Die Woche am Bruchweg (46/19)

Die feine Ader an der Schläfe von Danny Latza leistet harte Arbeit. Der Kapitän des 1. FSV Mainz 05 beantwortet die Fragen der Journalist*innen geduldig. Einer muss ja, da trifft es ihn in seiner Rolle nicht überraschend. Leicht kann ihm das kaum fallen, am Trainingstag eins nach Sandro Schwarz – aber es gehört nun mal zu seinem Job, voranzuschreiten. „Es wirkt natürlich noch ein bisschen nach, auf jeden Fall, aber es muss jetzt weitergehen“, gibt er zu Protokoll. Es sei für ihn persönlich ja nicht der erste Trainerwechsel. „Trotzdem war es für mich auch sehr emotional. Ich glaube, jeder wusste, was er am Trainer hatte.“

Künftig nicht mehr an der Seitenlinie: Sandro Schwarz. (Foto: Malino Schust)

Die Mannschaft müsse sich „vieles“ vorwerfen, bewertet Latza, der am Samstag von der Bank aus keine Chance hatte, das Drama mit abzuwenden. „Die Mannschaft hat sich, die Spieler haben sich in diese Situation gebracht. Jeder sollte sich hinterfragen, ob er wirklich alles gegeben hat, glaube ich, auch selbstkritisch sein.“ Die Ader arbeitet, während er einen Moment überlegt. Man müsse „trotzdem“ weitermachen, versucht die Nummer 6 den Blick von der Trainerentlassung in die Zukunft zu wenden. Müsse versuchen, etwas Positives aus der Situation mitzunehmen. Jeder wisse nun noch mehr, worum es gehe.

Die Mannschaft hat sich in diese Situation gebracht. Jeder sollte sich hinterfragen, ob er wirklich alles gegeben hat.

05-Kapitän Danny Latza

Latza ist nicht zu beneiden in diesem Moment. Die Fragen nach einem Wunsch in Sachen neuem Trainer schlägt er aus. Was soll er dazu auch sagen, außer, dass es jetzt Rouven Schröders Sache ist, den Weg vorzugeben. Jan-Moritz Lichte habe noch einige Worte an die Mannschaft gerichtet vor der Einheit am Morgen. Und alles Weitere? „Wir werden es sehen in den nächsten Tagen.“ Er, die Journalist*innen – und alle anderen. Für den Moment bleibt nur, abzuwarten, weiterzuarbeiten, bis eine Entscheidung steht.

Trübes Wetter, undefinierte Stimmung. (Foto: WP)

Zum Training zuvor hat sich eine Handvoll 05-Anhänger*innen eingefunden. Sie diskutieren den Auftritt von Torwart Robin Zentner im SWR am Sonntag und gehen gedanklich Trainer durch, die gerade zu haben sind. Bruno Labadia, finden einige, wäre – zumindest für den Moment – genau der Richtige. Wie es langfristig weitergeht auch da: Man wird es sehen.

Die Trainingsgruppe ist, bedingt durch die Länderspielpause, klein. Die Spieler wirken anfangs, als hätten sie am Morgen ein Memo bekommen, dass sie auf eine positive Ausstrahlung achten sollen, balgen sich wie kleine Jungs. Bald schon gehen sie aber konzentriert zur Sache. Jan-Moritz Lichte spricht viel mit dem Team, eine Hand in der Hosentasche unterstreicht er mit den ruhigen Gesten der anderen seine Worte. Normalität nicht nur zu vermitteln, sondern auch in die Köpfe und Beine hineinzubekommen, danach sieht jede Bewegung des Mannes aus, der in der aktuellen Situation gerne im Hintergrund bleiben möchte.

Klare Anweisungen, ruhige Einstellung: Jan-Moritz Lichte. (Foto: WP)

Als die Spieler schließlich in Kleinteams gegeneinander antreten, vermittelt das die Normalität erstmals an diesem Vormittag tatsächlich, zumindest ein wenig. Vieles ist da wie immer: Robin Zentner, der aus dem Tor mit lauten Worten seine Kollegen animiert. Alexandru Maxim, der sich auch im Training jede vergebene Chance zu Herzen nimmt. Florian Müller, der kurze Kommando auf Englisch gibt. Natürlich spüren die auf dem Feld jene, die am Rand stehen und beobachten, zumal auch das Presseaufkommen nochmal höher ist als in normalen Trainingswochen. Aber sie müssen sich davon freimachen, wie auch von allem anderen, was da gerade noch passiert.

Die Verantwortung für die veränderte Situation anzunehmen, wie Kapitän Danny Latza es fordert, ist das klare Ziel. Ihren nun ehemaligen Coach hat die Mannschaft am Ende im Stich gelassen, auch wenn sie das reichlich offensichtlich nicht wollte – die Erkenntnis vermittelt Latzas kurzer Auftritt sehr deutlich. Nun müssen sie gemeinsam wieder Verantwortung für den Verein übernehmen und endlich zu den 100 Prozent zurückkehren, die sie zuletzt nicht erreicht haben. Nach den Worten ihres Kapitäns zu urteilen, ist die Botschaft definitiv angekommen. Beim Testspiel am Freitag gegen Darmstadt 98 kann das Team dies erstmals wieder auch auf dem Platz unter Beweis stellen.

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