Die Woche am Bruchweg (48/19)

Das Auswärtsspiel des 1. FSV Mainz 05 am Sonntagabend bei der TSG aus Hoffenheim war eines für die Geschichtsbücher. Mit 5:1 gewinnt die Mannschaft die erste Partie unter ihrem neuen Coach Achim Beierlorzer und katapultiert diesen so unter die zehn erfolgreichsten Debütanten der Bundesliga. In Sachen Auswärtserfolg im ersten Spiel belegt der Neue aktuell in dieser Statistik sogar Platz eins: Kein Coach siegte da bei der Premiere höher. Es war eine feine Geste, dass Beierlorzer nach dieser verrückten Begegnung die drei Punkte mit einem teilte, der – bei aller Freude für seinen Verein – vermutlich ins Sofakissen gebissen haben dürfte bei der Ansicht der entfesselten Mannschaft: Sandro Schwarz.

Mittwochseinheit nach dem Sonntagsspiel. (Fotos: WP)

Der neue Coache der 05er lobte den Anteil des ehemaligen am Dreier und betonte, er habe eine intakte Mannschaft übernommen und in der kurzen gemeinsamen Zeit nur Kleinigkeiten verändert. Damit dürfte er bei vielen Fans einen Nerv getroffen haben. Im Block des 05-Anhangs war ein Transparent zu lesen mit den Worten: „11 Spieler auf dem Platz, kein Einsatz, keine Entschuldigung. Und an allem soll Sandro Schuld sein?“ Torwart Robin Zentner sagte nach der Partie: „Ich wollte vorher auch jedes Spiel gewinnen. Vielleicht ist es am Ende einfach die Veränderung, die so etwas auslöst.“ Kollege Jean-Paul Boëtius bekannte, die Trennung von Schwarz tue immer noch weh – und blickte zugleich nach vorn, was bekanntlich die einzige Richtung ist: „Nun müssen wir mit dem neuen Coach alles besser machen.“

Es ist doch nicht so, als hätte Achim in Köln den Geißbock 153 Mal gestreichelt und jetzt in Mainz das Wappen geküsst.

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Wie es aussehen soll, dieses Bessermachen unter dem neuen Coach, daran arbeitet die Mannschaft am Mittwoch im öffentliche Training. Unter Flutlicht entsteht dabei der Eindruck, der Mittelfranken an sich neige zur (sprachlichen) Verniedlichung: Beierlorzer, der nach eigenen Angaben in der Vorwoche eben nur Kleinigkeiten verändert hat, lässt die Mannschaft auf kleine Tore spielen. Danach geht’s in Kleingruppen – vier Rote, vier Gelbe, vier Blaue – weiter, wobei jeweils ein 4er Team versuchen muss, dem anderen im Nieselregen den zirkulierenden Ball abzunehmen. Gelingt das, lobt der Coach: „Kleiner Ballgewinn!“ Klappt etwas nicht, ruft er: „Kleiner Fehler.“ Die Kommunikation ist auch sonst intensiv, was keine grundsätzliche Veränderung zu den letzten Wochen darstellt. Nur, dass Robin Zentner als Dirigent erkältet fehlt, dafür aber eine wichtige Stimme wieder erklingt: Niko Bungert.

Novemberrain am Bruchweg.

Neben Zentner fehlen auch Boëtius und St. Juste, die in Hoffenheim beide kleinere Schläge abbekommen haben. Und: Einige Spieler sind statt auf dem Trainigsplatz im Bruchwegstadion, dort findet am Abend eine interne Partie mit 24 Spielern aus dem Lizenzteam, der U23 und der U19 statt. Das gibt Beierlorzer die Gelegenheit, „schnellstmöglich alle Talente unter Spielbedingungen“ zu sehen.

Was er von seinem Team am Sonntag gegen Hoffenheim sehen durfte, hat dem 05-Coach gut gefallen. „Die Intensität war hervorragend“, sagt Beierlorzer, der nicht müde wird, zu betonen: Was in erster Linie zähle in der aktuellen Situation seien, die drei Punkte. Beeindruckt habe ihn die Disziplin nach der roten Karte und der Zusammenhalt. Den gelte es, auch im Heimspiel gegen die „top Mannschaft“ aus Frankfurt zu zeigen. „Die Qualität von Frankfurt ist unbestritten, aber auch die Qualität von Hoffenheim war unbestritten.“ Der Gast müsse spüren: „Da steht ein Kollektiv auf dem Platz, das unheimlich schwer zu besiegen ist.“

Das Ende einer Trainingseinheit.

Angesprochen darauf, was er selbst in Mainz vielleicht schon gespürt habe, mitgenommen, neben den rein sportlichen Erlebnissen, nennt Beierlorzer den „nimmermüden“ Einsatz der Fans bei der Partie gegen die TSG. Das folgende Heimspiel ist bekanntlich an einem Montag und die Szene hat angekündigt, in den ersten 15 Minuten und 30 Sekunden zu schweigen, um gegen die Zersplitterung der Spieltage im Fußball zu protestieren. Motto: Samstags halb vier, Fußball, Bratwurst, Bier. Dann soll das Team aber aus Leibeskräften unterstützt werden.

Auf diesen Umstand angesprochen, erklärt Beierlorzer, ein solcher Boykott sei „nichts, was dem Fußball zuträglich ist. Aber ich verstehe natürlich die Fans, die das nutzen wollen, um ihre Meinung deutlich kundzutun.“ Die Anstoßzeiten am Montag seien sportlich aufgrund der europäischen Spiele in der Europa League nachvollziehbar, aber eben nicht fanfreundlich. „Wobei ich dann wieder sage, wenn Montagsspiel, dann Mainz gegen Frankfurt. Da fällt jeder zweimal um und ist da.“

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