Bevor ich mich uffresch ist es mir lieber egal – or is it?

In der letzten Woche habe ich mit mehreren Leuten darüber gesprochen, ob nach dem bisherigen Saisonverlauf die Karten bei den Schiedsrichtern besonders locker sitzen, wenn es um Bo Svensson geht. Meinungen dazu gingen auseinander, persönlich vermute ich jenen Effekt, den manche von uns womöglich aus der Schule erinnern oder wiederum bei ihren Kindern beobachten: Wer einmal negativ aufgefallen ist, kommt aus der Schublade schwerlich wieder raus. Nicht ganz zufällig wurde das Thema dann auch bei der Pressekonferenz unter der Woche diskutiert, an der ich wegen eines parallelen Drehtermins nicht teilnehmen konnte.

Es scheint jedenfalls kaum vorstellbar, dass Svensson nicht mindestens Gelb, wenn nicht gar Gelb-Rot gesehen hätte, wäre er an der Seitenlinie am Freitagabend ähnlich ausgerastet wie Florian Kohfeldt, dessen massives Einfordern einer Roten Karte absolut unsportlich war. Die Erkenntnis ist ärgerlich, Svensson weiß aber selbst am besten, wie schwierig es für ihn sein wird, seine Rolle da wieder loszuwerden.

Ich glaube, dass ich mittlerweile bei den Schiris einen Ruf habe, das habe ich mir selbst erarbeitet.“

Chefcoach Bo Svensson zu seinen Gelben Karten

Insgesamt bin ich durchaus der Meinung, auch die Entwicklung mit den Karten für Trainer darf mal allgemeiner diskutiert werden, sprich: Was ist mittlerweile die Intention? Wenn es nicht darum geht, Respektlosigkeiten zu unterbinden und ahnden, sondern jede negative Emotion, jedes Widerwort abgestraft wird, kann man das durchaus kritisch ansprechen. Jürgen Klopp hätte mit dem derzeitigen Verfahren in seiner Bundesligazeit wohl jedes fünfte Spiel verpasst. Ist das die Idee?

Ein echter Nackenschlag in Wolfsburg

Die Partie am Freitag in Wolfsburg hallt natürlich ins Wochenende nach. Ganz überraschend kommt der Nackenschlag aus meiner Sicht nicht. Die „Auswärtswoche“ hat Mainz 05 Körner gekostet, vor allem in Sachen Selbstzutrauen. Mit einer bisher insgesamt ergebnisschwachen Auswärtsbilanz in der Saison nun drei Spiele am Stück auf unterschiedliche Arten ärgerlich und in Teilen auch etwas unglücklich zu verlieren, kann an einem Team kaum spurlos vorbeigehen, das war schon gegen Stuttgar zu sehen. Noch so eine ärgerliche Erkenntnis, keine Frage.

Eine Frage, die aus meiner Sicht aber gestellt werden muss, ist, wie ein guter Umgang damit ausschaut. Persönlich kann ich nur wiederholen, dass ich erschrocken bin darüber, wie wenig Kredit Trainer, Team und Staff offenbar in einigen Teilen des Umfeldes genießen. Es ist eine Sache, sich zu ärgern und das zu formulieren, auch Kritik ist vollkommen okay: Die sich wiederholende Behauptung, in Mainz sei es verboten, zu kritisieren wird nicht wahrer, je öfter man sie aufstellt. Aber es ist schon eine Frage des „Wie“ und eine der Grundhaltung in Sachen Erwartung.
Ein Thema, das wir auch in der Gästekurve gestreift haben:

Christian Heidel hat seinerzeit bei der PK zur Verpflichtung von Bo Svensson als Coach etwas gesagt, woran ich oft denke: In Mainz machen die Verantwortlichen Leute zu Trainern, von denen sie glauben, diese haben das Talent für die Bundesliga. Und: „Wir wollen mit Bo ein neues Projekt bei Mainz 05 starten.“ Wie gut sind bitte diese beiden Sätze? Menschen, die bei Mainz 05 arbeiten, dürfen sich entwickeln. Sie dürfen Fehler machen, auch mal in Entscheidungen danebenliegen. Man gibt ihnen den Raum, um besser zu werden. Sie dürfen lernen und wachsen.

Niederlagenserien mit Jürgen Klopp

Kann sich eigentlich niemand mehr erinnern, wie schlecht einige Saisonphasen in den Zeiten mit Jürgen Klopp waren? Und wie ist der zu dem Trainer geworden, der er heute ist? Weil Menschen ihm vertraut und an ihn geglaubt haben. Ohne wäre das so nicht möglich gewesen. Wenn ich in Interviews danach gefragt werden, wie es sein kann, dass Trainergrößen wie Klopp und Tuchel gerade aus Mainz kommen, muss ich immer genau daran denken: Weil sie sich entwickeln durften.

Es gab Zeiten, in denen auch weite Teile des Umfeldes diese Entwicklung mitgetragen haben, zu der Rückschläge dazu gehören. Gemeckert wurde immer, ist doch normal, Fußball ist emotional. Aber der Ton blieb so, dass man sich wieder in die Augen schauen konnte – und beim nächsten Spiel standen natürlich alle hinter ihrem Team. Ist das noch so? Persönlich halte ich es für keine gute Entwicklung, wenn der Verein das Gefühl hat, nach einer Niederlage – und sei sie noch so heftig – mit einer Nachricht wie dieser reagieren zu müssen.

Bo Svensson spricht über die Niederlage in Wolfsburg. (Foto: Screenshot Mainz 05)

Grundtugenden bei den Fans

Einige haben gestern bei Kigges darüber philosophiert, am Ende der Saison drohe die Relegation, während andere scheinbar genussvoll das Eintreffen ihrer negativen Prophezeiungen feierten. Ich habe das diese Woche schon mal angesprochen, aber: Wie kann es sein, dass dieser Club die Klasse hält – und Fans es teilweise nicht mal mitbekommen? Diese scheinbare Lust am Untergang, die bei einigen herrscht, ist mir einfach unbegreiflich.

Wenn die Spieler kommen und gehen, wenn Verantwortliche irgendwann weiterziehen, dann ist die Art und Weise, wie die Menschen im und um den Verein miteinander umgehen das, was Mainz 05 im Kern ausmacht. Es wird sportlich gerne von Grundtugenden gesprochen, die von dem Team in jedem Spiel erwartet werden. Stimmen die Grundtugenden derzeit bei den Anhänger*innen noch? Vielleicht ist gerade ein guter Zeitpunkt, um darüber mal nachzudenken – und sich selbst neu zu justieren im Saisonendspurt.

Die Woche am Bruchweg (22/16): Stiller Klassenerhalt

Diese Woche habe ich in der Frankfurter Rundschau in einem Artikel, in dem es vermeintlich um den Zustand von Borussia Mönchengladbach ging, die Behauptung gelesen, es sei „kein Wunder, dass sich manch einer die nicht lange zurückliegende Zeit zurückwünscht, in denen Fußballspiele in Geisterhäusern ausgetragen wurden. Keine Atmosphäre, aber auch kein testosterongetriebenes Alphatiergehabe.“ Viel mehr muss man nicht darüber wissen, wie diese Gesellschaft Fans sieht – und dass sich daran vermutlich auch nichts mehr ändern wird.

Ehrlich gesagt finde ich das ziemlich frustrierend. Egal wie viele Stunden Anhänger*innen von Vereinen in soziale Projekte beispielsweise während der Corona-Pandemie stecken, in Hilfe für Hochwasseropfer, kostenlose Bildungsarbeit rund um Diskriminierungen oder in ganz konkrete Hilfsangebote beispielsweise für Betroffene von sexualisierten Übergriffen, die sehr heterogene Gruppe wird immer wieder reduziert auf eine Handvoll Fans, die sich an Spieltagen nicht im Griff habt, die negativ auffallen oder aus der Reihe tanzen.

Danke an die Fanprojekte!

Noch dazu wird bei dieser eindimensionalen Betrachtung alles in einen Topf geworfen und vermischt: Pyrotechnik, Alkohol, Fangesänge, Gewalt, gruppendynamische Prozesse. Also Themen, die wirklich kritisch sind und über die geredet werden muss mit Punkten, die einige schlicht als persönlich störend empfinden. Unfair ist das, nervig: ein echtes Dilemma.

Spezialist für Fans, Fanbelange und Fanarbeit: Thomas Beckmann. (Foto: Felix Ostermann)

Ein Hoch auf die Fanprojekte, die sich dieser Auseinandersetzung inhaltlich Tag für Tag stellen, die so wichtige Jugend- und Sozialarbeit leisten, ein Hoch auf Menschen in Vereinen, die ihren Anhang differenzierter sehen und offen sind für Dialog, ein Hoch auf die wenigen Medienvertreter*innen, die Szenen nicht aburteilen sondern offen und kritisch begleiten. Eure Arbeit und euer Engagement ist von unfassbarem Wert. Danke, dass es euch gibt.

Live in Mainz: U23 und SCHOTTgoes05

Wie kriege ich jetzt die Kurve zu Mainz 05? Vielleicht mal mit der trockenen Feststellung, dass dieser Verein sicher keine Sehnsucht nach Geisterspielen hat: zum Glück. Wer es nicht schafft, die Profis am Freitag nach Wolfsburg zu begleiten, sei hier auf gleich zwei tolle Chancen hingewiesen, Fußball auch an diesem Wochenende live in Mainz zu sehen: Am Samstag um 14 Uhr tritt die U23 auf der Bezirkssportanlage Mombach im Stadtderby gegen TSV SCHOTT Mainz an, am Sonntag, ebenfalls um 14 Uhr, spielen die #SCHOTTgoes05-Frauen am Kunstrasenplatz in Mombach gegen den SV Dirmingen. Letzteres ist eine tolle Chance, um dem Team schon jetzt zu zeigen, dass sie im Verein herzlich willkommen sind – darüber habe ich diese Woche auch in meiner Kolumne für die Allgemeine Zeitung geschrieben.

Aufsteiger. (Foto: Mainz 05)

Apropos U23: In die oberste Ausbildungsmannschaft der Mainzer rücken zur nächsten Saison mit Leon Hoffmann, Finn Müller, Keanu Kraft, Lasse Wilhelm, Marlon Roos Trujillo und Danny Schmidt gleich sechs Spieler aus der U19 auf. Am längsten aus diesem Sextett ist Lasse Wilhelm im Verein, der 2010 in die U8 wechselte. Diese kontinuierliche Entwicklung von jungen Spielern bleibt ein wichtiger Baustein für die Arbeit des Vereins.

Die innere Erregung regulieren

Wie schwer es manchmal dennoch ist, sich bei den Profis durchzusetzen, zeigen derzeit Beispiele wie Paul Nebel oder David Nemeth, auf die Bo Svensson nach seinem großen Interview in der Allgemeinen Zeitung bei der Pressekonferenz angesprochen wurde. Der Coach hatte erklärt, einige der jungen Spieler entwickelten sich nicht ganz so, wie er das gehofft habe. Er wollte sich aber vor dem Ende der Saison nicht mehr dazu äußern, wohin bei den entsprechenden Spielern derzeitige Überlegungen gehen. Persönlich sehe ich derzeit die Gefahr, dass dieses Thema unter Druck von mehreren Seiten deutlich zu heiß gekocht wird und kann mich nur wiederholen: Allein die Einsatzminuten bei den Profis sind hier überhaupt kein Gradmesser.

Muss manchmal auch ein bisschen grinsen: Bo Svensson. (Foto: Screenshot Mainz 05)

Schwierige Phasen bei den Nachwuchsspielern sind zudem völlig normal, Burkardt und Barreiro können aus ihrer eigenen Vergangenheit ein Lied davon singen. Und selbst in einem Verein wie Mainz 05 wird es nicht jedes Talent dauerhaft im Profibereich schaffen. Es ist imho bedenklich, wenn sowohl Christian Heidel als auch Bo Svensson erneut die hohe Erwartung im Umfeld des Clubs thematisieren, wobei der eine auf mich eher amüsiert, der andere eher mahnend wirkt.

Zeit für Entwicklung

Heidel hatte schon bei seiner Rückkehr in den Club vor anderthalb Jahren viel Zeit auf dieses Thema verwendet. Eventuell muss man ja in einer Saison, in der so früh und ungefährdet der Klassenerhalt geschafft wurde (die Lizenz gibt es übrigens ohne Auflagen), nicht zwingend lauter Stressschauplätze aufmachen – aber das ist nur meine bescheidene Meinung, andere können sich da gerne auspowern.

Sportvorstand. (Foto: Ostermann)

Bo Svensson selbst hat in der PK am Donnerstag dazu Folgendes geäußert: „Wir sind immer noch Mainz in der Bundesliga. Wir kommen aus einer Phase, wo es jahrelang hier nicht besonders stabil lief, und wir sollen jetzt erwarten, dass wir in jedem Spiel 90 überlegene Minuten abliefern. Da sind die Erwartungen sehr hoch.“ Braucht übrigens, auch das wurde bei seiner Antwort klar, niemand glauben, dass er selbst nicht sehr ehrgeizig wäre. Aber wie soll sich bitte etwas entwickeln, wenn einem Team die Zeit für Entwicklung abgesprochen wird?

Ja, in den Auswärtsspielen kommen wenige Punkte rum, fast jede dieser in Sachen Ausbeute ärgerlichen Spiele hat aber sogar in sich eine Entwicklung gezeigt. Manchmal frage ich mich, was hier los wäre, wenn Mainz 05 für ein paar Jahre zurück in der 2. Liga kicken müsste. Aber darüber müssen wir zum Glück nicht nachdenken, weil der Klassenerhalt wieder mal gelungen ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass es darüber größeren Jubel gegeben hätte – und wenn wir aufhören, in Mainz den Klassenerhalt zu feiern, dann aber gute Nacht.

Jetzt aber erstmal ein gutes Spiel. In Wolfsburg. Und ein schönes Wochenende.

Die Woche am Bruchweg (22/15): Widersprüche aushalten

Ambiguitätstoleranz. So wunderschön das Wort, so wenig verbreitet die Fähigkeit. Widersprüche aushalten. Sich von Schwarz-und-Weiß trennen. Anerkennen können, das mehrere Dinge gleichzeitig wahr sein können, gut oder schlecht. Eine Eigenschaft, die in diesen Zeiten immer wichtiger wird, aber eine Bereitschaft erfordert, hinter die Fassade zu schauen, die leider nicht allen Menschen gegeben ist.

Große Worte zum Einstieg, I know. Aber bekanntlich finden gerade auch mal wieder ziemliche Verschiebungen statt auf der Welt – und irgendwie suchen wir wohl alle unsere Wege, damit umzugehen. Ist ja nicht so, als wären wir im dritten Jahr einer weltweiten Pandemie, immer noch, als Grundrauschen, unter allem anderen.

Frustrierende Punktausbeute

Und Fußball? Vereint manchmal auch scheinbar Widersprüchliches. Wie den berechtigten Frust über die geringe Punktausbeute der 05er in diesen drei Spielen binnen sechs Tagen. Das Hadern mit einer unerklärlichen Schwäche nach Standards und dem fehlenden Quäntchen Glück. Aber auch das Wissen darum, wenn Mainz 05 nach 29 Spieltagen mit 38 Punkten auf dem 10. Platz steht und mit dem Abstieg nichts mehr zu tun hat, dann sprechen wir von einer guten Saison.

Bedient nach nur einem Punkt aus drei Partien: Bo Svensson. (Foto: Screenshot Mainz 05)

Vielleicht würde der Cheftrainer selbst dem widersprechen. Weil er sich mit dem Team nicht den Klassenerhalt als Ziel gesetzt hat, sondern – so muss man seine Worte verstehen – sie im Kollektiv nach Höherem streben. Und ist das nicht ein weiterer Grund zur Freude? Ein Coach, der mit seinem Staff und der ehemals völlig blockierten Mannschaft sensationell die Klasse hält, möchte mit den Jungs in der Folgesaison mehr als das. Ich kann dem extrem viel abgewinnen.

Warum die Störgeräusche?

Die Nebengeräusche sind dennoch bereits wieder laut und eindringlich. Wohin ich in diesen Tagen gehe, als Eine, die immer auch mit Mainz 05 assoziiert wird, stellen die Menschen mir die Frage: „Woher kommt diese Unruhe im Umfeld des Clubs? Warum sind Teile der Fans scheinbar immer unzufrieden?“ Ich kann das ehrlich nicht beantworten, glaube aber, es ist einem Verein nicht zuträglich, wenn seine Anhänger*innenschaft so wahrgenommen wird.

Talente: Weiper und Schulz. (Foto: Mainz 05)

Ein gern behandeltes Thema ist die Frage danach, wie viel Zeit die NLZ-Spieler für die Erste Mannschaft aufs Feld bringen. Ich glaube ehrlicherweise, den Wert eines Nachwuchsspielers für seinen Verein nur an den Einsatzminuten im Profiteam zu messen, ist, wie einen Stürmer nur nach seinen Toren zu bewerten. Kann man machen, führt aber nicht wirklich irgendwo hin.

Die Spieler im Nachwuchsleistungszentrum wissen um ihre Aufstiegschancen. Sie werden frühzeitig mit Profiverträgen ausgestattet und spüren, dass sie in einem Club spielen, der ihnen eine Chance geben wird. Die Aufmerksamkeit Svenssons für den Nachwuchs, eine gemeinsame Linie in Taktik und Ausbildung, Training mit den Profis und Kaderzeiten lassen diese jungen Spieler nicht unberührt. All das hat einen Wert, der nicht immer sichtbar ist.

Und es gehört auch dazu, mit sich selbst ein bisschen ehrlicher zu sein. Was, wenn nun die Jugendspieler vermehrt auf dem Platz stehen und die Leistung nicht wie erhofft liefern würden? Die Vorwürfe an Svensson, er verspiele die Chance auf Europa, würden imho schnell laut. Ein bisschen mehr Ruhe würde bei diesem Thema guttun.

Hofmann ab Mai im Hauptamt

Stefan Hofmann bei den Dreharbeiten zu Wortpiratin rot-weiß. (Foto: Malino Schust)

Ruhig bleibt es auch im Vorstand des Vereins, wo Stefan Hofmann ab dem 1. Mai seine Arbeit hauptamtlich ausführen darf. Das einstimmige Votum des Aufsichtsrates kommt nicht überraschend, zuvor hatte bereits die Mitgliederversammlung ihr Okay für die derzeitige Amtsperiode gegeben. Als neue Zuständigkeitsbereiche kommen die Bereiche Organisation, Personal und Recht hinzu.

Das von den Mitgliedern und dem Aufsichtsrat gleichermaßen entgegengebrachte Vertrauen ehrt mich. Mainz 05 ist für mich bisher kein Teilzeitjob gewesen, sondern schon immer eine Herzensangelegenheit, der ich mich ganz und gar verschrieben habe.“

Stefan Hofmann, Vereinsvorsitzender

Und eine weitere Personalentscheidung hat der Club bekanntgegeben. Die seit dem Abgang von Michael Welling vakante Position als Direktor Marketing wird mit Christoph Reisenauer als Direktor Marketing und Vertrieb neu besetzt. Der Veranstaltungsmanager war zuvor 16 Jahre bei Eintracht Frankfurt tätig. Es wird spannend, zu beobachten, wie der Wechsel vom Main an den Rhein ihm gelingt.

Don’t call it „Frauenfußball“

Apropos Wechsel, erschienen ist in dieser Woche meine Videokolumne mit SCHOTT-Kapitänin Heiðrún Sigurðardóttir. Wir sprechen über die Kooperation von Mainz 05 mit den Fußballfrauen, was es ihr bedeutet, bald in Rot-Weiß aufzulaufen, warum der Begriff „Frauenfußball“ sie nervt und wie es war, als kickender Drilling aufzuwachsen. Eine ausführliche Audioversion des Interviews findet ihr hier.

Ich verabschiede mich in eine kleine und dringend notwendige Osterpause und hoffe, ihr könnt in den nächsten Tagen ebenfalls ein bisschen Zeit und Abstand gewinnen. Passt auf euch und auf einander auf.

Die Woche am Bruchweg (22/14): Zweimal die 2. Halbzeit

Drei Auswärtsspiele in sechs Tagen. Es gab schon weniger komplizierte Wochen am Bruchweg. Man fragt sich ja, warum die Verantwortlichen aus Augsburg vor dem Nachholspiel unter der Woche erneut stichelten in Sachen Verlegung (und dann auch noch so ungeschickt). Eigentlich kann niemand glauben, das 05-Lager hätte sich eine Woche wie diese gewünscht. Schwamm drüber. Das gilt nach den ersten beiden Partien für so einiges …

Besonders für gewisse Ausschnitte der Schiedsrichterleistung. Sei es, dass Gladbachs Matthias Ginter für seinen Ringkampf gegen Stefan Bell keinen Elfmeter gegen sich gepfiffen bekommt, sei es der Elfmeter gegen Robin Zentner, nachträgliche Eingeständnisse des DFB bringen verlorene Punkte leider nicht zurück.

Von Zentner umgepustet

Für mich war Ginter keine 50/50-, sondern eher eine 80/20-Entscheidung – und wieso Florian Niederlechner seinen Fall Zentner zuschreibt, bleibt das Geheimnis des Augsburgers. Vielleicht hat Zentners Stolperer die Luft so heftig in Niederlechners Richtung bewegt, dass der sich einfach nicht auf den Füßen halten konnte. (Aber bitte verschont mich mit neuerlichen Diskussionen zu Zentner. Der steht sehr zurecht im 05-Tor.)

Viel spannender wäre die Frage, was da eigentlich im Kölner Keller passiert. Die Akzeptanz für den VAR jedenfalls wird durch solche Situationen nicht steigen. Was machen die in der Situation? Pinkelpause? Frühen Feierabend? Es ehrt Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck, wenn er hinterher die Situation auf seine Kappe nimmt, er tut es aber meines Erachtens zu Unrecht. Wenn die Bilder so klar sind, muss ein Hinweis des VAR kommen, völlig egal, was Jöllenbeck glaubt, gesehen zu haben. „Matthias, das kann nicht sein, bitte schau es dir noch mal an.“ Easy.

Vom VAR verschaukelt

Easy wäre es auch, dazu überzugehen, die Kommunikation zwischen den Schiedsrichter*innen im Stadion und ihren Kolleg*innen im Keller nach den Spielen zugänglich zu machen. Das kann ja im Protokoll und bereinigt um Smalltalk-Elemente sein, von denen man die Sorge hat, sie könnten unnötige Diskussionen anstoßen. Aber der Kernaustausch zu solchen Entscheidungen sollte schlicht nicht im Verborgenen bleiben. Für Fans hat der VAR ohnehin sehr viel kaputtgemacht. Kommt dauerhaft das Gefühl hinzu, durch Entscheidungen verschaukelt zu werden, schadet das dem Fußball.

Dreharbeiten mit Heiðrún Sigurðardóttir. (Foto: Felix Ostermann)

Apropos verschaukelt, ich betone an dieser Stelle gern noch mal, der 1. FSV Mainz 05 steigt wirklich über eine Kooperation mit SCHOTT Mainz in den Fußball (f) ein. Nachrichten, in denen von einem Aprilscherz ausgegangen wird, wollen nicht abreißen. SCHOTT-Kapitänin Heiðrún Sigurðardóttir ist am Mittwoch Gästin in meiner Videokolumne für die Allgemeine Zeitung. Auf das Gespräch mit ihr könnt ihr euch wirklich freuen, es war spannend und angenehm.

Erstmal gilt es jetzt aber, die Punkte aus Köln zu entführen. Als kleines Mädchen durfte ich bei Turnieren immer nur eine Halbzeit der Spiele schauen und musste dann an Schulabenden ins Bett. Irgendwann kam ich auf die Idee, einfach direkt mit der zweiten einzusteigen, worauf meine Eltern sich schmunzelnd eingelassen haben. So ähnlich sollten Bo Svensson und sein Team das für den Samstag auch mit ihrer Mannschaft versuchen.

Die Woche am Bruchweg (22/13): Eine neue Ära

Heiðrún Sigurðardóttir. Diesen Namen sollten alle, die es mit dem 1. FSV Mainz 05 halten, sich merken. Denn die Isländerin war es, die am Freitag einer hoffentlich neuen Ära des Vereins ein Gesicht gab: Der FSV steigt mit einem Fünfjahresplan in den Fußball (f) ein.

Immer wieder hatte es dazu in den letzten Jahren Gesprächen mit dem TSV SCHOTT gegeben. Immer wieder haben diese zwischendurch geruht. Nun machen beide Clubs Nägel mit Köpfen – aus voller Überzeugung, wie 05-Sportvorstand Christian Heidel und Till Pleuger, Manager und geschäftsführender Vorstand beim TSV, den „Wunsch beider Seiten“ betonen. Vollumfänglich unterstützend steht der 05-Hauptsponsor Profine zur Seite, die mit ihrer Marke Kömmerling bereits ab der kommenden Saison auf den Trikots der Spielerinnen vertreten sein werden.

Heimat Bruchweg als Perspektive?

Sigurðardóttir selbst spricht von einem „großen Traum“, der vor allem für die jungen Spielerinnen mit Mainzer Wurzeln, aber auch das gesamte Team in Erfüllung gehe. Die Clubs haben einen Fünf-Jahres-Plan ausgearbeitet, in dessen Rahmen die 05er in der kommenden Saison die Entwicklung der Frauenteams noch unter SCHOTT-Flagge unterstützen. Ab der Saison 2023/24 laufen die Teams dann mit dem 05-Logo als Teil des Vereins auf. Wie heimlich-still-und-leise das Thema unter den Parteien vereinbart wurde, ist ein echter Heidel – und dem Sportvorstand war die Freude darüber deutlich anzumerken.

Pleuger gibt zu, die auch überregional speziell in den Jahren der Zweitklassigkeit für Furore sorgende Sparte aus dem Verein zu lösen, sei mit einem kleinen Wermutstropfen verbunden. Entscheidend bewerte man aber die Weiterentwicklung in diesem Bereich, der unter dem Dach der 05er ganz andere Möglichkeiten offen stünden.

Diese Kooperation braucht Euphorie.“

Christian Heidel, Sportvorstand Mainz 05

Das Team wird die Spiele zumindest mittelfristig weiter bei SCHOTT austragen, auch wenn Heidel spontan eine Saisoneröffnung 2023/24 in der Arena in den Bretzenheimer Feldern verspricht. Wenngleich das enorme zusätzliche Anstrengungen bedeutet, sollte das Ziel meines Erachtens sein, die Spielerinnen auf Sicht am Bruchweg zu beheimaten. Zumal, da die Verantwortlichen das Ziel 2. Liga klar formulieren – und sich auch nicht scheuen, perspektivisch die Chancen auf eine Beteiligung in der 1. Liga auszuloten. Derzeit spielt der TSV in der Regionalliga Südwest, wo sie auf Rang 6 liegen.

Die Kooperation, die laut Heidel keine Nachteile für die anderen 05-Sparten bringen soll, ist eine sehr gute Nachricht. Es war überfällig, dass Mainz in diesem Bereich Verantwortung übernimmt. Den Fußball plagen seit Jahren Nachwuchssorgen, un diese sind im Mädchen- und Frauenbereich besonders eklatant. Das ist ein Problem, das die Verantwortlichen in diesem Sport nur gemeinsam lösen können. Die Spielerinnen müssen aktiver in den Medien auftauchen, ihre Spiele müssen in besserer Qualität übertragen, Ergebnisse und Spielpläne ohne stundenlanges Wühlen auffindbar sein. Jeder Bundesligist, der ernsthaft in diesen Bereich einsteigt, ist ein Gewinn.

Spendenaktionen der Fans

Natürlich gab es noch andere Neuigkeiten rund um den Bruchweg. So kam bei der von 05-Fanvertreter*innen (Fanabteilung, Supporters Mainz) und dem Fanprojekt Mainz initiierten Spendenaktion des Vereins rund 50.000 Euro für Familien aus der Ukraine zusammen – eine Summe, die nicht nur ob des großen Einsatzes der Fans möglich wurde, sondern auch, weil 05-Partner MEWA die ursprüngliche Spendensumme verdoppelte. Mit den bewährten Hoppelboxen geht das soziale Engagement der Fans nahtlos weiter. So könnt ihr euch beteiligen.

Bei der Allgemeinen Zeitung ist in dieser Woche die 149. Folge „Wortpiratin rot-weiß“ erschienen, zu Gast war Chefcoach Bo Svensson. Als Blog-Special könnt ihr das komplette Gespräch hier auch als Audio anhören.

Das soll es für diese Woche gewesen sein. Passt auf euch und aufeinander auf. Wir lesen uns.