

Am Küchentisch schlägt Luca laut und vernehmlich sein Messer auf den Rand seines Tellers. „Maaaamaaa. Es gibt Früüüühstück.“ Jo lässt das Handy ohne einen weiteren Blick aufs Bett sinken und verlässt das Schlafzimmer. Sie hat keine Lust, sich mit Finn und dem, was ihn beschäftigt, auseinan- derzusetzen. Wie dumm von ihr, dass sie seine Nummer nicht schon vor Monaten gesperrt hat, dann könnte er sie jetzt ein- fach nicht erreichen. Sie beschließt, das nach dem Essen nach- zuholen, um die Verbindung zwischen sich und dem Spieler zu kappen. Denn Finn kann sie mal kreuzweise. Und Ugonna, dings, unbekannterweise auch.

Vergiftete Hoffnung, Kapitel 4

aus: Vergiftete Hoffnung, Mainz 05-Krimi | Kapitel 4

Das Buch kann über jede Buchhandlung bezogen werden. Online ist es u.a. erhältlich im Shop der Autorenwelt.

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