Die Woche am Bruchweg (22/9): Besondere Umstände

„What a year, huh? “„Captain, it’s March.“ Oder so ähnlich. Wie über Fußball schreiben, wenn ein Krieg tobt? Wie über Krieg schreiben, wenn so viele Kriege der letzten Jahre viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen haben, zu viele Flüchtlinge ignoriert und abgewertet wurden. Es sind komplizierte Zeiten und vielleicht müssen wir lernen, das Nebeneinander von Dingen neu auszuhalten. Krieg aber ist keine Lösung. Niemals.

Und damit, tatsächlich, zum Fußball.

Der sich in diesen Tagen auch viel mit dem Thema Krieg befasst – und das ist gut so. Wichtig wäre, aus der momentanen Situation zu lernen: Wer plötzlich alles einen moralischen Kompass entdeckt, nachdem über Jahrzehnte kein Austragungsort oder Sponsor in diesem Sport zu absurd und schrecklich war, ist schon erstaunlich. Bleibt es bei diesem einen Anlass, wäre das ein Muster ohne Wert. Der Fußball und seine handelnden Personen müssen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung endlich dauerhaft gerecht werden, wenn es um die Wahl von Partner*innen geht.

Apropos Verantwortung, die übernimmt der Haupt- und Trikotsponsor von Mainz 05 gerade angesichts der Weltlage. Kömmerling ist Mitglied im Unternehmensverbund der Profine Group, die eine Produktionsstätte in der Ukraine haben. Dorthin spendet das Unternehmen nun eine sechsstellige Summe: Laut Rheinpfalz kommen 150.000 Euro direkt von Profine, darüber hinaus hat der Geschäftsführende Gesellschafter Peter Mrosik Kund*innen und Lieferant*innen aufgefordert, sich an der Aktion zu beteiligen.

Auch die DFL spendet, nämlich eine Million Euro zur humanitären Unterstützung der vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine. In einer Pressemeldung heißt es dazu: „In die Spende fließen sämtliche Einnahmen ein, die in der laufenden Saison noch durch den Vertrag mit dem russischen Medien-Unternehmen Match TV vorgesehen sind – und von dem die DFL in der aktuellen Situation nicht profitieren möchte.“ Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, wie Fangruppen aktiv werden, kann das beim geschätzten Kollegen Felix Tamsut tun.

Bei Mainz 05 selbst überlagert der Corona-Ausbruch im Verein alle anderen Neuigkeiten. In Team und Staff sind insgesamt 19 Personen betroffen, darunter 13 Spieler, 12 davon sind Lizenzspieler. In der Pressekonferenz am Freitag erklärte Sportvorstand Christian Heidel, man vermute eine Ansteckung rund um die Reise zum Auswärtsspiel bei Union Berlin, weil offenbar Infektionen dazu passen, wer unterwegs neben wem gesessen hat. Das Spiel gegen Borussia Dortmund wurde nach einem Antrag des Vereins an die DFL mittlerweile verlegt und findet am 16. März statt. Laut Heidel hat ein Großteil vor allem der Spieler keine Symptome. Die häusliche Isolation dauert zehn Tage, nach sieben ist es möglich, sich für den achten freizusetzen.

Heidel betonte, man nehme im Verein keine Schuldzuweisung vor hinsichtlich dessen, bei wem die Infektionskette ihren Anfang genommen hat – und das wäre natürlich auch völlig unangemessen. Interessieren sollte die Frage, wie die Ansteckungen verliefen, den Verein aber schon, vor allem, um eine Wiederholung der überaus misslichen Lage zu verhindern. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass nur noch Spieler und Staffmitglieder getestet werden müssen, die nicht geboostert oder genesen und zweimal geimpft sind (klick, danke an den Kollegen Jan Christian Müller für den Hinweis).

Zuletzt fehlten Stephan Kuhnert und Patrick Kaniuth bei der Partie gegen Bayer Leverkusen mit einer Corona-Infektion. Nun sind alle drei Torhüter unter den 14 positiv Getesteten. Wenn Testungen nur noch anlassbezogen stattfinden, steigt natürlich das Risiko, dass eine Ansteckung unerkannt ihre Kreise zieht – und erst auffällt, wenn ein Spieler oder Staffmitglied tatsächlich Symptome zeigt. Die Lage in Mainz zeigt jedenfalls überdeutlich, Corona ist als Thema nicht vorbei, so sehr wir uns das im Jahr drei der Pandemie sicher alle wünschen.

05-Verteidiger Stefan Bell bei der Medienrunde unter der Woche. (Foto: Screenshot)

Einen Medientermin gab es unter der Woche mit Verteidiger Stefan Bell, der gewohnt klar und offen über Themen rund um den Verein sprach. Besonders interessant fand ich seine ruhige Einschätzung zum Thema VAR, bei der er relativ deutlich wurde hinsichtlich der TV-Kommentator*innen, die aus seiner Sicht oft mit veralteten Informationen zu Regeln operieren. Das sei schwierig, da sie damit ja Meinung machten. Ich empfehle zur besseren Übersicht den Account von Collinas Erben.

Im Alter von 82 Jahren verstorben ist am Donnerstag der ehemalige 05-Spieler Heinz Wassermann. Der Linksverteidiger gehörte zur Mannschaft, die unter Trainer Heinz Baas legendäre Pokalerfolge feierte und stand auch beim Pfostenbruch im Spiel gegen Werder Bremen auf dem Platz. Seiner Familie von Herzen mein Beileid zu diesem Verlust.

Fußballvisionär Wolfgang Frank wurde am 21. Februar 1951 geboren und wäre vergangene Woche 71 geworden. Jürgen Klopp, der sich bekanntlich bis heute stark auf Frank bezieht, durfte wiederum ein Jubiläum feiern: Er wurde einst an Rosenmontag zum Coach ernannt, der 2001 auf den 26. Februar fiel. Zu diesem doppelten Anlass war ich zu Besuch im Podcast Nachholspiel, um über Franks Einfluss auf Klopp zu sprechen und einen Ausblick auf meine Biografie des umtriebigen Trainers zu geben, die im April im Verlag die Werkstatt erscheint. Die Folge könnt ihr hier hören. Außerdem habe ich mit den Hinterhofsängern über Frank gesprochen.

Am 5. März 1888 wurde Eugen Salomon in Wörrstadt geboren. Am Samstag um 13.30 Uhr werden die Mitglieder von Ente Bagdad anlässlich seines 134. Geburtstages und im Gedenken an die Opfer des Holocausts die Stolpersteine vor seinem zeitweiligen Zuhause in der Boppstraße 64 in Mainz putzen.

Es bleibt eine besondere Woche, nicht nur am Bruchweg. Passt auf euch und aufeinander auf.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.