Die Woche am Bruchweg (22/36): Die Grätsche ausgepackt

Heute müsste die Rubrik für diesen Text eigentlich heißen „Die Wochen am Bruchweg“, also Plural, denn zuletzt ist der Beitrag durch meine Reise nach Doha nicht zustande gekommen. Also Re-Live, was bei Pressekonferenzen immer so eine Sache ist: Nachträglich sind da leider keine Fragen mehr möglich. In manchen Phasen lässt die Termindicht es aber nur so zu.

Bo Svensson bei der PK nach dem Sieg in Mönchengladbach. (Bild: Mainz 05/Screenshot)

Das Heimspiel gegen Leverkusen scheint nun schon eine kleine Ewigkeit zurückzuliegen, das Fußballgeschäft ist nun mal in schneller Drehung begriffen. Überschrift im Rückblick? Mit den eigenen Waffen geschlagen. Bo Svensson hat es in der PK ja bestätigt, dass er und sein Staff mit der in der Partie vorgetragenen Spielweise der Bayer-Elf (u. a. Umstellung auf 3er-Kette) kein bisschen gerechnet hatten.

Letztlich darf Mainz sich das als Kompliment anheften, wenn ein Gegner sich so auf sie einstellt; wobei es für Gerardo Seoane nach zuvor drei verlorenen Spielen zum Saisonstart natürlich auch ganz generell um eine bessere Absicherung ging. Und plötzlich lief es auch vorne, allerdings dank freundlicher Unterstützung der Mainzer Abwehr.

Gegen Gladbach standen Hack und Leitsch wieder in der Startelf, was ich für das richtige Signal halte. Fehler gehören im Fußball nun mal dazu, ebenso wie die Chance, sie wieder gutzumachen. In den drei ersten Spielen der Saison haben beide überdies wirklich solide Leistungen gezeigt. Darauf sollte der Fokus liegen, denn mit dem Abgang von Niakhaté wurde zuvor ein großes Loch gerissen – und Abläufe müssen neu etabliert werden. (St. Juste lasse ich an dieser Stelle mal außen vor, da er vergangenen Saison so wenig gespielt hat.)

In Mänchengladbach zeigte das Team von der ersten Minute an, dass ein Auftritt wie in der Vorwoche sich nicht wiederholen sollte. Yann Sommer im Tor der Borussia hatte gut zu tun, gefordert war gerade bei den Kontern auch die Mainzer Defensive. Sehenswert nach einer erneut unglücklichen Aktion von Leitsch war dabei die Grätsche von Dominik Kohr. Ich juchze bei Spielen selten vorm Fernseher, aber in dem Fall musste es raus.

Ein besonders schöner Moment war dann nicht nur fußballerisch das Tor von Aarón (55.) per Freistoß (nach Notbremse an Onisiwo). Niemand geht vermutlich gern damit in die Geschichte des Vereins ein, den legendären Elfmeterrekord beendet zu haben, was dem Spanier aber just in Augsburg unterlaufen war. Nach diesem Traumtor kann er die Geschichte hoffentlich abhaken; die Verantwortlichen haben das bereits getan.

Viel wird nun über die „neue Auswärtsstärke“ der 05er gesprochen. Klar ist allerdings, die Spiele in der Fremde waren letzte Saison oft besser, als die Ergebnisse es vermuten ließen, in 50/50-Situationen lief zuhause mehr für Mainz, auf gegnerischen Plätzen mehr gegen sie. Ich beobachte zumindest nicht, dass sich das Leistungsverhältnis Heim/Auswärts komplett gedreht hätte.

Sowohl zuhause als auch auswärts richtig gut drauf haben sich in den ersten beiden Spielen der Saison die #SCHOTTgoes05-Frauen gezeigt. Am ersten Spieltag feierten sie bei ihrer Heimpremiere gegen Wormatia Worms einen 6:0-Sieg, der zweite Spieltag brachte einen Auswärtserfolg, ebenfalls mit 6:0-Toren.

Bei der nächsten Heimpartie empfängt das Team am 18. September um 14 Uhr den 1. FC Riegelsberg. Wer nicht, wie ich, um diese Zeit ein Patenkind übers Taufbecken zu halten hat, sollte unbedingt zum Spiel kommen.

Mit zwei Niederlagen ist dagegen die Tischtennis-Abteilung in die Saison gestartet. Auswärts beim TTC Schwalbe Bergneustadt unterlagen die 05er am ersten Spieltag 1:3. Erwähnenswert: Der Mainzer Luka Mladenovic (Weltranglistenplatz 261) konnte den zweimaligen Olympiateilnehmer Omar Assar (Ägypten, Weltranglistenplatz 21) in drei Sätzen deutlich besiegen (11:7, 13:11, 11:8). In den folgenden drei Spielen mussten seine Teamkollegen sich aber geschlagen geben.

Im ersten Heimspiel empfingen das Team von Tomasz Kasica dann den amtierenden Meister Borussia Düsseldorf, allerdings ohne Fahnenträger Timo Boll (Oberschenkelprobleme). Die Mainzer verloren ihre Matches 0:3, Mladenovic und Carlo Rossi konnten in ihren Partien aber je einen Satz für sich entscheiden. Mladenovic gelang das sogar gegen den amtierenden Europameister im Einzel, Dang Qiu. Chancenlos werden diese Mainzer nicht sein bei ihrem Abenteuer 1. Liga.

Ihre nächste Auswärtspartie bestreitet das Team am 12. September (18.30 Uhr). Bereits am Samstag, 10. September, starten die Meenzer Dynamites um 19 Uhr zuhause gegen HC Rödertal in ihre Zweitligasaison. Dann gilt es für die 05er*innen wieder: Auf in die Halle. Ich kann das nur wiederholen: Alle Abteilungen haben Unterstützung verdient. Wer flott ist, schafft es zum Handball auch im Anschluss an eine Fahrt nach Hoffenheim.

Wir lesen uns.

Die Woche am Bruchweg (22/34): Gemischte Gefühle

Familienspieltage sind eine schöne Idee der Vereine, Zugang ins Stadion zu niedrigschwelligen Preisen zu ermöglichen – und dabei auch ein bisschen mit dem „Drumherum“ zu locken. Als der Zauberneffe noch ein kleiner Dotz war, statt eines Teenagers, der mir auf den Kopf pusten kann, hat er es geliebt, dabei stundenlang die Hüpfburg zu besetzen.

Mit Silke Bannick hat der Verein außerdem eine Medienverantwortliche, der es ganz natürlich über die Lippen geht, dass der Spieltag ein toller Anlass für Fans ist, Söhne und Töchter mit ins Stadion zu bringen. Ab und zu bewegt sich vielleicht doch ein bisschen was im Fußball.

Was sich bei Mainz 05 in doppelter Hinsicht beim Thema Getränke bemerkbar macht. Zum einen hat die Fanabteilung bereits vorm letzten Heimspiel erreicht, dass die aktuelle Preiserhöhung des Caterers Wasser außen vorlässt. Der Weg zum Trinkbrunnen, bei diesen Temperaturen auf Dauer ein Muss, ist da zwar noch weit, aber der Einsatz der Fans sehr positiv. Beim Familienspieltag nun bekommen Kinder „bis Thekengröße“ Wasser und Apfelschorle sogar umsonst. Andere Vereine haben es vorgemacht.

In der wöchentlichen Pressekonferenz waren die Leihen von Papela und Nebel eines der Themen. Über deren Chance auf eine anschließende erfolgreiche Rückkehr habe ich mir in meiner Kolumne für die Allgemeine Zeitung Gedanken gemacht (erscheint am Freitag hier). Außerdem hat Bo Svensson im Stile einer Gebetsmühle darauf hingewiesen, dass sich der Wert von Karim Onisiwo (oder jedes anderen Stürmers) nicht alleine an seinen Toren bemisst. Nun.

Etwas irritiert hat mich die Ansetzung des Trainingspiels für Sonntag gegen Wehen Wiesbaden bei kostenfreiem Eintritt zurückgelassen: Am selben Tag starten die #SCHOTTgoes05-Frauen zuhause in die neue Saison. Ehrlich gesagt halte ich es für nicht sehr wahrscheinlich, dass Fans drei Fußballspiele an zwei Tagen besuchen (SCHOTT spielt um 14 Uhr, ebenso wie die U23 der 05er). Den eigenen Abteilungen auf diese Art Konkurrenz zu machen, halte ich für etwas unglücklich.*

Zudem beginnt für die Tischtennis-Herren der 05er um 13 Uhr auswärts das Abenteuer der 1. Liga. Natürlich wird es bei den verschiedenen Abteilungen auch immer mal Überschneidungen geben. Sie aber zum Saisonstart selbst so herbeizuführen, empfinde ich als ein ungünstiges Signal.

Ein Signal dafür, sich für die Geschichte ihres Vereins zu interessieren, können Fans am Samstag mit dem Erwerb des Fanzines „Es war ein Mal …“ über die Deutsche Amateureisterschaft des FSV senden. Die Macher*innen haben da wirklich etwas Feines auf die Beine gestellt. Wäre schön, wenn dieses Engagement eine Fortsetzung findet.

Erstmal müssen sich die Stadiongänger*innen jetzt aber einen anpicheln, um überhaupt reingelassen zu werden. So hat es der Trainer gefordert.

Wir lesen uns!

*Der Hinweis auf das Heimspiel der U23 wurde nachträglich ergänzt. Danke an Christian Gomolzig.

Willi Löhr: Herzbube an der Gitarre

Wie auch an anderen Fußballstandorten, hat es rund um Mainz 05 immer wieder Fanzines gegeben – und nach einer Pause sind in den letzten Jahren famoser Weise einige nachgewachsen. Nils Friedrich hat sich ihnen in einem beeindruckenden Almanach gewidmet, in dem auch die unvergessene TORToUR verzeichnet ist.

Was von ihr definitiv bleiben wird, ist die Erinnerung an ihre Gimmicks, die sie quasi zum YPS-Heft unter den Fanzines machte. Das konnten Sticker von Spielern ebenso sein wie ein am Cover angeheftetes Tütchen mit Sand der damals vorm Abriss stehenden Gegengerade oder ein Adventskalender zum Selberbasteln. Und einmal war es ein (aufpreispflichtiges) Kartenspiel, auf dem statt der klassischen Figuren 05-Spieler abgebildet waren.

Zu ihnen gehört auch Willi Löhr. Der 1947 in Lahnstein geborene Abwehrspieler kommt 1971 vom 1. FC Nürnberg nach Mainz. Weil die Vereine sich nicht über die Höhe der Ablöse einig werden, schießt er selbst einige Tausend Mark zu, damit die Nullfünfer ihn aus dem Vertrag rauskaufen können. Obwohl seine vier Serien in Mainz von anderen Spielern leicht getoppt werden, gab es für Löhr nur eine mögliche Karte: den Herzbuben.

Der gelernte Radio- und Fernsehtechniker, der in der Endphase seiner Karriere in Mainz schon stundenweise bei den Stadtwerken in der Kommunikationstechnik arbeitet, verliebt sich nicht nur in seinen Verein, sondern auch Hals über Kopf in die Stadt und ihre Menschen – und diese Liebe wird hier bis heute innig erwidert.

Löhr ist deshalb nach den vier Jahren am Rhein so verwurzelt, dass er bleibt, als Trainer bei kleineren, umliegenden Vereinen arbeitet und später als Coach im Juniorenbereich zum Verein zurückkehrt, für den er bis heute im Scouting tätig ist. Auch, wenn er nicht ununterbrochen in offiziellen Ämtern war: Willi Löhr ist seit 50 Jahren Nullfünfer mit Herz und Seele und steht wie wenige andere für diesen Club, mit dem er so viel erlebt hat.

Wer das Haus der Löhrs betritt, biegt in der Regel links in den Wohnbereich ab. Es gibt aber auch einen anderen Weg, der geradeaus in einen ganz speziellen Raum führt. Die Wände sind hier – wie könnte es auch anders sein – rot und weiß gestrichen und geziert von Erinnerungen an die Zeit als 05-Spieler: Schwarz-Weiß-Fotografien, Geburtstagsgrüße, Wimpel, Collagen und jede Menge Bücher zur Vereinsgeschichte.

Löhr zeigt mit verschmitztem Lächeln auf bestimmte Details und erzählt Anekdoten wie Lausbubenstreiche. Dabei lacht er, es klingt wie ein Glucksen, und seine Augen leuchten bei der Erinnerung an Zeiten, „die mit heute einfach gar nicht mehr vergleichbar sind“. Zumindest ist schwer vorstellbar, dass die Spieler ihren Übungsleiter mit den Worten „Trainer, noch ein Bierchen!“ dazu bringen, die Sperrstunde im Trainingslager nach hinten zu verschieben.

Löhr hat alles miterlebt, die Südwestmeisterschaft, den freiwilligen Rückzug aus der 2. Liga, Trainerwechsel im Minutentakt. Er hat Guido Schäfer aus dem Trainingslager abhauen sehen, um sich in der Stadt eine nächtliche Theke zu suchen, war dabei, als Torjäger Gerd Klier von Trainer Uwe Klimaschefski rückwärts mit Medizinbällen im Arm über die Aschenbahn gejagt wurde und ist auf der Suche nach Talenten um die Welt gereist, aber nicht in jedes Stadion reingekommen.

Als er nach tagelanger Anreise zur Beobachtung eines Spielers einmal vor verschlossenen Toren steht, weil zum Spiel keine Zuschauer*innen zugelassen sind, rät Christian Heidel ihm per SMS, es doch mit Bestechung zu versuchen. „Das habe ich schon“, antwortet Löhr und als er davon erzählt, lacht er Tränen. Heidels entspanntes Fazit: „Dann kannst du dich nur noch besaufen.“ Gesucht wurde damals übrigens ein Innenverteidiger. Weil das im Sande verlief, kam der junge Niko Bungert zu seinem ersten Einsatz – der Rest ist Geschichte.

Wenn Fans sich heute beschweren, weil es nicht so läuft, wie sich das vorstellen, hat Willi Löhr dafür kein Verständnis. Er spricht dann vom Zusammenhalt der alten Truppe, und das hat nichts Belehrendes, sondern weckt Sehnsucht danach, diese Nähe aufleben zu lassen, weiterzutragen, wie an einem wärmenden Lagerfeuer darum zusammenzukommen.

aus: Fußballfibel / CULTURCON

Die alten Nullfünfer tun ja auch bis heute genau das, treffen sich in einem Seniorenkreis. Das klingt ein bisschen, als kämen Rentner*innen aus der Umgebung zusammen, um 05-Spiele zu schauen. Tatsächlich aber wäre die Runde mit Legendentreffen besser beschrieben, schließlich sitzen da regelmäßig etliche aus den alten Garden beieinander.

Willi Löhr und Gerhard Bopp, der ehemalige Trainer und Spieler Horst Hülß, der einstige Kapitän Norbert Liebeck und viele mehr. Weil diese Treffen – wir sprechen hier von Zeiten vor Corona – in geschlossenen Räumen stattfinden, brennt da natürlich kein Lagerfeuer, die Stimmung ist aber ganz ähnlich und dazu trägt auch eine Gitarre bei: Die hat Willi Löhr locker auf dem aufgestützten Oberschenkel liegen und spielt Evergreens nach dem Wunsch der klatschenden und johlenden Runde.

Dabei strahlt er, das kommt bei ihm aus dem tiefsten Inneren, er lacht gluckernd über die Zurufe seines Publikums und spielt jedes Lied, das ihm angetragen wird. Er ist, auch in dieser Runde, ganz klar: der Herzbube.

Die Woche am Bruchweg (22/31): Summer’s almost over

Schon lustig. Nach der letzten Saison habe ich gen Sommer geschaut und gedacht, wochenlang kaum Fußball. Das wird auch mal schön. Dann kam die Nations League, die mich zwar nicht allzu sehr interessiert, aber bei deutscher Beteiligung doch wieder vor den TV gelockt hat, raschelten erste Gerüchte über Wechsel durch den Blätterwald und begeisterte die EM in England, während hierzulande schon der DFB-Pokal ausgetragen wurde.

Und nun ist die Sommerpause so richtig vorbei, am Wochenende startet auch die 1. Liga, für Mainz 05 geht es nach Bochum. Passenderweise gab es am Mittwoch eine Medienrunde mit Maxim Leitsch, der es als ein wenig schicksalhaft beschrieb, im ersten Ligamatch für die 05er zu seinem alten Verein zu reisen. Vom legendären 6:2, das Mainz dort einst erzielte, hat der Ex-Bochumer übrigens auch schon gehört.

Ich werde die richtige Kabine finden.“

Maxim Leitsch über die Partie in Bochum

Ganz so hoch wird das Ergebnis am Samstag wohl nicht ausfallen, aber wie schnörkellos sich die 05er gegen einen komplizierten Gegner im DFB-Pokal durchsetzten, war schon ein zarter Fingerzeig, dass auch mit prominenten Abgängen nicht alles auseinanderbrechen wird bei Mainz. Nichtmal in der Abwehr.

Dort wird natürlich besonders Moussa Niakhaté fehlen und ich bin ehrlich, ein wenig hatte ich zum Ende der letzten Saison gehofft, ein Jahr werde er noch ranhängen bei 05. Übel nimmt ihm den Wechsel hier sicher niemand, schade aber, dass Nottingham in der Saisonvorbereitung bei Union Berlin spielte und nicht in Mainz. So eine Verabschiedung wäre eine feine Sache gewesen und für einen Spieler, der hier so gereift ist und sich in Verein und Verantwortung eingebracht hat, auch durchaus verdient.

Bevor ich heute den schnellen Kehraus mache noch einige Tipps. Zum einen hat Nils Friedrich mit einigen Mitstreiter*innen zum 40. Jubiläum der Amateurmeisterschaft ein wirklich tolles Heft auf die Beine gestellt, das ich netterweise vorab lesen durfte. Ihr solltet es unbedingt bestellen. Jede historische Aufarbeitung rund um den Verein sollte unterstützt werden, auf ein Museum warte ich noch.

Zweitens sind die Frauen des TSV SCHOTT Mainz, bekannterweise ab dieser Saison per Kooperation mit dem FSV verbandelt, in der Saisonvorbereitung. Infos zu Spielen sollen bald auch auf der 05-Homepage eingebunden sein, einstweilen findet ihr sie hier. In die Saison starten die Frauen am Sonntag, 20. August, zuhause gegen die Wormatia. Sie haben Unterstützung verdient.

Gleiches gilt für die Handballerinnen, denen im Herzschlagfinale der letzten Saison der Klassenerhalt in der 2. Liga gelungen ist. Infos zum Kader, Spielen und mehr findet ihr hier. Und dann wären da noch die Tischtennis-Spieler der 05er, die in dieser Saison in der 1. Liga antreten. Klar, alle Teams zu unterstützen wäre ein Vollzeitjob – zumal in Sachen Fußball die U23 ebenso wie sämtliche NLZ-Teams sehenswert aufspielen – aber eine feste Station neben der Ersten Mannschaft darf es schon sein.

Als kleinen Bonus gibt es hier heute den Text über das angesprochene 6:2 in Bochum aus 111 Gründe, Mainz 05 zu lieben. Das Buch ist in der 2. Neuauflage erhältlich. Viel Spaß.

So ganz zu verstehen ist es nicht, warum sich Peter Neururer vor dem Spiel seines VfL Bochum gar so ekelhaft auf den Gegner aus Mainz einschießt. In Bochum gibt’s in dieser Saisonphase freilich nichts zu lachen, im Spätherbst noch hatte der Verein die europäische Bühne bespielt, dann war aber zuerst Schluss mit dem Europapokal und inzwischen hat man es sogar mit dem Abstiegskampf zu tun.

In selbigem stecken selbstverständlich auch die Bundesliganeulinge aus Mainz, nur dass uns dabei die Würde nicht derart abhanden kommt wie Peter Neururer, der vor dem Spiel bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hinweist, man werde Mainz schlagen, natürlich hoch, und überhaupt so tut, als seien die Verhältnisse erst wieder hergestellt, wenn Mainz zurück ist in Liga zwei, Bochum hingegen gerettet.

Die ganze Albernheit gipfelt in einem leidlich originellen Comic im Stadionheft, der Neururer vor einer Anzeigetafel mit der Aufschrift „Bochum – Mainz 6:2“ sagen lässt: „Und alle sechs Jahre schießen wir mal sechs Tore in einem Spiel.“ Sehr viel origineller ist aus Mainzer Sicht das Spiel selbst, in dessen Verlauf tatsächlich acht Tore fallen, und auch die prophezeite Verteilung stimmt – Endstand 6:2. Nur halt nicht für Bochum, sondern für den FSV, der damit schon so gut wie sicher seinen Verbleib in der 1. Liga feiern kann.

„Es ist super, wenn der Trainer des Gegners so spricht, als würde er gegen eine F-Jugend antreten“, bedankt sich Michael Thurk im Fernsehinterview später indirekt bei Peter Neururer für dessen großzügige Aufbauhilfe. Da feiern die Mainzer noch lange in ihrem Block und sogar von den Rängen des VfL kommt Applaus für dieses Spiel. Alle paar Jahre kassiert Bochum eben auch mal sechs Tore.

Die Woche am Bruchweg (22/20): Sommerpause für alle!

Plötzlich ist die Saison vorbei, du schaust auf die Tabelle und stellst fest: Mit einem Sieg in Köln stünde der 1. FSV Mainz auf Platz sieben. Europäische Konferenzliga – oder so ähnlich. Man könnte das zum Anlass nehmen, sich zu grämen, aber ehrlich: doof wäre es schon. Nur vier Mal hat Mainz in der 1. Liga mehr Punkte gesammelt als die 46, die nun auf Platz acht hinter dem Verein in der Tabelle auftauchen. Das ist einfach eine sehr gute Leistung.

Vereinsintern sind die Punkte in der Gesamtbetrachtung sowieso eher zweitrangig. Deshalb wird Bo Svensson auch nicht müde, zu betonen: Ihn interessiert vor allem, wie die Ergebnisse in jedem Spiel zustande kommen. Im vereinseigenen Podcast hat der Coach im Gespräch mit Tim Klotz gesagt: „Wir können nicht samstags um 15.30 Uhr anfangen, ein geiles Team zu sein.“ Ich finde, das ist ein bemerkenswert aussagekräftiger Satz.

Einen guten Umgang gefunden

Viel von dem, was vordergründig rein sportlich funktioniert hat in dieser Saison, fußt darauf, wie diese Gruppe als Gesamtheit, also Spieler und Staff, beschlossen hat, miteinander im Alltag umzugehen. Und das wiederum ist eng verknüpft mit Bo Svenssons Führungsstil. Da ist ganz solide etwas gewachsen in den letzten Monaten – und die Tatsache, dass es nun einen mittleren Umbruch im Kader geben wird, nimmt davon nichts weg.

Bo Svensson prägt Staff und Team mit seinem Führungsstil. (Foto: Felix Ostermann)

Am Sonntag nach dem Unentschieden gegen Eintracht Frankfurt gab es am Bruchweg eine abschließende Medienrunde mit Christian Heidel, Martin Schmidt und Bo Svensson. Den Termin (über den ich diese Woche auch in meiner Kolumne für die AZ schreibe), habe ich mit einem außerordentlich guten Gefühl verlassen. Zu sehen, wie die Drei im gemeinsamen Verständnis für eine menschliche und sportliche Strategie des Vereins miteinander funktionieren, war schon sehr gut.

Drei im gleichen Takt

Deshalb wird nicht immer alles eitel Sonnenschein sein. Aber die Basis ist gesund, die Wurzeln greifen in sicheren Grund – und das ist so viel mehr, als etliche Vereine von sich behaupten können. Deswegen kann der Verein nun die Transferperiode auch in großer Ruhe angehen. Auch hier finde ich die Haltung durchaus bemerkenswert, zu erklären: Die Spieler sollen sich ihre Zeit nehmen für eine Entscheidung, wohin ihr Weg führen wird.

Martin Schmidt hat den Verein bereits einmal entscheidend geprägt. (Foto: Felix Ostermann)

Sinngemäß haben die drei dazu am Sonntag formuliert: Die Geilheit, die sie erwarten bei einem Neuzugang, müssen sie auch spüren, wenn es um eine Vertragsverlängerung geht. Jeder, der für 05 spielt, muss darauf brennen. Und sich natürlich gut in die Gruppe einfügen, oder wie Martin Schmidt das neulich formuliert hat: Auf dem Platz steht nicht die individuell beste Elf, da stehen die Elf, die am besten harmonieren und in dieser Kombination die beste Leistung bringen. Ich bin gespannt, wer das nächste Saison sein wird.

Ankündigungen und Sommerpause

So, wie die Bundesliga das tut, werde auch ich hier im Blog (und bald dann ganz generell) in die Sommerpause gehen. Im Juni und im Juli erscheinen die verschiedenen Rubriken unregelmäßig. Weiter geht es zunächst mit meiner Videokolumne „Wortpiratin rot-weiß“ bei der AZ, wo am 25. Mai Moussa Niakhaté, am 8. Juni Martin Schmidt und am 22. Juni die Torhüterin der #SCHOTTgoes05-Frauen, Ann-Christin Schäfer, zu Gast sein werden.

Von meinem Podcast „Flutlicht an!“ wird es im Juni sogar drei Folgen geben, nämlich am 1., 15. und 29. des Monats. Die Protagonist*innen verrate ich an dieser Stelle aber noch nicht. Beide Formate werden dann aber im Juli eine Pause einlegen, bevor es im August weitergeht.

Meine Biografie über Wolfgang Frank ist endlich erschienen. (Foto: Oliver Heil)

Erschienen ist diese Woche endlich meine Biografie über Wolfgang Frank – und meine Freude darüber ist wirklich unfassbar groß. Das Buch bedeutet mir sehr viel und ich bin gespannt auf die Reaktionen, die es dazu geben wird. Die Besprechung von Christoph Biermann in der Juni-Ausgabe der 11 Freunde hat mich jedenfalls sehr gefreut. Die Braunschweiger Zeitung hat mich hier zu dem Buch interviewt.

Frank dachte den Fußball in den 1990er-Jahren neu, und wie er das tat, das wird in diesem herausragend recherchierten Buch wunderbar nachvollziehbar. Es setzt einem Mann ein Denkmal, der hier zu Recht als Fußball-Revolutionär geführt wird.“

Christoph Biermann in 11FREUNDE

Das soll es an dieser Stelle an Rückblick, Organisatorischem und Ausblick gewesen sein. Zwei Terminhinweise noch, erstens, gemeinsam mit Oliver Heil moderiere ich vom 20. bis 22. Mai die beiden Bühnen der Stadt Mainz auf dem Rheinland-Pfalz-Tag. Kommt rum, wird gut!

Die #SCHOTTgoes05-Frauen treten am Sonntag, 22. Mai, um 12 Uhr beim SV Holzbach an. Und: Die B-Juniorinnen werden am Sonntag um 15:30 Uhr in die Bundesliga aufsteigen. Es wäre schön, wenn sie dabei eine ordentliche Kulisse hätten. Wer kann, schnappe sich also ein Kaltgetränk und einen 05-Schal und feuere die Mädels am SCHOTT-Kunstrasenplatz an, sie haben es verdient. Das Kapitel „Frauen und Fußball“ wird ab kommender Saison auch bei 05 sehr spannend.

Passt gut auf euch und aufeinander auf – und wir lesen uns!